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Präsidentensohn Denis Christel Sassou Nguesso, auch «Kiki le pétrolier» genannt © cc

Dunkle Deals mit dem Präsidentensohn

Red. /  Starker Verdacht: Genfer Rohstoffhändler hilft dem Sohn des kongolesischen Präsidenten beim Veruntreuen von staatlichen Öl-Geldern.

Der Bericht der NGO «Erklärung von Bern» (EvB) ist brisant: Ein kleines Rohstoffunternehmen mit Sitz in Genf soll dem Sohn des Präsidenten der Republik Kongo als «Selbstbedienungsladen» dienen. Ein Whistleblower hat der EvB einen ganzen Stapel Papiere zugespielt, die das höchst fragwürdige Geschäftsmodell der staatseigenen Raffinerie Coraf und der Genfer Firma Philia SA aufdecken. Die Dokumente belegen, dass die Philia SA mit dem Verkauf von Öl aus dem Kongo hohe Gewinne erzielt – auf Kosten der Coraf und des kongolesischen Staates. Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass ein grosser Teil dieses Geldes via Genf in die Taschen des Präsidentensohns Denis Christel Sassou Nguesso wandert. Bis zu einem endgültigen Beweis gilt die Unschuldsvermutung.
Mit Ausnahme der «Sonntags-Zeitung» haben weder die grossen Tageszeitungen noch das Schweizer Fernsehen über die brisanten Enthüllungen berichtet.
Präsidentensohn im Visier französischer Ermittler
Denis Christel Sassou Nguesso, auch «Kiki le pétrolier» genannt, kontrolliert den gesamten nationalen Ölexport der Republik Kongo. Er ist Direktor des staatlichen Ölkonzerns SNPC und steht auch der Raffinerie Coraf vor. Vor allem aber fällt Kiki auf durch seinen verschwenderischen Lebensstil. Der schwerreiche Präsidentensohn besitzt mehrere Luxuskarrossen, kauft in den teuersten Pariser Boutiquen ein und residiert in den exklusivsten Hotels. Das ist auch der französischen Justiz nicht entgangen. Die Ermittler in der «Affäre unrechtmässig erworbene Vermögen» haben Kiki schon seit einiger Zeit im Visier. Bereits vor zehn Jahren enthüllte ein Gericht in London, wie er grosse Mengen staatlichen Rohöls zu Dumpingpreisen verkaufte und dabei fette Profite einsackte.
Grosszügiger Vertrag zwischen Freunden
Auch beim Geschäftsmodell der Philia SA und der Coraf dürfte es vor allem um eigene Profite gehen, wie die Recherche der EvB aufzeigt. Kernstück der vertraulichen Dokumente, die der EvB vorliegen, ist ein Vertrag, den Philia und Coraf im Mai 2013 abgeschlossen haben. Er trägt die Unterschrift des Präsidentensohns und Generalverwalters der Staatsraffinerie, Denis Christel Sassou Nguesso. «Kiki le pétrolier» überlässt der Philia SA die Verkaufsrechte für den gesamten kongolesischen Export von raffinierten Ölprodukten – ohne öffentliche Ausschreibung und zu äusserst vorteilhaften Konditionen. Was in diesem Zusammenhang kaum erstaunen dürfte: Gemäss Recherchen der EvB ist der einzige Aktionär der Genfer Philia SA mit dem Präsidentensohn befreundet und pflegt enge Beziehungen zum Nguesso-Clan.
Minimaler Aufwand – 300’000 Dollar Gewinn
Die zugespielten Rechnungen zeigen im Detail wie ein solcher Deal abläuft (siehe Grafik): Am 15. Oktober 2013 kaufte die Genfer Philia SA von der Staatsraffinerie Coraf im Kongo 43’981 Tonnen Schweröl und verkaufte es am selben Tag an die AOT Trading AG in Zug weiter. AOT verschiffte das Öl und lieferte es an einen Kunden in den USA. Zehn Tage später überwies das Zuger Unternehmen für die Ladung rund 29,3 Millionen Dollar auf das Konto der Philia.
Auffällig: Der Genfer Zwischenhändler bezahlte das Öl erst zwei Monate nach der Lieferung. Am 14. Dezember überwies die Philia rund 29 Millionen Dollar auf das Konto der kongolesischen Coraf. Die Philia machte folglich mit einer einzigen Schiffsladung Öl und minimalstem Aufwand rund 300’000 Dollar Gewinn. Mehr noch: Durch die späte Zahlung – im Vertrag mit Coraf ausdrücklich vorgesehen – gewährt der von Kiki geleitete Staatsbetrieb dem kleinen Genfer Rohstoffhändler indirekt Kredite in Millionenhöhe. So ist die Philia nicht auf Banken angewiesen und kann sich den Compliance-Verfahren entziehen, die Banken bei Kreditvergaben durchführen müssen.
Coraf bleibt dem Staat Öleinnahmen schuldig
Die der EvB zugespielten Dokumente belegen, dass Philia vom 1. Juni bis 31. Dezember 2013 fünf Ladungen Schweröl erhielt, hinzu kommen drei Ladungen Naphtha und eine Ladung Leichtbenzin. Für den Zwischenhändler Philia schaute dabei ein Gewinn von 2,8 Millionen Dollar heraus. Die staatliche Raffinerie Coraf hingegen ist für die kongolesische Staatskasse «ein Fass ohne Boden», wie die EvB schreibt. Drei Jahre lang habe der Staat von Coraf keinen Rappen für das Rohöl erhalten, das er der Raffinerie zur Verarbeitung zukommen liess. «Was wurde aus dem Gewinn in der Höhe von knapp 600 Millionen Dollar pro Jahr?», fragt die EvB. Da Corafs Aktivitäten komplett intransparent sind, bleibt diese Frage unbeantwortet.
Dass Rohstoffhändler mit Sitz in der Schweiz fragwürdige Geschäfte machen mit korrupten Regierungen, ist nichts Neues. Ob Nigeria, Angola oder Republik Kongo – der «Ressourcenfluch» lastet auf vielen rohstoffreichen Ländern. Gierige Eliten stopfen sich mit dem Erlös aus Bodenschätzen die Taschen voll, während die Bevölkerung bittere Not leidet. Doch solche Mauscheleien aufzudecken und die Verantwortlichen dafür zu belangen, ist schwierig. Geld und Waren fliessen über verschlungene Wege. Es gibt kaum Transparenz und die staatlichen Regulierungen sind unzureichend.
Verträge sollen den Anschein der «Legalität» wahren
Auch in diesem Fall lässt sich nicht eindeutig beweisen, dass die Philia SA im Auftrag des Präsidentensohns handelt. Doch für die EvB ist klar: «Die Deals zwischen Philia und Coraf sind exemplarisch für manipulierte Rohstoffverträge, die den Anschein von Legalität wahren.» Der Fall illustriere das Branchenproblem der Veruntreuung staatlicher Rohstoffeinkünfte durch korrupte Machteliten.
Die Leitung der Philia SA hat gegenüber der EvB die Legitimität ihres Geschäfts unterstrichen. Mittels Gerichtsverfahren hat der Genfer Rohstoffhändler versucht, der EvB die Veröffentlichung der zugespielten Dokumente zu verbieten – erfolglos. Die Justiz im Kanton Genf und im Kanton Waadt hat die Klagen abgewiesen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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Eine Meinung zu

  • am 19.03.2015 um 11:44 Uhr
    Permalink

    Es wäre noch interessant zu erfahren, ob von Schweizer Steuerzahlern hart erarbeitete Steuergelder in die Republik Kongo fliessen. Und wenn ja, wieviel?

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