Blick_Rekordbusse

Was sind schon 5 Milliarden? Headline im "Blick" © Blick

Banken: Betrügen gehört heute zum Geschäftsmodell

Christian Müller /  Milliarden-Bussen – und kein Schock, sondern zum Lachen. Die Banken rechnen damit. Entscheidend sind die verbleibenden Reingewinne.

Es gehört mittlerweile zum Alltag: Banken müssen Bussen zahlen. Bussen für Betrügereien. Mal ein paar Millionen, mal ein paar hundert Millionen, mal eine Milliarde. Oder auch mehr.

Vor ein paar Tagen gab es dazu aber doch wieder einmal Schlagzeilen, denn es ging um einen Rekord – und Rekorde sind, im Sport oder wo auch immer, ja alleweil eine Schlagzeile wert. Diesmal hiess die Schlagzeile: Credit Suisse muss USA Rekordstrafe zahlen. 5,3 Milliarden US-Dollars, stand da geschrieben. Aber selbst die Schweizer Boulevard-Zeitung Blick sorgte gleich wieder für Entwarnung: «CS zahlt Rekordbusse – und es lässt alle kalt», stand da in der Headline. Und darunter sah man den CEO der CS Tidjane Thiam und den Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner, und beide lachten (siehe Bild oben).

Und was sagt die Wirtschaftszeitung?

Interessanter allerdings war ein Artikel in der NZZ. Unter der Headline «Bussen von über 200 Milliarden Franken» schreibt Hansueli Schöchli, einer der NZZ-Spezialisten für den Finanzbereich, auch Bussen in Milliardenhöhe erschreckten eben mittlerweile niemanden mehr:
«Banken und Bussen gehören offenbar zusammen wie das Licht und die Motten. Vor allem seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2007/08 scheint kaum ein Monat zu vergehen, ohne dass irgendeine grössere Bank wieder eine saftige Busse oder sonstige Zwangszahlung aufgebrummt erhält. Selbst an Milliardenbussen hat man sich mittlerweile gewöhnt. Die Neuigkeiten vom Freitag (die Rekordbusse der CS, Anm. der Red.) vermögen denn auch niemanden mehr zu schockieren.»

Die Erkenntnisse des Boulevardblatts Blick und der «seriösen» NZZ stimmen also überein. Doch warum ist niemand mehr schockiert?

Hansueli Schöchli weiss es: «Aufdatiert bis heute, dürfte die Summe der Strafzahlungen für grosse Banken seit dem Ausbruch der Finanzkrise 250 Mrd. bis 300 Mrd. $ bzw. Fr. betragen. Doch selbst diese Summe verliert etwas an Schockwirkung, wenn man sie ins Verhältnis zu den Erträgen im Finanzsektor setzt: Gemäss der Branchenwebsite deposits.org hatten dreissig der weltweit grössten Banken ausserhalb Chinas im Jahr 2014 total einen Gewinn vor Steuern von etwa 325 Mrd. $ erwirtschaftet – was Reingewinnen von ungefähr 250 Mrd. $ entsprechen mag. Damit hätte die Summe der Strafzahlungen seit 2008 vielleicht etwas mehr als einen Jahresgewinn der grossen Banken weggewischt.»

Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 sind annähernd zehn Jahre vergangen. Wenn in dieser Zeit ungefähr ein Jahresgewinn für Bussen weggefressen wurde, ist das tatsächlich nicht der Haufen. Ein Grund zum Wegschauen? Hinter Strafen und Bussen müssen doch irgendwelche Vergehen sein! Bussen und Strafen müssen eine Ursache haben!

Warum werden Banken gebüsst?

Der Frage, warum denn die Banken unaufhaltsam Bussen zahlen müssen, widmet die NZZ allerdings wenig Beachtung – nämlich einen Satz. Dieser eine Satz dazu lautet so: «Die Hauptdelikte waren Vertrieb dubioser Wertpapiere, Verstoss gegen die Regeln von Wirtschaftssanktionen, Marktmanipulationen sowie Beihilfe zu Steuerdelikten.»

«Betrug gehört nun mal zum Geschäftsmodell der Banken.» Dieser Satz, der eigentlich dazugehörte, stand da natürlich nicht. Dafür stand da ein anderer Satz: «Global orientierte Unternehmen wollen im grossen US-Markt und in dessen Finanzzentrum vertreten sein und akzeptieren deshalb die Unebenheiten des Rechtssystems und die streitbaren Behörden nüchtern als Teil der Geschäftskosten, ohne gleich ans Abwandern zu denken.»

