Kommentar

Sprachlust: Lesen Sie diese Premium Kolumne!

Daniel Goldstein © Grietje Mesman

Daniel Goldstein /  Je englischer, desto besser – so tickt die Werbebranche. In normalem Deutsch sind manche Wörter brauchbar, Konstruktionen nicht.

Sie gehorchen dem Titel? Schon sind Sie hereingefallen! Denn er enthält zwei eindeutige Warnungen vor kommerzieller Anmache. Da ist einmal «premium»: Zwar zeigt nicht jedes englische Wort schon, dass sich jemand interessant machen und damit Wasser auf seine Mühle lenken will, aber bei «premium» kann man ziemlich sicher sein. Das Wort bedeutet zunächst «Prämie», die man für eine Versicherung zahlt oder für eine besondere Leistung bekommt. Bereits im lateinischen «praemium» (Vorrecht, Preis, Belohnung u. a. m.) steckt «kaufen» (emere). Zudem ist im Englischen ein Aufpreis gemeint oder die spezielle Qualität eines Guts, die diesen Zuschlag rechtfertigen soll.
In letzterem Sinn steht «premium» schon seit 1991 im Rechtschreibduden, und der will es deutsch ausgesprochen haben, mit langem e; auch «Premiummarke» ist dazugekommen. So eine hat, unter diesem oder einem anderen Namen, jede Handelskette, die auf sich hält. Es kommt noch besser. In einer Broschüre über Augst schrieb der basellandschaftliche Bildungsdirektor 2007: «Das Römische Theater ist eine Premium Historic Site». Gibt es vielleicht eine Organisation, die unter diesem Namen erlesene Ausgrabungsstätten vereint? Das könnte eine Entschuldigung sein, aber ich habe im Internet nichts dergleichen gefunden. Hingegen ist ein Premiumwanderweg einer, dem das Deutsche Wanderinstitut sein Siegel verliehen hat; in der Schweiz hat es der Gommer Höhenweg erhalten.
Wo ist der Panhard-Händler?
Und welches Indiz macht die «Premium Kolumne», ganz ohne Siegel, sonst noch verdächtig? Wer diese Kolumne schon länger liest, weiss es: der fehlende Bindestrich, oder sprachdogmatisch gesagt das Fehlen des Bindestrichs (weil etwas, das fehlt, ja auch nichts tun kann). Nachdem die Werbeberater ihrer Kundschaft mit grossem Erfolg eingebläut haben, den Firmennamen nicht mit einem anderen Wort zu verbinden, fiele es geradezu auf, wenn sich etwa ein Autoimporteur als «Panhard-Vertreter» anpriese – mit Bindestrich so altertümlich wie die längst verflossene Marke.
Ob das Weglassen des Strichleins der Alleinstellung des Firmennamens dient oder eine Anlehnung ans Englische ist («Chrysler dealer»), braucht uns nicht zu kümmern: Es kann ja beides zugleich sein. Weil es so bequem ist, Wörter unverbunden aneinanderzureihen, macht die Manie nicht an der Ladentür halt: Im «Cogros Supermarkt» gibt’s eine «Berliner Aktion», was nicht etwa ein Verkauf nach Berliner Art ist (mit geschliffenem Mundwerk etwa), sondern ein Gebäckangebot – pardon: Gebäck Angebot.
Was zusammengehört …
Warum aber soll man solche Wortverbindungen überhaupt zusammenschreiben und damit zuweilen jene Wortungetüme schaffen, für die das Deutsche berüchtigt ist? Es liest sich ja bequemer in Einzelwörtern, und wenn sie zusammengehören, merkt man das (fast) immer, nicht einmal Bindestriche sind dazu nötig. Im Englischen ist es auch nicht so, dass das blosse Aneinanderreihen ständig Zusammenhänge verwischt: Bei «bankrupt Chrysler truck dealer» ist sofort erkennbar, dass der Händler bankrott ist, nicht etwa die Marke oder der Lastwagen.
Man könnte nun sagen, auch im Deutschen lägen eigentlich Anreihungen vor und das Zusammenschreiben sei eine willkürliche Vorschrift. Aber weitere Eigenschaften unserer Sprache zeigen, dass da eben tatsächlich neue Wörter gebildet werden. Da ist einmal der Artikel: «die Laden Kette» tönt nicht nur blöd, sondern sie ist es auch. Und sie wird es erst recht, wenn man sie dekliniert: «der Bankrott der Laden Kette». Nur das Zusammenschreiben von «Ladenkette» bewirkt, dass der Artikel sofort richtig zugeordnet und der Genitiv erkennbar wird. Bei Infinitiven wirkt die Verbindung ebenfalls Wunder: Wer das Autofahren beherrscht und einen Panhard hat, darf das Auto fahren. Wer aber «das Auto Fahren lernen» oder «das Auto fahren verdammen» will, beherrscht das Deutsche nicht.
— Zum Infosperber-Dossier «Sprachlust»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor ist Redaktor der Zeitschrift «Sprachspiegel» und schreibt für die Zeitung «Der Bund» die Kolumne «Sprachlupe», die auch auf Infosperber zu lesen ist. Er betreibt die Website Sprachlust.ch.

