NordStream2Allseas

Mit diesem Schiff wurden jeden Tag mehrere km Gas-Pipelines verlegt – solange die USA es erlaubten. © Allseas

So lassen sich Schweizer Firmen von den USA erpressen

Christian Müller /  Die «Allseas Group» mit Sitz in der Schweiz akzeptiert die Sanktionen der USA. Sind wir nur die Vasallen der US-Amerikaner?

Man hat es lesen können – zum Beispiel hier in der NZZ – oder auch hören können – zum Beispiel hier im «Echo der Zeit». Das US-Repräsentantenhaus und der US-Senat haben beide harte Sanktionen gegen all jene Firmen beschlossen, die am Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2 beteiligt sind, weil mit Nord Stream 2 direkte Gaslieferungen von Russland nach Deutschland ermöglicht werden.

Nord Stream 2 vermindert einerseits die Chance von US-Firmen, Gas aus den USA nach Europa zu liefern. Vor allem aber tun die USA alles, um eine wirtschaftliche Zusammenarbeit von Westeuropa mit Russland zu behindern oder noch besser zu verhindern. Die US-Politiker wissen nämlich sehr wohl, dass Westeuropa und Russland wirtschaftlich sehr gut zusammenpassen würden: Westeuropa hat die Industrie und die Technologien, Russland hat die Rohstoffe – Öl, Gas und auch Uran. Gemeinsam ginge alles besser, man müsste sich von den USA nicht mehr dreinreden lassen und wäre wirtschaftlich von ihnen weitestgehend unabhängig.

Trump hat unterschrieben

Am Freitagabend hat US-Präsident Donald Trump dem neuen Gesetz mit seiner Unterschrift nun definitive Gültigkeit verliehen. Praktisch gleichzeitig hat die in der Schweiz ansässige «Allseas Group», die das Spezial-Schiff für die Verlegung der Pipeline von Nord Stream 2 im Einsatz hat, per Kürzest-Communiqué verlauten lassen, dass sie die Mitarbeit an Nord Stream 2 suspendiert. Hier die Medien-Mitteilung auf der Firmenwebsite:

So einfach ist es also. Die USA sagen weltweit, wer was tun darf und wer was zu unterlassen hat. Ohne jede Rechtsgrundlage. Mit dem einzigen – aber offensichtlich massiven – Druckmittel, die betroffenen Firmen vom US-Markt auszuschliessen. Das aber genügt, auch in der neutralen Schweiz. Die Schweizer Banken haben vor ein paar Jahren innerhalb kürzester Zeit das vorher als «unverhandelbar» erklärte Bankgeheimnis über Bord geworfen, als ihnen die USA drohten, den US-Markt zu schliessen. Die gleichen Schweizer Banken wickeln neuerdings keine Geldtransfers mit Kuba ab, weil auch hier US-Sanktionen bestehen. Selbst die staatseigene PostFinance ist mit dabei und Aussenminister Ignazio Cassis erklärt, dass ihn das nichts angehe.

Im Falle der Wirtschaftssanktionen gegen die Krim hat die Schweiz in der UNO sogar selber – als neutraler Staat! – zugestimmt, was gravierend war, weil es gerademal drei Stimmen waren, die den Ausschlag für die Sanktionen gaben. Die Schweiz gibt sich nach aussen immer noch neutral, tanzt aber immer mehr nach der US-amerikanischen Geige.

Die Konzerne sind allmächtig

Die Lobbyisten der in der Schweiz ansässigen internationalen Konzerne tun alles, um die bevorstehende Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative scheitern zu lassen. Die grossen Konzerne sollen tun und lassen können, was immer sie wollen. Aber wenn die Konzerne ihrerseits den rechtswidrigen Vorgaben aus den USA gehorchen, dann scheint das hier niemanden zu stören. Wo ist der Aufschrei des Schweizer Aussenministers, der doch eine Schweizerfirma verteidigen müsste, wenn sie von den USA mit Sanktionen belegt wird, obwohl sie nach Schweizer Recht nichts falsch gemacht hat?

