MicrocephalyKopie

Plötzlich haben Moskito-Stiche viele Babys mit zu kleinem Kopf und schweren Hirnschäden zur Folge © cc

Jetzt warnt «Ecologist» vor genmutierten Mücken

Urs P. Gasche /  Das Aussetzen genveränderter Mücken soll gestoppt werden, bis klar ist, dass sie mit den missgebildeten Babys nichts zu tun haben.

Bereits mehrere tausend Mütter sind verzweifelt, weil sie ein Kind mit schweren Hirn-Schäden geboren haben. Das Zika-Virus, das bisher nur zu Grippe-Symptomen führte, soll schuld sein.
Jetzt schreibt die angesehene britische Umwelt-Plattform «The Ecologist» («Pandora’s box: how GM mosquitos could have caused Brazil’s microcephaly disaster»), es sei sehr gut möglich («highly significant possibility»), dass die Freisetzung von genveränderten Moskitos mit der Mikrozephalie-Epidemie, den hirngeschädigten Babys, etwas zu tun haben. Siehe Infosperber vom 3.2.2016: «Missgebildete Babys wegen genveränderter Moskitos?»)
Im April und November 2015 sind in Brasilien etwa 25 Millionen genveränderte männliche OX513A-Moskitos ausgesetzt worden. Das berichtete TechTimes im Januar 2016. Sie sollen den Bestand an Moskitos des Typs Aedes aegypti dezimieren.

In den beiden Aussetzungsgebieten, eines war die Gegend um die Stadt Juazeiro, sind just die Gebiete, in denen es heute sehr viele Fälle von Babys mit abnormal kleinen Köpfen und Hirnschäden gibt (Mikrozephalie).
Um die Gene der Mücken zu verändern, hätte Herstellerin Oxitec die Methode der sogenannten PiggyBac Transposons verwendet. Mit der gleichen Methode haben Forscher bisher unbekannte Risikogene für Krebs der Bauchspeicheldrüse entdeckt (siehe Bericht des Deutschen Krebsforschungszentrums).
Die PiggyBac Transposons bauten Forscher in das Erbgut von Mäusen ein. Transposons sind DNA-Stücke, die im Erbgut «herumspringen» können, sich also selber aus der DNA lösen und an einer beliebigen anderen Stelle wieder einbauen.
Laut «Ecologist» sei bisher nicht erforscht worden, was passiert, wenn solche Transposon von den genmutierten Moskitos des Typs Aedes aegypti ins menschliche Gewebe gelangen. Dies ist dann der Fall, wenn die mit Hilfe der genmanipulierten männlichen Moskitos entstandenen Larven trotz des eingebauten genetischen Defekts nicht alle sterben, weil Antibiotika-Rückstände die Larven am Leben erhalten. In Testversuchen haben bis zu 15 Prozent der Larven überlebt, weil Reste des weit verbreiteten Antibiotikas Tetracyclin vorhanden waren. Das stellte die Herstellerin Oxitec in einem internen, vertraulichen Bericht fest, der im Jahr 2012 an die Öffentlichkeit gelangte. Oxitec ist eine Tochterfirma des US-Biotech-Konzerns Intrexon. Die überlebenden weiblichen Moskitos, welche das veränderte Erbgut übernommen haben, stechen Menschen. Die Forschung zum Bauchspeicheldrüsenkrebs habe gezeigt, dass Transposon in menschliche Zellen überspringen könne.

Nur Vermutung, kein Beweis
Der «Ecologist» betont, dass genveränderten Moskitos «gut möglich» die Ursache der Mikrozephalie-Epidemie seien, dass diese mögliche Ursache aber vorerst wissenschaftlich erhärtet werden müsse. Allerdings solle das Aussetzen genveränderter Mücken gestoppt werden, bis klar ist, dass sie mit den Babys, die mit zu kleinen Köpfen und lebenslangen Schäden zur Welt kommen, nichts zu tun haben.
Warnung schon im Jahr 2014
Auf der Webseite des britischen «The Institute of Science in Society» (ISIS) hatte die auf Gentechnik spezialisierte Forscherin, Biologin und Umweltaktivistin Mae Wan Ho vor einer grossflächigen Freisetzung von genmutierten Moskitos gewarnt: «Transgene Moskitos sind nicht die Lösung um das Dengue-Fieber und die Malaria auszurotten. Im Gegenteil: Sie gehörden zu den risikoreichsten genveränderten Organismen, die produziert wurden
Der Biotech-Konzern Intrexon, dessen Tochterfirma Oxitec die genmutierten Moskitos in Brasilien produziert, hält diese offensichtlich für absolut sicher. Denn Oxitec wolle ihre Anstrengungen verdoppeln, um die Zika-Viren in Brasilien mit ihren männlichen OX513A-Moskitos zu bekämpfen, gab Intrexon am 19. Januar bekannt.