Zum Infosperber-Dossier:

Portrait_Daniel_Goldstein_2016

Sprachlupe: Alle Beiträge

Daniel Goldstein zeigt, wie Worte provozieren, irreführen, verharmlosen – oder unbedacht verwendet werden.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

7 Meinungen

  • am 5.03.2016 um 00:43 Uhr
    Permalink

    Danke für eine weitere interessante Kolumne, die Gegenüberstellung verschiedener Erscheinungen in unterschiedlichen Sprachen. Am Ende des Tages, was im Englischen für ‹im Endeffekt› steht, zeigt sich deren jeweilige Sinnhaftigkeit und die Folge, nicht alles übertragen zu können.
    Bisweilen übertreibt es nach meinem Empfinden die deutsche Sprache auch mit orthographischer Anpassung. Einige Beispiele habe ich so launisch wie hoffentlich launig hier notiert: http://frank-hurlemann.blogspot.de/2016/02/der-sprach-salon-frisore-tunfisch.html#more

  • am 6.03.2016 um 14:23 Uhr
    Permalink

    Das Deutsche zu beherrschen wird einem ja auch nicht einfach gemacht. Was gehört getrennt, was zusammen. Es gibt da eine seltsame Unterscheidung beispielsweise bei den beiden Adjektiven ‹hoch begabt (auch hochbegabt)› und ‹hochberühmt› (nur hochberühmt). Es war mir bisher nicht möglich, eine sinnvolle Erklärung für die Unterscheidung von ‹hoch› in den beiden Ausdrücken zu finden. Beide ergeben mir ’sehr›, sind also intensivierend für sehr berühmt, sehr begabt. ‹Hochbegabt› müsste noch steigerbar sein; aber ist es nicht schon die Steigerung von ‹begabt›? Dasselbe gilt auch für ‹hochbetagt›. Und wenn es ‹höher begabt› wäre, was machte dieser Umstand ‹höher betagt› unmöglich?

  • am 6.03.2016 um 16:56 Uhr
    Permalink

    Der Begriff ‹hochberühmt› ist ganz neu für mich, einen Grund für eine Differenzierung zu ‹hochbegabt› oder ‹hoch begabt› sehe ich auf die Schnelle nicht. Bei letzterem hängt die Scheibweise von der erwünschten Bedeutung ab – was eine unterschiedliche Betonung bereits andeutet. Hoch begabt/hochbegabt, höher begabt, höchst begabt, höchstbegabt etc. Dieser Beitrag ist interessant: http://canoo.net/blog/2016/02/08/hoechstbezahlt-und-hoechst-interessant/

  • am 7.03.2016 um 15:05 Uhr
    Permalink

    Danke für Ihre Bemerkung, Herr Hurlemann. Die Seite von Herrn Bopp bringt den Unterschied näher. Nun ist es aber doch so, dass in der Rechtschreibung dasjenige, was neu gelten soll, in fetten roten Buchstaben geschrieben wird. Es steht denn auch ‹hoch begabt› in eben dieser Art so da. Daraus leite ich als Benutzer ab, dass man neu nicht mehr wie früher ‹hochbegabt› nun eben ‹hoch begabt› schreiben soll, aber eigentlich ‹hochbegabt› meint. Möglicherweise habe ich da eine Gebrauchsbestimmung übersehen. Ich bin einverstanden mit dem Bedeutungsunterschied, allerdings fragte ich mich dann, weshalb das unter dem Worteintrag ‹hoch› erwähnt wird, wo es eher zum Worteintrag ‹begabt› gehörte.

  • am 7.03.2016 um 18:55 Uhr
    Permalink

    Guten Abend Herr Frahm, ich danke auch. Ich weiß leider nicht worauf sich Ihr ‹roter› Hinweis bezieht. Der Duden weist für hochbegabt beide Schreibweisen aus und empfiehlt die Zusammenschreibung.

    http://www.duden.de/rechtschreibung/hochbegabt

    Für hochgefährlich und hochbetagt gilt wiederum exklusiv die Zusammenschreibung. Folgt nach der Steigerung ‹hoch› ein Partizip, so gelten beide Varianten, folgt ein Adjektiv, so wird zusammengeschrieben.

    Sprache ist, wie wir sehen, ein lebendiges System – das nicht ohne den einen oder anderen Determinismus auskommt. Gleichzeitig muss sie nicht die der Mathematik eigene vollkommene Logik zeigen – die ihrerseits wieder von Axiomen ausgeht.

  • am 8.03.2016 um 12:14 Uhr
    Permalink

    Der Hinweis bezieht sich auf die deutsche Rechtschreibung von Duden, Ausgabe von 2004, 23. Auflage. Da steht auch, dass die rote Farbe die rechtschreibliche Änderung kennzeichnet gegenüber der früheren Orthografienorm.

  • am 8.03.2016 um 13:59 Uhr
    Permalink

    Danke für den Hinweis.

    Inzwischen lieg die 26. Auflage von 2014 vor. Die Reform von 1996 wurde mehrfach überarbeitet. So trat Ende 2004 der Rat für deutsche Rechtschreibung zusammen und beschäftigte sich gerade noch einmal mit der Groß- und Klein- und mit der Getrennt- und Zusammenschreibung. Die Änderungsvorschläge wurden am 01. August 2006 vorgelegt und anerkannt. Nach einjähriger Übergangsfrist gilt die neue Orthographie verbindlich mit dem Jahr 2007.

    Eine weiteren Nachtrag gab es im Jahr 2011:
    http://pub.ids-mannheim.de/laufend/sprachreport/pdf/sr11-extra.pdf

    Sie dürfen also – ebenso wie ich – beruhigt sein, Herr Strahm (diesmal richtig, entschuldigen Sie), und können wieder ‹hochbegabt› schreiben. Nach Reform und Reform der Reform und Reform der Reform der Reform ist, wenn ich nicht irre, das häufigste Wort in Wörterbüchern inzwischen ‹auch› – es ist diese, es ist jene Schreibung ‹erlaubt›.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...