Es ist höchste Zeit, dass die Konsumenten ein Recht erhalten, zu wissen, welche Produkte – insbesondere bei Benzin, Diesel und Gas, aber auch Lebensmittel – von US-amerikanischen Firmen geliefert und/oder vertrieben werden, damit wir Konsumenten und Konsumentinnen diese Firmen als persönliche Massnahme boykottieren können. Im Falle des Abbruchs des Oel-Zwischenlagertanks Brent Spar von Shell zum Beispiel, der einfach in der Nordsee versenkt werden sollte, hat im Jahr 1995 ein Aufruf zum Boykott der Shell-Tankstellen sehr schnell Wirkung gezeigt und zum gewünschten Erfolg geführt.

Warum sollen grosse Konzerne wie Allseas mit formalem Sitz in Châtel-St-Denis (FR) von den niedrigen Schweizer Steuern profitieren dürfen, wenn sich diese Firmen ihrerseits nicht am Schweizer Recht orientieren, sondern nach der «America-first»-Geige in Washington tanzen?

Auch Deutschland benimmt sich als US-Vasall

Deutschland wird sich, wie etliche deutsche Zeitungen berichten, gegen die Sanktionen der USA auch nicht wehren, weil diese nur gegen einzelne Unternehmen gerichtet seien. Armes Europa, wenn selbst der wirtschaftlich mächtigste Staat sich fürchtet, den USA die Stirne zu bieten.

Hier zum Bericht in der «Zeit».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Zum Autor. Es gibt keine Interessenkollisionen.

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Sanktionspolitik der USA

US-Wirtschaftsboykotte gegen Iran, Venezuela oder Russland müssen auch die Europäer weitgehend befolgen.

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11 Meinungen

  • am 23.12.2019 um 09:35 Uhr
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    Wie die USA sanktioniere auch ich: no Coca Cola, no Starbucks, no Google, no Mc Donalds, no Hollywood, no facebook. Und es lebt sich ganz gut.
    Endlich mal klar und deutlich formuliert! Wie lange noch lassen wir uns dieses Gehae noch gefallen?

  • am 23.12.2019 um 09:36 Uhr
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    Die Neutralität der Schweiz ist eine von vielen Täuschungen aus der Politik.

    Selbst die NZZ hat vor kurzem erklärt, dass General Montgomery «nicht nur» wegen der Schweizer Luft in den Walliser Alpen war.

    Die Schweiz hat Verträge für den Angriffsfall zur Anschluss an die NATO unterschrieben.

    Was sonst noch so in diesen Verträgen stand, wäre interessant zu erfahren.

  • am 23.12.2019 um 12:15 Uhr
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    Bei geopolitischen Themen liegt Christian Müller immer genau richtig! Spätestens seit dem Literaturnobelpreis an Peter Handke fehlt noch das diffizile Jugoslawien Thema.

  • am 23.12.2019 um 16:07 Uhr
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    wenn eine Diktatur *USA* einem Schweizer Unternehmen Sanktionen auferlegt, hat der BR I.Cassis unmittelbar den US-Botschafter ins Bundeshaus zu beordnen und den USA kundzutun, dass wir die CH – Bevölkerung, sowie das Unternehmen Alseas Gruop, niemals einer Diktatur folge leisten darf. Null Reaktion von Seiten des BR, somit sind diese sieben, Damen und Herren auch Vasallen der US-Administration.
    Nun Greta und die Jungs können es ja an Freitags-Demos kippen: Boykott, Mc Donalds, Starbocks, Amazon, und und… für die nächsten 6 Monate!!! / Wir alten selbstverständlich auch an Tankstellen und wo auch immer US- Interrest dahintersteckt.
    PS. Bitte nicht vergessen, die USA mit Hilfe der Nato „North Atlantic Terror Organisation“ hat uns in Europa die ganzen Flüchtlings Probleme besorgt. Abgesehen den unzähligen Toten und dem Elend, dass die Zivilbevölkerung zu durchleiden hat. Es ist höchst Zeit den USA die dunkelrote Karte zu zeigen.
    Wir sind in Europa 500 Millionen gegen 350 Millionen In USA, Demokratische Sieger!!!! An die friedliche, Arbeit in Bern, Berlin und Brüssel. Wir dulden keine Diktatoren!!!

