Sperberauge

Infosperber bekommt Verstärkung

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Investoren wollen mit erstklassigen JournalistInnen ein neues Info-Portal ermöglichen, das unabhängige Informationen bietet.

Das neue Informations-Portal im Internet will dem Journalismus seinen Platz in der Demokratie «als verlässlicher Wachhund» zurückgeben, erklärte Mit-Initiator Constantin Seibt in einem Interview auf «persönlich.com». Seibt hat beim Tages-Anzeiger auf Ende Jahr gekündigt.
Das neue Portal soll laut Seibt «intelligent, ohne Bullshit» informieren: «Das Kindchen muss gross genug sein, um Strahlkraft zu haben und eine Stimme in den wichtigsten Debatten zu werden. Und es muss schlank genug sein, um auf dem freien Markt überleben zu können.» [Aktueller Nachtrag vom 9.10.2016 siehe ganz unten.]

«Zeit zu handeln»

Seibt und einige KollegInnen seien zum Schluss gekommen, dass es «Zeit zu handeln» sei. Die grossen Zeitungsverlage würden den Journalismus verlassen und sich «in hohem Tempo in Internet-Handelshäuser umbauen». Die einzigen, die noch in den Kauf von Medien investierten, seien Milliardäre – mit oder ohne politische Agenda. In den USA sind das etwa Leute wie Jeff Bezos, Pierre Omidyar oder Warren Buffet. In der Schweiz sei Christoph Blocher der einzige, der im grossen Stil noch Medien kaufen wolle. Medien würden «zum Nebengeschäft oder zum Spielzeug für Oligarchen».
Das werde für die Demokratie zum Problem, denn «mit schlechten Informationen fallen schlechte Entscheidungen». Es sei Zeit, dass sich die Journalisten unabhängig machen und der Journalismus unabhängig von den Grossverlagen existieren könne. Ein Modell dafür schaffe man nur gemeinsam, oder gar nicht.
Über Investoren, die den Aufbau des neuen Informations-Portals und den Start finanzieren, wollte Seibt noch keine Auskunft geben. Auch Namen weiterer Redaktionsmitglieder sind noch nicht bekannt.
Wenn die neue Plattform wie angekündigt «auf dem freien Markt überleben» will, beabsichtigt sie wohl, sich im Unterschied zu Infosperber mit Abonnementsgebühren zu finanzieren. Online-Werbung brächte zu wenig.

Ergänzung zu Infosperber

Die seit fünfeinhalb Jahren existierende Plattform «Infosperber» wurde aus den gleichen Motiven gegründet. Die Plattform wird von freiwilligen Spenden an die gemeinnützige Stiftung SSUI finanziert. Die Zahl der Deutschschweizer Leserschaft wurde als zu gering erachtet, um eine Finanzierung mit Abonnementen und Banner-Werbung zu ermöglichen. Infosperber könnte auf dem Markt nicht überleben, wenn die Schreibenden nicht zum grösseren Teil unbezahlte Arbeit leisten würden.
Die SSUI und die Redaktion von Infosperber freuen sich über das neue Projekt und hoffen, es könne sich erfolgreich etablieren. Je stärker das Informationsangebot wird, das frei von wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeiten und Zwängen informieren und analysieren kann, umso besser. Noch mehr Bürgerinnen und Bürger werden realisieren, welche Lücken und Einseitigkeiten die Information der grossen (Unterhaltungs-)Medien aufweisen.