Der von «Ecologist»-Redaktor Oliver Tickell vermutete Mechanismus im Original-Wortlaut
Has the GM nightmare finally come true?

So down to the key question: was the Oxitec’s GM Aedes aegypti male-sterile mosquito released in Juazeiro engineered with the piggyBac transposon? Yes, it was. And that creates a highly significant possibility: that Oxitec’s release of its GM mosquitos led directly to the development of Brazil’s microcephaly epidemic through the following mechanism:

1. Many of the millions of Oxitec GM mosquitos released in Juazeiro in 2011/2012 survive, assisted, but not dependent on, the presence of tetracycline in the environment.

2. These mosquitos interbreed with with the wild population and their novel genes become widespread.

3. The promiscuous piggyBac transposon now present in the local Aedes aegypti population takes the opportunity to jump into the Zika virus, probably on numerous occasions.

4. In the process certain mutated strains of Zika acquire a selective advantage, making them more virulent and giving them an enhanced ability to enter and disrupt human DNA.

5. One way in which this manifests is by disrupting a key stage in the development of human embryos in the womb, causing microcephaly and the other reported deformations. Note that as Melo Oliveira et al warn, there are almost certainly other manifestations that have not yet been detected.

6. It may be that the piggyBac transposon has itself entered the DNA of babies exposed in utero to the modified Zika virus. Indeed, this may form part of the mechanism by which embryonic development is disrupted.

In the latter case, one implication is that the action of the gene could be blocked by giving pregnant women tetracycline in order to block its activity. The chances of success are probably low, but it has to be worth trying.

No further releases of GM insects!

While I am certainly not claiming that this is what actually took place, it is at least a credible hypothesis, and moreover a highly testable one. Nothing would be easier for genetic engineers than to test amniotic fluids, babies› blood, wild Aedes mosquitos and the Zika virus itself for the presence of the piggyBac transposon, using well established and highly sensitive PCR (polymerase chain reaction) techniques.

If this proves to be the case, those urging caution on the release of GMOs generally, and transgenic insects bearing promiscuous transposons in particular, will have been proved right on all counts.

But most important, such experiments, and any deployment of similar GM insects, must be immediately halted until the possibilities outlined above can be safely ruled out. There are plans, for example, to release similarly modified Anopheles mosquitos as an anti-malarial measure.

There are also calls for even more of the Oxitec Aedes aegypti mosquitos to be released in order to halt the transmission of the Zika virus. If that were to take place, it could give rise to numerous new mutations of the virus with the potential to cause even more damage to the human genome, that we can, at this stage, only guess at.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

GVOLogo

Pro und Contra Gentechnik

Genveränderte Nahrungs- und Futtermittel: Was ist erlaubt, was verboten. Wer haftet für Langzeitschäden?

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9 Meinungen

  • Portrait_Beat_Glogger
    am 5.02.2016 um 11:52 Uhr
    Permalink

    Infosperber heizt eine Verschwörungstheorie an, indem er bewusst Fakten ausblendet, die nicht der Panikmache dienen.
    Auch wenn man scheinheilig schreibt, es sei noch nichts bewiesen und man müsse zuerst die Vermutungen erhärten, bleiben die Bilder und die Warnungen stärker in den Köpfen der Leser hängen als solche Feigenblatt-Bemerkungen.
    Ihr unterschlagt, dass der im Artikel des Ecologist suggerierte Übertragungsweg unmöglich ist. Dies legt ein Leser des Artikels in seinem Kommentar dar: Das besagte Gen «piggyBac» ist viel zu gross, als dass es hätte vom Zika-Virus übernommen werden können. Es wäre wie wenn ihr behaupten würdet, man könne mit einem Weggli und einem Elefanten ein Sandwich machen. Die Beweiskraft der genetischen Erklärung ist so stark, dass der Ecologist-Autor selbst schreibt: «It appears that the hypothesis set out above is probably incorrect».

  • am 5.02.2016 um 12:00 Uhr
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    Beat Glogger, als PR-Journalist der Pharma….. im Zweifel immer euphorisch für seine Auftraggeber….

  • am 5.02.2016 um 12:05 Uhr
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    Es stimmt , dass solche genetische Eingriffe gewisse Risiken beinhalten, wie sie auch von Mae Van Ho im «Ecologist» vermutend beschrieben werden. Und es stimmt, dass sich profitorientierte Gentach-Firmen lieber um erweiterte Umweltverträglichkeitstests foutieren würden.

    Allerdings sind derlei Mutationen auch auf natürlichem Wege möglich. Gerade der «Schwarze Tod» im 14. Jahrhundert zeigt dies, der – wie einige Wissenschaftler vermuten – auch wegen einer Mutation des Yersinia Pestis-Bakteriums im Vergleich zu anderen Pest-Epidemien derart virulent verlief.
    Mae Van Ho’s Vermutungen und Thesen sind von neutralen universitären Instituten zu überprüfen, die Gentechfirmen zur Herausgabe aller Rohdaten zu zwingen. Anderseits gilt es nun aber auch die Mikroenzaphaliefälle statistisch besser zu erhärten, und allenfalls andere mögliche Gründe – etwa Umweltgifte von Bergbaufirmen in Brasilien – zu veri- rsp. falsifizieren. Monokausale Fokussierungen brachten uns noch nie gewünschte Klarheit.

