JeffBezos_png

Schon fast obszön: «Lerne von den Experten» - das Cover von Jeff Bezos Hörbuch. © cc

Diese acht US-Milliardäre räumen so richtig ab

Jürg Müller-Muralt /  Es ist ein beispielloser Vorgang in der modernen Finanzgeschichte: die Corona-Krisengewinnler in den USA.

In jeder Krise gibt es Gewinnerinnen und Gewinner, Verliererinnen und Verlierer – eine Binsenwahrheit. Die Unterschiede zwischen den weltweit verheerenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronakrise für Millionen von Menschen einerseits und den Gewinnen der schmalen Schicht ganz oben anderseits sind allerdings beachtlich. Das Vermögen von Amazon-Gründer und -CEO Jeff Bezos beispielsweise ist zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 15. April 2020 um rund 25 Milliarden Dollar gestiegen. Allein der Vermögenszuwachs des Amazon-Chefs ist damit grösser als das Bruttoinlandprodukt von Honduras, das 2018 bei knapp 24 Milliarden Dollar lag. Das sei «in der modernen Finanzgeschichte beispiellos», schreibt das Institute for Policy Studies, eine der fünf grossen unabhängigen Denkfabriken in Washington D.C.

Milliardärs-Bonanza

Das Institut veröffentlichte jüngst eine Studie unter dem Titel «Billionaire Bonanza 2020: Wealth Windfalls, Tumbling Taxes, and Pandemic Profiteers» (Milliardärs-Bonanza 2020: Wohlstandsgewinne, sinkende Steuern und Pandemieprofiteure). Die Studie zeigt am Beispiel der USA auf, was Umverteilung von unten nach oben in Corona-Zeiten heisst. Zeitgleich mit dem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit ist das Gesamtvermögen aller US-amerikanischen Milliardäre zwischen dem 18. März und dem 10. April 2020 um 282 Milliarden Dollar angewachsen.

Rascher Vermögenszuwachs

Bemerkenswert ist vor allem, wie rasch der Vermögenszuwachs nach einem börsenbedingten Taucher von Mitte März zustande gekommen ist. Das Vermögen der US-Milliardäre liegt nach einer kurzen Delle wegen der Corona-Pandemie jetzt schon wieder höher als 2019. Die Studie nennt die acht Milliardäre, die jeweils um mindestens eine Milliarde reicher wurden: Jeff Bezos (Amazon), MacKenzie Bezos (Amazon), Eric Yuan (Zoom), Steve Ballmer (Microsoft), John Albert Sobrato (Immobilien im Silicon Valley), Elon Musk (Tesla), Joshua Harris (Apollo Global Management) und Rocco Commisso (Mediacom).

«Dieses Mal dauerte es nur drei Wochen, bis das Vermögen der Reichen wieder in die Höhe kletterte. Nach der Finanzkrise 2008 dauerte es noch 30 Monate, bis die Milliardäre wieder so reich waren wie vor der Krise, und schnell wurde es [das Vermögen] dann noch grösser. Aber die Mittelklasse hat noch nicht einmal den Status von vor 2008 wieder erreicht und ist nun mit dieser Belastung in den Pandemie-Lockdown gegangen», schreibt die deutsche Online-Plattform Telepolis.

Amazon profitiert massiv

Kaum ein Unternehmen ist besser positioniert als Jeff Bezos’ Amazon, um von der Pandemie zu profitieren, wie CNN Business dokumentiert. Hunderttausende von Kleinunternehmen mussten schliessen, was Amazon die Möglichkeit bot, seinen Marktanteil zu erhöhen, seinen Platz in der Lieferkette zu stärken und mehr Preismacht gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu erlangen. Gleichzeitig war Amazon nicht in der Lage, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genügend vor dem Corona-Virus zu schützen: Ende März wurden gemäss Washington Post in zehn verschiedenen Amazon-Lagerhäusern Angestellte positiv auf das Virus getestet. Allerdings spendete Jeff Bezos gemäss der oben erwähnten Studie 100 Millionen Dollar oder 0,07 Prozent aus seinem Vermögen von rund 140 Milliarden Dollar an «Feeding America», ein landesweites Netz von mehr als 200 Lebensmittelbanken, die mehr als 46 Millionen Menschen in den USA über Vorratskammern, Suppenküchen, Notunterkünfte und andere kommunale Einrichtungen versorgen.

Auch Zoom-Gründer rahmt ab

Gross abgerahmt hat auch Eric Yuan, der Gründer und Chef des Softwareunternehmens Zoom. Er war einer der wenigen Milliardäre, deren Nettovermögen gleichzeitig mit dem Zusammenbruch der Märkte Ende Februar stieg, und zwar um 2,58 Milliarden Dollar, wie das Institute for Policy Studies schreibt. Möglich machte das die massive Nachfrage nach Videokonferenzen. In den ersten Monaten dieses Jahres nutzten mehr Menschen Zoom als im gesamten Jahr 2019. Die Nutzerzahl von Zoom stieg von zehn Millionen im Dezember 2019 auf 200 Millionen monatliche Nutzerinnen und Nutzer allein im März 2020.

Massive Senkung der Steuerlast seit 1980

Die Pandemie-Profite sind zwar ein aussergewöhnlicher Ausschlag nach oben, doch akzentuieren sie gemäss dem Institute for Policy Studies bloss einen langfristigen Trend. Zwischen 1990 und 2020 stieg das Vermögen der US-Milliardäre um 1130 Prozent, ein Anstieg, der mehr als 200 Mal so hoch ist wie das 5,37-prozentige Wachstum des durchschnittlichen amerikanischen Vermögens im gleichen Zeitraum. Zwischen 1980 und 2018 ist die Steuerlast der amerikanischen Milliardäre, gemessen in Prozent ihres Vermögens, um 79 Prozent gesunken. Und allein zwischen 2006 und 2018 gingen fast sieben Prozent des realen Vermögenszuwachses an die 400 wohlhabendsten Haushalte der USA.

