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Die Supermarktkette «Iceland» will bis 2023 ohne Plastikverpackungen auskommen. © CC

Britischer Supermarkt wird plastikfrei

Daniela Gschweng /  Die Supermarktkette «Iceland» ist weltweit die erste, die ohne Plastikverpackungen auskommen will.

Was bisher nur in besonderen «Unverpackt-Läden» geht, könnte demnächst auch in Supermärkten der Fall sein: Die britische Supermarktkette «Iceland» hat Mitte Januar angekündigt, dass sie bis in fünf Jahren ohne Plastikverpackungen auskommen will. Sie wäre damit die erste plastikfreie Kette weltweit. Bis Ende 2023 will das Unternehmen die Verpackungen von mehr als 1000 Eigenmarken austauschen.

Vor allem Fertiggerichte seien denkbar schlecht verpackt, sagte Co-Geschäftsführer Nigel Broadhurst gegenüber der BBC. Die derzeit übliche schwarze Plastikschale, stelle im Hinblick auf «Giftstoffe, die in den Boden gelangen können und bezüglich Rezyklierbarkeit die schlechtest mögliche Verpackung» dar. In Zukunft soll sie durch eine Schale aus Zellstoff ersetzt werden, die in Grossbritannien produziert wird.


Schwarze Plastikschalen für Fertiggerichte sollen bei «Iceland» gegen Alternativen aus Zellstoff ausgetauscht werden.

Tiefkühlprodukte sollen in Papier- und Kartonverpackungen statt in Plastiktüten verpackt werden. Plastikstrohhalme hat «Iceland» schon aus seinen etwa 900 Filialen verbannt. An einem Ersatz für Milchkartons und Plastikflaschen arbeite man, berichtete die «Daily Mail».
Die Ankündigung der Kette folgte einer Welle öffentlicher Empörung über die Verpackungspraktiken grosser Supermarktketten, die beispielsweise geschälte Zwiebeln, Kokosnüsse oder geschnittenen Blumenkohl in Plastikverpackungen anboten.


Sorgten für Aufregung: die «nackten» Zwiebeln in einer britischen Lidl-Filiale. (Twitter)

Natürlich werde das alles etwas kosten, räumt der Geschäftsführer Richard Walker ein. «Iceland» versuche aber, die Kosten der Umstellung nicht an die Kunden weiterzugeben. Andere Marken könne man zwar nicht beeinflussen, versuche aber, Vorbild zu sein.

Nicht nur der Umwelt zuliebe

Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. 80 Prozent der Kunden, das hat eine Umfrage von «Iceland» ergeben, würden einen plastikfreien Supermarkt begrüssen. Die britische Regierung hat das Unternehmen zwar nicht gefragt, diese dürfte aber derselben Meinung sein. Seit China den grössten Teil des weltweit anfallenden Plastikmülls nicht mehr annimmt, muss sich nicht nur Grossbritannien Alternativen überlegen, um mit seinem Müll fertigzuwerden (Infosperber berichtete: «China will unsere Abfälle nicht mehr entsorgen»).


Nicht nur der Umwelt zuliebe: Die britische Regierung will die Plastikflut eindämmen.

Derzeit produzieren die acht führenden Supermarktketten Grossbritanniens etwa 800’000 Tonnen Müll im Jahr, das hat gemäss dem «Guardian» die Umweltberatungsagentur Eunomia ermittelt. Dominic Hogg, Vorstand von Eunomia, hält die Zahl für eher zu niedrig, denn genaue Angaben gibt es nicht. Die Plastikmengen, welche die Supermärkte jedes Jahr auf den Markt bringen, müssen sie zwar an die EU melden, die Zahlen werden jedoch als Geschäftsgeheimnis behandelt.

Wenn Grossbritannien, wie von Theresa May kürzlich angekündigt, ein Pfandsystem einführt, wie Deutschland es hat, oder eine Plastiksteuer, würde das für die Supermärkte nicht ganz billig.

Den Müll zahlt grösstenteils der Verbraucher

Auch eine neue Verteilung der Kosten ist möglich. Derzeit kommen britische Supermärkte mit ihrem Müll vergleichsweise günstig weg. Umgerechnet 24 Franken pro Tonne bezahlen sie für das Recycling. In anderen europäischen Ländern werden pro Tonne bis zu 176 Franken fällig.

«Im aktuellen System [in Grossbritannien] bezahlen die Unternehmen nur zehn Prozent der Entsorgungskosten für den Verpackungsmüll. Den Rest trägt der Steuerzahler», sagt Louise Edge, eine erfahrene Greenpeace-Aktivistin mit Schwerpunkt Weltmeere.

Möglich wäre zum Beispiel ein Bonus-Malus-System wie in Frankreich. Supermärkte, die schwer recyclebaren Müll produzieren, müssen dort für die Entsorgung mehr bezahlen. Ein anderes Modell ist die komplette Verlagerung der Kosten zur Verpackungsindustrie, wie es in Deutschland der Fall ist.
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Siehe auch

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Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichts der BBC und anderer Quellen erstellt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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2 Meinungen

  • am 20.02.2018 um 13:42 Uhr
    Permalink

    Wow! Hoffentlich breitet sich dies aus und wird sich auch in der Schweiz etablieren.

  • am 4.05.2018 um 11:08 Uhr
    Permalink

    Es wäre schön, wenn die Produzenten allgemein darauf schauen würden, was ohne oder mit weniger Verpackung daherkommen könnte. Ich bin gespannt, wie sich das Modell in England mausert.

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