Man merke: Die Banken, die wegen «Vertrieb dubioser Wertpapiere, Marktmanipulationen und Beihilfe zu Steuerdelikten» gebüsst werden, akzeptieren «die Unebenheiten des Rechtssystems» als «Teil der Geschäftskosten».

Die neue Realität

So einfach ist es. Nicht die Banken sind es, die betrügen, wofür sie Bussen zahlen müssen. Es sind die «streitbaren Behörden» und die «Unebenheiten des Rechtssystems», die zu Bussen führen. Und deshalb sitzt auch keiner der Bankmanager im Knast. Im Gegenteil: Sie kassieren Millionen als Gehalt und in Form von Boni für erfolgreiches Geschäften.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

Banken

Die Macht der Grossbanken

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15 Meinungen

  • am 5.01.2017 um 11:21 Uhr
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    Irgend ein deutscher politiker sagte mal in eine Kamera:
    Was ist eine million ?
    Eine million ist eine eins mit sechs nullen.
    Eine null ist nichts und über nichts disqutier ich nicht !
    Das ist das grundverständniss wenn man zulange mit riessen summen arbeitet.
    Würden sie noch lachen wen es aus der eigenen tasch käme ?
    Antword darauf kann sich jeder selber geben.
    Das sind die vorbilder unsserer stolzesten geselschaft.
    Nicht zu empehlen nachzumachen wenn man nur ein kleines würstchen ist.
    Weil dann bekommt man aber die volle härte des gesetzes zu spüren.
    Wären sie in Amerika in den knast befördert worden würde ich keine träne den Ehrenwärten Elite Managern nachtrauern.
    Vor dem Gesetz sind alle gleich, doch nur ein verschwindend kleiner teil ist gleicher.
    Und wider wird einem vor Auge geführt, Wir stehen über dem Gesetz legt euch nicht mit aus an.
    Wo sind jetzt die anleger die diesse herren vor schweizer gerichte zerren ?
    Wo ist jetzt unser staat der solche misstände duldet ?
    Wo sind jetzt die medien die sich richtig entrüste ?
    Und wo ist der Bürger ?
    Alle sitzen vor dem Fernseher und disqutieren ob Bachelor XY ( Uni idiot ) mit XY nummer 1 oder 2 oder 3 ins Bettsteigen soll.
    weil DAS IST WICHTIG ! Das sagt der Blick und Blick hat immer recht.
    Soviel Kotzen kann ich gar nicht wie tagtäglich in mich medial herein geschtopft wird, also ist es besser ich schau weg.
    Dan lesse ich die Präampel die ich mir neben den Komputer geheftet habe und treume von einer besseren welt.
    Gute Nacht

  • am 5.01.2017 um 13:09 Uhr
    Permalink

    Herr Eckart, diese glossierte Compilation stammtischangewandter Rhetorik ist brillant. Erlauben sie mir kurz auf Ihre Frage «Wo ist der Bürger?» einzugehen. Nicht alle Bürger sitzen vor dem Fernseher und sehen sich idiotische Klamaukserien an oder lesen den BLICK, sondern sie haben reelle Existenzprobleme und wissen nicht genau, ob ihre finanziellen Ressourcen ausreichen, um Ende dieses neuen Jahres nicht noch tiefer in den Sumpf abzugleiten. Und, Perversion sondergleichen, sie wählen Leute ins Parlament, die gegen sie arbeiten. Das ist seit Jahrzehnten der Fall und fast eine «helvetische Eigenart». Da nützen Ihre und meine Statements nichts.

  • am 5.01.2017 um 13:35 Uhr
    Permalink

    Die NZZ verkommt zunehmend zu einem Sprachrohr der Banken. Es ist traurig zu sehen, was aus dieser einst hochangesehenen Zeitung geworden ist.

  • am 5.01.2017 um 14:17 Uhr
    Permalink

    Das sagen sie einem elektromonteur der:
    – zu 100% arbeitunfähig ist
    – aber die IV sagt sory nur 21% also kein versicherungs schutz durch IV
    – über 50 jahre alt ist
    – die letzten 10 jahre nur noch Täporär beschäftig wurde
    – nach drei jahren ein minus auf dem konto hat
    – kein auto mehr zum arbeiten hat ( Bedingung für Temporär Elektriker zu sein )
    – meine zwei motorräder dem motorad klub geschenkt hat ( selber zwäg gemachte )
    – von der fürsorge abhänig ist in der gemeinde
    – sich auf schusters rapen fortbewegt
    – die letzten ferien unbeschwert vor etwa 18 jahren hatte
    – sich als schmarotzer fühlt und zur einsicht kam
    Ist der ruff mal ruieniert lebt sich es ganz unscheniert.
    Ich bewundere menschen die als beispiel wie herrn Gasche ein lebenlang gegen windmülen kämpfen und es wird immer wie schlimmer doch sie geben nicht auf.
    Das läst einem zumindest noch hoffen
    Denn die hofnung stirbt zuletzt
    Und mein Retorik ist halt die eines bauarbeiters.
    Ich dachte immer wen man erlich ist kommt man weiter doch leider war das falsch.
    Doch hier erlebe ich Inteligente aussagen von wissens werter Qualität.
    vorallem aber die kommentare sind erfrischend und bestätigen ich bin nicht alleine mit meinen ansichten.
    Und ganz wichtig wenn ich mich im ton vergreife Passt herr Gasche auf und haut mir auf die medialen finger Mit Recht.
    übrigen so am rande erwähnt von den Bössen motorradfahrern geht praktisch keiner wählen und nachrichten interessiert auch keiner.