Steuererhöhungen statt bloss freiwillige Spenden

Die Pandemie wird die Staatsschulden in den USA – und nicht nur dort – in astronomische Höhen treiben. «Substanzielle Steuererhöhungen werden unvermeidlich sein», schreibt das Institute for Policy Studies, und «unsere Superreichen müssen ihren gerechten Anteil an diesen Erhöhungen tragen». Das Institut empfiehlt zu einem frühen Zeitpunkt die Einführung einer zehnprozentigen Zusatzsteuer auf die Einkommen der obersten 0,1 Prozent der Haushalte, einschliesslich der Kapitaleinkommen. Es würde dies Haushalte mit einem Jahreseinkommen von über 2,4 Millionen Dollar und einem Vermögen von mindestens 32 Millionen Dollar treffen. Natürlich haben einige der Milliardäre während der Pandemie hohe Beträge gespendet, doch sind diese nach eigenem Gutdünken festgelegten Summen kein Ersatz für die obligatorischen Steuerverpflichtungen.

**************************************************************
Infosperber-DOSSIER:
Coronavirus: Information statt Panik
*******************


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

5 Meinungen

  • Helmut_Scheben_310
    am 5.05.2020 um 13:29 Uhr
    Permalink

    Wenn man dann noch beobachtet wie Big Pharma momentan Milliarden kassiert für die rasche Entwicklung eines Impfstoffes und wie stark die Global Alliance for Vaccines and Immunization von Bill u. Melinda Gates mit WHO und Pharma vernetzt ist….könnte man sich fragen, ob da alles mit rechten Dingen zugeht bei dieser Corona-Krise

  • am 5.05.2020 um 14:17 Uhr
    Permalink

    Dieses System der exponentiellen Vermögensumverteilung muss dringend gestoppt und umgekehrt werden, sonst «gehört» die Welt mit all ihren Bewohnern bald wenigen Menschen – ich weiss, auch wenn dieses Geld eine riesige, aufgeblähte Illusion ist, die jederzeit platzen kann und wird.

    Flüchtet aus diesem Geldsystem!

    Nie mehr dürfen Geschäftsbanken und private Zentralbanken das Monopol zur Geldschöpfung erhalten.

    Dieses System ist definitiv gescheitert.
    Coronavirus hin oder her.

  • am 5.05.2020 um 17:08 Uhr
    Permalink

    Und weiter wird das Geld von unten nach oben verteilt, und das Gesundheitswesen sowie Spitäler zu Geldmaschinen umfunktioniert. Was wir brauchen ist eine Welt, in der das Gemeinwohl zählt und nicht das Gewinnstreben Einzelner.
    Und Steuergerechtigkeit und Grundeinkommen, sowie eine Wirtschaft mit sozialen und ökologischen Standards.
    Gerechte Löhne für Care-Arbeit sowie für systemrelevante Arbeit. Eine Mikrosteuer auf elektronische Finanztransaktionen zwischen Banken u.a. , auf Spekulationen und Hedge-Fonds. Wir brauchen keine Konzerne und keine Hochfinanz, die die staatlichen Renten privatisieren wollen, die mit Immobilien spekulieren, die Umwelt- und Gewässerschutz sowie Menschenrechte nicht respektieren, und die für Kinderarbeit, Armut, Ausbeutung, Elend und Flüchtlinge verantwortlich sind. Die Liberalisierung sprich Privatisierung zeigt ihr Versagen in der jetzigen Corona-Krise.

  • am 6.05.2020 um 10:40 Uhr
    Permalink

    Unabhängig davon, wie man die Coronakrise einschätzt: Die globale Machtakkumulation seit dem Coronaausbruch hat in einer dramatischen Art und Weise zugenommen, dass man sich fragen muss, wo wir morgen leben werden.

  • am 6.05.2020 um 11:50 Uhr
    Permalink

    Ist es nicht einfach schon längst an der Zeit sich einzugestehen das man von kriminellen Regiert wird? Noch wird zensuriert und hinter vorgehaltener Hand gesprochen doch jeder mit normal gesunder Entwicklung versteht das so vieles nicnt richtig ist und folegnd ganz anders sein muss. Die heutige neoliberale Globalisierung, die einst im Prinzip von der ILO hätte ausgearbeitet und reguliert werden sollte wurde zu einem ausschliesslich neoliberalen Sumpf aus obszönen Plünderungen von allem was der Planet hergibt. Der heutigen neoliberalen Globalisierung fehlt es an allem was menschliche Fähigkeiten nebst Gier und Macht auch noch auszeichnet. Es gibt hier absolut keine sozialen humanistischen Leitplanken den die waren nie vorgesehen seit der WTO die Verantwortung der ILO vermacht wurde. Der Beginn des Neoliberalismus findet sich in der Schweiz in den 70′ des letzten Jahrhunderts in der Mont Pellerin Societe und den damaligen politischen Provrammen der SVP und FDP wieder die sich beide für einen schwachen (von Neoliberal sprach damals noch kaum jemand, die Bewegung war aber höchst aktiv und wurde bis heute zur erfolgreichsten Ideologie) Staat einsetzten. Aus liberal wurde Neoliberal und hat schliesslich alle massgeblichen politisxhen Ströungen stark beeinflusst. So stark das man selbst die Raubzüge durch Privatisierungen und folgend Verlust von demokratischer Selbstbestimmung als die beste aller Lösungen wahrnimmt.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...