Trans_Adriatic_Pipelinea

Die Italiener sind am Konsortium der Trans Adriatic Pipeline (TAP) nicht beteiligt. © tap

Bundesrat und Axpo machen Strompolitik für Italien

Kurt Marti /  Statt die Energiewende in der Schweiz voranzutreiben, kümmern sich der Bund und die Axpo intensiv um die Stromversorgung Italiens.

Gestern Mittwoch haben die Länder Griechenland, Italien und Albanien einen Vertrag bezüglich der Trans Adriatic Pipeline (TAP) unterzeichnet, welche bis 2017 Erdgas von Aserbeidschan nach Italien leiten soll. Mit dabei war auch Walter Steinmann, der Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE). Bereits im November 2011 war Bundesrätin Doris Leuthard ins autoritär regierte Aserbeidschan gereist, das immer wieder wegen der Verletzung der Menschenrechte am Pranger steht. Menschenrechte hin oder her, es geht um die Interessen der Axpo, die mit 42,5 % an der 1,5 Milliarden Euro teuren Pipeline beteiligt ist. Daneben sind die norwegische Statoil (42,5 %) und die deutsche E.ON Ruhrgas (15 %) beim TAP-Konsortium dabei. Erstaunlicherweise sind die Italiener, welche von der Gas-Pipeline am meisten profitieren, am Konsortium nicht beteiligt.

Klecksen in der Schweiz, klotzen in Italien

Laut Axpo dient die Gas-Pipeline hauptsächlich «der Befeuerung der eigenen Gas-Kombikraftwerke in Italien». Während sich das Engagement der Axpo für die neuen erneuerbaren Energien in der Schweiz im Promille-Bereich bewegt, richtet sie beziehungsweise ihre Tochtergesellschaft Axpo Trading (früher EGL) in Italien mit der ganz grossen Kelle an. Hunderte von Millionen sind in den letzten 10 Jahren in die italienischen Gas-Kombikraftwerke und somit in die Stromversorgung Italiens geflossen. Die Axpo produziert mit ihren gasbefeuerten Kraftwerken in Italien rund 7 000 Gigawattstunden Strom. Das entspricht fast der Stromproduktion der drei ältesten Atomkraftwerke der Schweiz.

Leuthard sass im Verwaltungsrat

Doch das Stromgeschäft in Italien lief in den letzten Jahren nicht so geschmiert, wie vorgesehen. Die Schweizer Stromkonzerne Axpo, Alpiq und BKW haben sich im Ausland verrannt. Die Gas-Kombikraftwerke in Italien rentieren nicht. Deshalb hat die Alpiq bereits Beteiligungen an italienischen Gas-Kombikraftwerken abgestossen, während die Axpo offenbar immer noch auf die Stromversorgung der Italiener setzt. Unterstützt von der Energieministerin Doris Leuthard, welche pikanterweise von 2002 bis 2006 im Verwaltungsrat der EGL sass. Damals begann die Auslandstrategie der EGL und die ersten Pläne für eine Gas-Pipeline von Aserbeidschan nach Italien wurden geschmiedet.

Mangelnde Transparenz

Die Informationen und die Transparenz des Bundes zum TAP-Projekt sind äusserst dürftig. Im erläuternden Bericht des Bundesrates zur Energiestrategie 2050 stehen nur wenige Sätze dazu. Laut Bundesrat soll mit der Gas-Pipeline angeblich die «Gasversorgungssicherheit» der Schweiz weiter erhöht werden. Keine Rede ist in der Energiestrategie aber von den Gas-Kombikraftwerken der Axpo, welche Strom für Italien produzieren und deshalb auf Erdgas angwiesen sind. Anderer Meinung als der Bundesrat ist die Swissgas, deren Sprecher gegenüber der Basler TagesWoche erklärte: «Die Schweizer Erdgas-Wirtschaft ist für die Versorgungssicherheit im Land nicht auf Gas aus Aserbaidschan und Iran angewiesen.»

Kantone müssten die Axpo endlich zurückpfeifen

Die Axpo gehört zu 100 Prozent den Kantonen Zürich, Aargau, Schaffhausen, St.-Gallen, Glarus, Zug, Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden und Thurgau. Im Axpo-Verwaltungsrat sitzen die Vertreter der beteiligten Kantone (siehe Link unten). Sie schauten zu, wie die Axpo-Tochter EGL in den letzten zehn Jahren ins Auslandgeschäft einstieg und sich für die Stromversorgung Italiens stark machte. Und sie schauen auch jetzt zu, wenn die Axpo sich finanziell an der Gas- und Stromversorgung der Italiener beteiligt. Es ist Zeit, dass die Kantonsvertreter die Axpo darin erinnern, sich endlich um die Energiewende in der Schweiz zu kümmern, statt im Ausland weitere Millionen zu verlochen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

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