NACHTRAG VOM SONNTAG 9.10.2016

Die NZZ am Sonntag bestätigt das Projekt für ein neues Online-Portal. In der Kurzmeldung steht u.a. Folgendes:

«Treibende Kraft ist Christof Moser, Bundeshausredaktor bei der ‹Schweiz am Sonntag›. [Moser ist auch Mitglied der Redaktionsleitung von Infosperber] … Auf der Redaktion sollen rund zehn Journalisten arbeiten; dazu kämen freie Journalisten. Wer das Projekt finanziert, will Moser noch nicht sagen. Die Anschubfinanzierung solle sich auf viele Investoren verteilen – ‹wir bauen auf Beiträge in der Höhe von ein paar hundert Franken bis zu substanziellen Summen›. … Eine Investition überlegen sich die Zürcher Gebrüder Meili. Der Arzt Martin, der Architekt Marcel und der Psychiater Daniel Meili waren zuletzt im Frühling 2015 in den Schlagzeilen, als sie sich für die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer aussprachen. Die Brüder haben von ihrem Vater ein Vermögen geerbt und unterstützen mit der Datuma AG ‹realistische Ideen mit Zukunft›».


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3 Meinungen

  • am 9.10.2016 um 13:24 Uhr
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    Das tönt sehr gut und wird hoffentlich auch stattfinden. Dies ist um so wichtiger, als die rechte politische Mehrheit, speziell in Nationalrat, derart markant aktiv ist und dieser «Erfolg» viel vom schweizerischen Sozialwerk und damit von der humanitären Schweiz ernsthaft bedroht – z.B. diese irre Klausel, je nach Kassenstand der AHV die Altersgrenze nach oben zu verschieben. Die Schweiz ist und -mehr noch- war einmal vorbildlich. Einige dieser Vorbildlichkeiten sind am Absärbeln und am Abgesägt werden – es ist leider noch lange zu den nächsten NR-Wahlen.
    H.C. von Imhoff

  • am 10.10.2016 um 00:32 Uhr
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    Ich lese Infosperber täglich und finde es ein journalistisch sehr hochqualifiziertes Medium. Die zur Diskussion stehenden Probleme werden oft von den gedruckten Tageszeitungen gar nicht erwähnt, sodass wir von letzteren nicht breit oder nur einseitig informiert werden. Wenn das angekündigte neue Online-Portal erscheint, hoffe ich, dass es mit Infosperber, welche schon viel Vorarbeit geleistet haben, zusammenarbeitet und werde das Projekt finanziell stark unterstützen. Falls das Portal breit informiert, kann man auf Tageszeitungen verzichten und deren Abokosten auf das neue Portal (inkl. Infosperber) umleiten, was in meinem Fall allein schon mehrere Tausend Franken ausmachen würde. Ich freue mich auf das neue Portal und hoffe, dass es bald kommt! Ich sehe die journalistische Zukunft der Schweiz auf jeden Fall nicht in einer Blocherisierung, bzw, Verköppelung, Versommung etc. Da dagenzusteuern sollte uns etwas wert sein!

  • am 10.10.2016 um 18:11 Uhr
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    Guten Abend Herr Gasche

    Das klingt auf jeden Fall sehr interessant!

    Was mir nicht ganz klar geworden ist beim Durchlesen des Artikels: Wird es Verbindungen geben zwischen dem «neuen Info-Portal» und dem Infosperber?
    (Ich vermute nicht, war mir aber eben nicht ganz sicher.)

    Wie auch immer, da bin ich sehr gespannt.

    In Deutschland gibt es die News-Plattform «Krautreporter», die ich (soweit ich das einsehen kann) für sehr unabhängig halte.
    Das Experiment «Krautreporter» halte ich bisher für durchaus geklückt.

    In der Schweiz hatte – wenn ich mich recht entsinne – watson auch mal den Ansprich eine unabhängige, neue online Plattform zu sein, und ist nun Teil der AZ-Medien.

    Wie gesagt, ich bin sehr gespannt! (Seit Seibt für den Tagi schreibt, hat er so einiges nur schwer Verdauliches geschrieben für meinen» empfindlichen Magen».)
    Man kann sich übrigens registrieren um informiert zu bleiben betreffend der neuen Plattform: https://project-r.construction/ (via https://goo.gl/tBCVFS)

    Vielen Dank für die Info!

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