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JUSO-Plakat: Novartis VR-Präsident Daniel Vasella als Raumpflegerin © JUSO Schweiz

Zensur: APG leistet sich „Akt der Feigheit“

Robert Ruoff /  Medienrechtler Peter Studer kritisiert die Weigerung der Allgemeinen Plakatgesellschaft, Juso-Plakate zur Gleichstellung zu hängen.

In einer Medienmitteilung beklagen sich die JungsozialistInnen der Schweiz über die allgemeine Plakatgesellschaft: «APG zensiert Gleichstellungskampagne der Juso». Vier Plakate zeigen Viktor Giacobbo, Roger Köppel, Christoph Blocher und Daniel Vasella in Frauenkleidern – bei einer «weiblichen» Tätigkeit -, mit der Frage: «Welche Karriere hätte Viktor Giacobbo (Roger Köppel, Christoph Blocher, Daniel Vasella) als Frau gemacht?»

Jusos: «APG zensiert Gleichstellungskampagne»

Die APG hatte den Aushang zunächst zugesagt, dann aber die Zusage wieder zurückgezogen. In einer Mail an die Jusos verweist sie auf ihren «Grundsatz Nr. 3.2» in den Grundsätzen der Schweizer Lauterkeitskommission für faire Werbung. Der Grundsatz bezieht sich auf den Persönlichkeitsschutz, in dem es unter anderem heisst: «Es ist unlauter, in der kommerziellen Kommunikation ohne ausdrückliche Zustimmung Name, Abbild, Aussage oder Stimme einer identifizierbaren Person zu verwenden. Als Abbild gilt jede Darstellung (auch durch Zeichnung, Karikatur, Gemälde oder Double)…».

Für Markus Ehrle, bei der APG zuständig für Marketing und Business-Development, ist das ein routinemässiger Vorgang. Der Auftrag der Jusos, so Ehrle, sei ohnehin ein eher kleines Geschäft gewesen – in der Tat wollten die Jusos nur rund 50 Plakate in Basel, Bern und Zürich aushängen. Er sei ausserdem sehr kurzfristig eingetroffen, und sobald Persönlichkeiten betroffen seien, würden die Plakat-Sujets nach den Grundsätzen der Lauterkeitskommission geprüft. Für Ehrle handelt es sich bei den Juso-Plakaten um einen «klaren Fall zum Thema Persönlichkeitsschutz».

Im übrigen weiss Die APG selbstverständlich, dass Daniel Vasella mit den Jusos noch immer einen Prozess wegen des «Abzocker»-Plakats laufen hat, und dass der Novartis-VR-Chef mit rechtlichen Schritten nicht sehr zögerlich ist.

Politische oder «kommerzielle» Kommunikation?

Nicht diskutieren wollte Ehrle die Frage, ob es sich bei den Juso-Plakaten überhaupt um «kommerzielle Kommunikation» handelt. Die Lauterkeitskommission versteht darunter «jede Massnahme von Konkurrenten oder Dritten, die eine Mehrheit von Personen systematisch in ihrer Einstellung zu bestimmten Waren, Werken, Leistungen oder Geschäftsverhältnissen zum Zweck des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes oder seiner Verhinderung beeinflussen.»

Für die Jusos hingegen handelt es sich beim Rückzieher der Allgemeinen Plakatgesellschaft APG um eine politische Entscheidung. Sie schreiben in ihrer Medienmitteilung: «Während die APG jede noch so diffamierende SVP-Kampagne gegen einzelne Volksgruppen bringt, zeigt sie Hemmungen bei vier Männern, die täglich in der Öffentlichkeit stehen.»

Medienrechtler Peter Studer: «Ein Akt der Feigheit»

Scharfe Kritik an der APG-Entscheidung übt der Medienrechtler und langjährige Präsident des Schweizer Presserats Peter Studer. Er sagt: «Es handelt sich hier klar nicht um einen Fall unter dem Oberbegriff ‹kommerzielle Kommunikation›. Die Juso-Auftraggeber wollen weder finanzielle Erträge noch einen Vermögenszuwachs erzielen. Es geht lediglich um ein ideell-politisches Anliegen: Mittels einer originellen Bildidee das Verständnis für Gleichstellungsanliegen zu fördern. Zudem wird keine der eingesetzten Persönlichkeiten in ihren Rechten verletzt, haben sich doch alle schon grundsätzlich zugunsten von Gleichstellungsanliegen geäussert.»

Und im abschliessenden Urteil ist Peter Studer glasklar: «Die weiteren Argumente der Gegner stechen nicht: Weder stimmt die Kleinheit des Auftrags noch die knappe Erledigungsfrist gegen eine Aufhängung; das wird letzten Endes auch nicht behauptet. Der Refus ist ein Akt der Feigheit: Ja kein Stirnerunzeln eines potentiellen Auftraggebers. Shame on APG!»

Jusos suchen neuen Partner

Die Jusos suchen in ihrer Pressemitteilung nun eine andere Plakatgesellschaft, die bereit ist, ihre schon gedruckten grossen Gleichstellungsplakate zu hängen. Sonst müssen die Städte Basel und Zürich möglicherweise auf das Vergnügen verzichten. In Bern werden in der nächsten Zeit Kleinplakate mit Blocher, Giacobbo, Köppel und Vasella im Frauenkleid ausgehängt.


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Eine Meinung zu

  • am 19.06.2011 um 12:49 Uhr
    Permalink

    Was würden Sie, Herr Gasche sagen, wenn Sie Ihr Konterfei mit einem nocht autorisierten Text auf einem Abstimmungsplakat für z.B. die Lega Ticinesi
    finden würden?

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