  • am 5.02.2016 um 16:14 Uhr
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    @Glogger. Wenn mehrere tausend Mütter plötzlich Kinder mit derartigen Missbildungen gebären, ist Alarm angesagt. Wie würde reagiert, wenn dies in Europa passieren würde und nicht in armen Gegenden Brasiliens? Schon früher gab es solche Fälle, aber nie auch nur annähernd so gehäuft. Ist es nicht geboten, sämtlichen Hypothesen für die Gründe nachzugehen, auch der Rolle der genmutierten Moskitos? Bevor man weiter massenweise solche Moskitos freilässt! Wer übernimmt die Haftung, falls die kleine Wahrscheinlichkeit eintritt, dass dieses Moskitos schuld sind? Der US-Konzern Intrexon produziert die Moskitos über eine Tochtergesellschaft, die man schnell in Konkurs gehen lassen kann. Eine grosse Haftpflichtversicherung hat diese Tochter nicht abgeschlossen. Ohne für das Risiko zu haften, ist es furchtbar einfach zu behaupten, es gebe keine Risiken.

  • Portrait_Beat_Glogger
    am 5.02.2016 um 16:49 Uhr
    Permalink

    @gasche Ich habe weder gesagt, man solle der Sache nicht nachgehen, noch habe ich gesagt, es bestehe keine Gefahr. Und ich bin auch weit entfernt davon, die Sache zu bagatellisieren. Ich habe grösstes Mitgefühl für die Familien – und glaub mir, wenn einer hier in dieser Diskussion weiss, was es bedeutet, ein geistig behindertes Kind aufzuziehen, dann bin ich es.
    Ich habe nur die Berichterstattung von Infosperber kritisiert, weil sie die These vom Zika-Virus, der dieses piggyBac-Gen aufnimmt, weiterverbreitet, ohne die genetische und biologische Plausibilität geprüft zu haben.

  • am 6.02.2016 um 18:19 Uhr
    Permalink

    Ich bin ein Anhänger von Verschwörungstheorien. Sie heben sich so wunderbar vom vorgekauten Einheitssprech etablierter Medien ab die zu grossen Teilen keine eigenen Inhalte mehr produzieren… interessant auch das wenn das mit der GEN Mücke stimmt einiges auf die Unternehmen zukommt. Leider dürften die für finanzielle Wideegutmachung zu klein sein. Berechtigt. Eine zweite Theorie die sich nachvollziehen lässt ist, das die Entwicklung der Krankheiten auf den massiven Einsatz einiger Chemischer Agrarhilfsstoffe zurückführen lässt. Hier sind zwei globale Konzerne involviert denen die Geschixhte mit dem quasi natürlichen Z-Virus gerade recht kommt…

  • am 8.02.2016 um 23:57 Uhr
    Permalink

    Interessant: Heute um 18:06 Uhr schreiben der «Tagesanzeiger» und um 18:21 Uhr die «NZZ» zwei praktisch wortgleiche Artikel mit dem Titel «Verschwörungstheorie erschwert Kampf gegen Zika» und bringen das mit dem Newsportal «Infosperber» in Zusammenhang auf eine Art und Weise, dass der Eindruck entsteht, dass «Infosperber» diese sogenannte «Verschwörungstheorie» in Umlauf gesetzt hätte. Ich finde diese Darstellung als absolut skandalös! Der Artikel in «Infosperber» ist auf der ganzen Linie sehr informativ und stellt nirgends irgendwelche Behauptungen auf, die auf eine «Verschwörungstheorie» schliessen lassen würden.

  • am 9.02.2016 um 09:33 Uhr
    Permalink

    NZZ & Tagi praktisch wortgleich…. – Indiz für eine PR-Aktion.
    Dass der Sperber genannt wird ist erfreulich, er wird wahrgenommen!
    Politik, Wirtschaft, die Geschichte bis zur Gegenwart kennen sehr viele geheime Absprachen, auch tödliche Anschläge unter falscher Flagge. Kurz: es ist völlig klar, dass es Verschwörungen gibt. Nur Theorien darüber darf es nicht geben, jedenfalls keine inoffiziellen. Die offiziellen und unglaubwürdigeren Theorien kommen in den Medien und gewinnen nach und nach den Status von Fakten. Beispiel 09/11, welche Medien hatten jemals vom Einsturz des dritten Hochhauses, des WTC Nr. 7 berichtet?
    Verschwörungstheoretiker sind kritische Menschen auf der Suche nach Fakten. Honorabel, nicht wahr?

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