Tesla_Cybertruck

Der Tesla-Cybertruck ist in Europa bislang nicht zugelassen, unter anderem weil seine scharfkantige Karosserie eine grosse Verletzungsgefahr für andere Verkehrsteilnehmer birgt. © cc-by-sa-4 Alexander Migl

«Dieser Verrat wird auf Europas Strassen Leben kosten»

Pascal Derungs /  Gefährliche Pick-up-Trucks aus den USA könnten in Europa bald zugelassen werden, obwohl sie Sicherheitsstandards verletzen.

Die Europäische Kommission und die Vereinigten Staaten haben Ende August 2025 überraschend eine Vereinbarung getroffen, die den transatlantischen Autohandel radikal verändern könnte. Aus der gemeinsamen Rahmenerklärung für ein geplantes Handelsabkommen gehe hervor, dass beide Seiten künftig ihre jeweiligen Standards für Fahrzeuge gegenseitig anerkennen wollten. Das berichtete die Wirtschaftsplattform finanzen.ch.

Alle US-Pkws wären auf einen Schlag in Europa zugelassen, auch wenn sie die heute gültigen Sicherheits- und Emissionsvorschriften der EU nicht erfüllen. Der Deal dabei: Die USA würden den Zoll auf europäische Pkw-Importe von bisher bis zu 27,5 Prozent auf einheitlich 15 Prozent senken.

Ein Handelsdeal auf Kosten der Verkehrssicherheit

Besonders brisant sei diese Vereinbarung im Hinblick auf Fahrzeuge wie den Tesla Cybertruck, der bisher an den strengen europäischen Sicherheitsvorschriften scheiterte. Die ultraharte Edelstahlkarosserie mit ihren scharfen Kanten verstösst gegen EU-Regeln zum Fussgängerschutz. Tesla-CEO Elon Musk habe selbst eingeräumt, dass der kantige Elektro-Pick-up in seiner aktuellen Form ausserhalb Nordamerikas nicht zulassungsfähig sei. Dies könnte sich bald ändern.

Bisher können US-Fahrzeuge nur über aufwändige Einzelzulassungen in die EU importiert werden. Diese gesonderte Typgenehmigung, manchmal verbunden mit teuren technischen Anpassungen, könnte bald entfallen. Dann wäre der Weg frei für eine ganze Reihe massiver US-Pick-ups und SUVs, die bisher vom EU-Markt ausgeschlossen waren, wie zum Beispiel die monströsen Vehikel der Marke Ram.

Das neue Abkommen würde dieses komplizierte Zulassungsverfahren überflüssig machen und könnte den Importpreis für US-Fahrzeuge um etwa 6000 Euro pro Fahrzeug senken.

Europäische Experten schlagen Alarm

Die geplante Vereinbarung stösst bei Verkehrssicherheits- und Umweltorganisationen auf heftige Kritik. Antonio Avenoso, Geschäftsführer des Europäischen Verkehrssicherheitsrats (ETSC), warnte drastisch vor den Konsequenzen: «Dieser Verrat wird auf Europas Strassen Leben kosten.» Er befürchtet eine Flut überdimensionierter, unterregulierter US-Pick-up-Trucks und SUVs, die für Fussgänger, Radfahrer und andere Pkw-Fahrer schwerwiegende Risiken bergen.

Auch die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) schlägt Alarm. Sie verweist auf konkrete EU-Sicherheitsregeln, die unterlaufen werden könnten: verpflichtende Notbremsassistenten, Gurtwarner und das EU-weite Verbot scharfer Karosseriekanten.

Erhöhte Lebensgefahr für Fussgänger und Velofahrer

Die Organisation T&E verweist auf alarmierende Statistiken aus den USA, wo die Zahl getöteter Fussgänger im Verhältnis zur Bevölkerung inzwischen dreimal so hoch ist wie in der EU und Grossbritannien – ein Anstieg, der zeitlich mit dem Pick-up-Boom zusammenfällt. T&E-Experte James Nix appellierte eindringlich an die politischen Entscheidungsträger: «Sie müssen sich fragen, ob sie wirklich 20 Jahre Fortschritt in der Verkehrssicherheit zunichte machen wollen.»

Die finale Entscheidung liegt nun bei den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament, die dem Abkommen noch zustimmen müssen.

Europa riskiert einen erpresserischen Kuhhandel

Die Einigung sei überraschend gekommen, schreibt die Redaktion von finanzen.net, da die EU-Kommission noch wenige Wochen vor der Ankündigung betont habe, ein solcher Verzicht auf eigene Pkw-Standards stehe nicht zur Debatte. Jetzt tönt es anders: Die Verhandlungsparteien bewerteten die Vereinbarung als ersten Schritt zum Abbau sogenannter nicht-tarifärer Handelshemmnisse und als «bedeutenden Durchbruch für die Automobilindustrie auf beiden Seiten des Atlantiks».


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