Corona: «Wir werden einander einmal viel verzeihen müssen»
«Wir werden einander einmal viel verzeihen müssen», räumte Spahn lange nach seinem Rücktritt ein. Überwiegend im ersten Coronajahr 2020 hatte Spahn Masken für sechs Milliarden Euro zum durchschnittlichen Preis von 4.50 Euro pro Maske gekauft. Noch mehr zahlte Spahns Gesundheitsministerium dem Schweizer Händler Emix: 100 Millionen Masken à 5.40 Euro und 32 Millionen Masken à 5.95 Euro. Insgesamt kassierte Emix von Spahn 730 Millionen Euro.
Im April 2021 warf der Kanton Glarus der Firma Emix Trading Betrug, Wucher und Gefährdung des Lebens vor und reichte Strafanzeige ein. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Marktpreis der gekauften Masken lag damals in Deutschland laut «Frankfurter Allgemeine Zeitung» bei 2.83 Euro.
Doch die Zürcher Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte hat die Inhaber der Emix, Luca Steffen und Jascha Rudolphi, im September 2025 freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft sah weder bei den Schweizer Maskendeals noch in Bezug auf die erhobenen Wuchervorwürfe einen Tatverdacht. Die Preise hätten den damaligen Marktverhältnissen entsprochen, so dass der Wuchervorwurf entfalle.
Die meisten Masken landeten in der Entsorgung

Zwei Drittel der von Spahn gekauften Masken wurden nie verwendet. «Extra3»: Spahn habe wie ein Rentner gehandelt, der eine Pizza bestellen wollte und bei der Anzahl irrtümlicherweise seine Postleitzahl eingab.
Rückblickend sprach Jens Spahn davon, dass man in dieser Zeit alles getan habe – koste es, was es wolle –, um Masken, Desinfektionsmittel und weiteres Schutzmaterial zu beschaffen. Das sei das gemeinsame Verständnis innerhalb der Bundesregierung gewesen: «Lieber Geld verlieren als Menschenleben […] Ja, es gab Warnungen. Das Problem ist nur, was wäre die Alternative gewesen?»
Dabei vergass der CDU-Minister seine Klientel nicht. Einen Grossauftrag für 1,5 Milliarden Euro vergab Spahn ohne Ausschreibung an das Logistikunternehmen Fiege. Christian Ehring in der ARD-Sendung «Extra3» formuliert es sarkastisch: «Ein Auftrag an eine Firma, die rein zufällig aus seiner Heimat kommt und rein zufällig neben seinem Wahlkreis sitzt und deren damaliger Chef und sein Sohn rein zufällig im CDU-Wirtschaftsrat von Nordrhein-Westfalen sitzen.»
Um Spahns Umgang mit Zahlen zu illustrieren, zitiert Ehring genüsslich seine damalige Erfolgsmeldung im Deutschen Fernsehen: «Wir haben jetzt jeden vierten Deutschen geimpft. Diese Woche wird es jeder Fünfte sein.»
Untersuchungsbericht mit 170 Seiten blieb lange unter Verschluss
Der beim Maskenkauf übergangene damalige SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte einen Untersuchungsbericht in Auftrag gegeben. Sonderermittlerin Margaretha Sudhof sollte den Vorwürfen der überteuerten Maskenkäufe und der Vergabe eines Grossauftrags an das Unternehmen Fiege ohne Ausschreibung nachgehen.

Der Bericht liegt seit Anfang 2025 vor. Doch die neue CDU-Gesundheitsministerin Nina Warken legte ihn, teilweise geschwärzt, lediglich dem Haushaltsausschuss des Bundestages vor.
Ehring zitierte auf «Extra3» die Begründung der Gesundheitsministerin, weshalb sie den Bericht nicht veröffentlichen will: «Die Dinge, die im Raum stehen, stellen keine Neuigkeiten dar.»
Kommentar von Christian Ehring: «CDU-Parteiprogramme stellen in der Regel auch keine Neuigkeiten dar und trotzdem werden sie veröffentlicht.»
Die Autorin des Berichts, Margaretha Sudhof (SPD), war von Spahns Nachfolger als Gesundheitsminister, Karl Lauterbach (SPD) als Aufklärungsbeauftragte eingesetzt worden.
Der ungeschwärzte Bericht
Unterdessen hat die «Bild»-Zeitung den ganzen Bericht ungeschwärzt ins Netz gestellt.
Aus dem Bericht geht unter anderem hervor, dass es sich bei den grossflächigen Schwärzungen zum Beispiel um die Maskenkäufe bei der Schweizer Firma Emix gehandelt hatte. Es war die Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler, der die Schweizer Firma an Jens Spahn vermittelte und dafür mehrere Millionen Euro Provision kassierte.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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