  • am 23.12.2019 um 18:58 Uhr
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    Gerne würde ich Ihnen, geschätzter Christian Müller, uneingeschränkt zustimmen, soweit Sie sich mit dem steuergünstigen Sitz der Verlegerfirma sowie der rechtlichen Situation in der Schweiz beschäftigen.
    Leider ist das aber nur die eine Seite dieser im höchsten Grad skandalösen Situation, um die sich vor allem die Regierung der Bundesrepublik Deutschland mit allem Nachdruck gegenüber dem US-Gesetzgeber kümmern müsste.
    Aber obwohl die BRD-Regierung es nur der Türkei gleichtun d.h. mit der Aufkündigung z.B. der Verträge über die Stationierung von US-Atombomben und durchschnittlich um die 30.000 US-Soldaten in Deutschland drohen müsste, protestiert sie lediglich verbal und «wachsweich» dagegen, an der ausreichenden Energieversorgung mit kostengünstiger Energie aus Russland gehindert zu werden.
    Selbst der schon bisher mehrfach als unverschämt aufgefallene US-Botschafter in Deutschland darf seine ergänzenden Begründungen für das US-Gesetz der Kanzlerin persönlich vortragen, anstatt von einer ihrer Sekretärin empfangen und angehört zu werden.
    Wer sich von den noch immer offenkundig als omnipotente Besatzungsmacht in der BRD agierenden USA derart untertänig behandeln lässt, hat nicht anderes verdient!

    Dass ausgerechnet der «Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses der CDSU-Fraktion», den Frau Merkel vor einigen Jahren bereits «abgesägt» hatte, der US-Entscheidung zustimmt zeigt, wie weit das Vasallentum bei Deutschen Politikern inzwischen fortgeschritten ist!

  • am 23.12.2019 um 20:10 Uhr
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    Wenn es um Geld geht, verschwindet die Neutralität, die Demokratie, die Menschenrechte und alles andere, was uns von der Tierwelt unterscheidet. Aber das ist ja nichts Neues. Vor 2000 Jahren hat das der Prediger aus Nazareth treffend formuliert: „Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird einem anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!“ Geld hat einen legitimen Wert als Tauschmittel, nicht als Machtmittel. Wenn uns Bürgern und Bürgerinnen etwas an der Demokratie liegt, dann müssen wir diesen Fehler korrigieren. Der erste Schritt dazu wäre, die Möglichkeit der Absetzung unserer Volksvertreter in die Verfassung zu verankern. Eine echte Demokratie kann sich keine Vertreter leisten, die vor Lobbys oder fremden Möchten in die Knie gehen.

  • am 23.12.2019 um 21:11 Uhr
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    Neutral die Schweiz? Ja genau…
    Dazu ein kleiner Lesetipp: Autor Urs Paul Engeler/Die Weltwoche 2005, Titel: Was sagen sie jetzt?
    Da liest man über die NSA Parabolantennen im Heidiland und der Artikel ist sehr vorsichtig verfasst.

  • am 23.12.2019 um 21:34 Uhr
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    Unglaublich, wie viel Bevormundung durch die USA wir uns einfach so gefallen lassen. Weniger Energieverschwendung und eine vermehrte Nutzung der Sonnenenergie würde uns unabhängiger machen.

  • am 25.12.2019 um 23:07 Uhr
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    Die Schweiz hat sehr lange Liste von «Sünden». LG Christoph

  • am 26.12.2019 um 16:47 Uhr
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    Deutschland benahm sich schon immer wie ein treuer Vasall der USA. Zumindest seit 75 Jahren. Und die Schweizer Neutralität ist zumeist nur leeres, hohles Geschwätz, denn Geschäft ist Geschäft.
    „Die US-Politiker wissen nämlich sehr wohl, dass Westeuropa und Russland wirtschaftlich sehr gut zusammenpassen würden: Westeuropa hat die Industrie und die Technologien, Russland hat die Rohstoffe – Öl, Gas und auch Uran. Gemeinsam ginge alles besser, man müsste sich von den USA nicht mehr dreinreden lassen und wäre wirtschaftlich von ihnen weitestgehend unabhängig.“ Das ist des Pudels Kern. Ich versteh bloss nicht, wieso der Grossteil der Leute, auch die einigermassen gebildeten Eliten, das nicht kapieren. Dabei ist es augenfällig.

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