  • am 5.01.2017 um 15:34 Uhr
    Permalink

    Vielen Dank, Herr Eckart, für Ihre Stellungnahme.
    Besser kann man nicht zeigen, wie weit in unserem Land die Schere zwischen den Bankmanagern / Investoren und den «gewöhnlichen Leuten» (über 50) auseinandergeht. Da sind Welten dazwischen …

  • am 5.01.2017 um 15:45 Uhr
    Permalink

    Eine kl. 5,3 Milliarden-Folge einer rechtlichen «Unebenheit». Sagenhaft. Es sollte den Strafbestand der Mittäterschaft für Medien wie die NZZ geben.

  • am 5.01.2017 um 16:01 Uhr
    Permalink

    Wer hat eigentlich den unsäglichen Euphemismus vom «Steuerstreit» erfunden? Die NZZ und andere brauchen ihn ständig. Dabei geht es ja um Unrecht, nicht Uneinigkeit. Aber die Eigenart des amerikanischen Rechtssystems, dass man offenbar über die Höhe von Bussen verhandeln kann, lädt natürlich dazu ein, die Dinge zu verniedlichen.

  • am 5.01.2017 um 16:03 Uhr
    Permalink

    Ja, heute herrschen noch schlimmere globale Zustände als vor der französischen Revolution anno 1789 mit dem Sturm der Bastille – Liberté, Egalité, Fraternité

  • am 5.01.2017 um 16:57 Uhr
    Permalink

    Der lokführer der CS sagt:
    Oh ich sehe das ende des tunnels da ist ja licht und giebt noch mehr Gas.
    Tragisch aber, es ist das licht eines entgegenkomenden Zuges.
    Als er den irtum bemerkte war es leider zu spät. Kresch………..

  • am 6.01.2017 um 12:25 Uhr
    Permalink

    Wirklich erstaunlich ist es ja nicht, dass die Banker von solchen Bussen unberührt sind: Sie betreffen ja nur die «Bank» und werden aus dem Betrieb, letztlich also von Kunden, Aktionären und im Fall des Falles Steuerzahlern getragen.

    Würde man den Betrug bekämpfen wollen, würde man nicht die «Bank», sondern die verantwortlichen Personen bestrafen.

    Dass dies nicht geschieht zeigt deutlich, dass es eben nicht um Vermeidung von Betrug geht, sondern um eine weitere Form der Umverteilung von Geld von unten nach oben: Die Löhne und Boni der Banker bleiben hoch, auch wenn sie mit einem Risiko erwirtschaftet werden, das von denen finanziell abgesichert wird, die an den kriminellen Prozessen weder beteiligt waren noch profitierten.

  • am 6.01.2017 um 13:36 Uhr
    Permalink

    Getreu dem Buchstaben aber nicht dem Sinn des Gesetzes.

  • am 7.01.2017 um 18:09 Uhr
    Permalink

    @hanspeter eckart: Mit dem letzten – fehlerfreien – Satz habe Sie sich verraten. Eine Kustfigur, fast so gekonnt wie Hedi Wyler …

  • am 7.01.2017 um 23:20 Uhr
    Permalink

    @Thierry Blanc
    ich verstehe nicht was sie mir mitteilen wollen.
    Diessen satz hab ich aus einen zeitungsbericht und buchstabengetreu auf einen notizblock gekritzelt. seither ziert er meine pinnwand hinter dem computer.
    Ich bin keine kunstfigur ich bin weder künstler noch bin ich computergenerierter Troll.
    Und schlussendlich Wer ist Hedi Wyler ???

  • am 8.01.2017 um 07:28 Uhr
    Permalink

    @eckart: In dem Falle einfach mal Korrekturprogramm einschalten …

  • am 8.01.2017 um 10:05 Uhr
    Permalink

    Danke für den Typ.
    Habe LT installiert und hätte selber darauf kommen sollen.
    Danke.

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