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Firma des WWF-Präsidenten hat Aufträge der Strom- und Pharmabranche © Fotomontage: ktm

WWF-Präsident mit Interessenkonflikt

Kurt Marti /  Robert Schenker ist Präsident des WWF. Gleichzeitig hat seine Firma C.M.S. AG Aufträge von Strom- und Pharmaunternehmen.

WWF-Präsident Robert Schenker deklariert auf der WWF-Internetseite, dass er früher in führender Position für den Schweizerischen Bankverein (heute UBS) tätig war und ab 1998 als unabhängiger Finanz- und Unternehmensberater. Die Firma jedoch, in deren Verwaltungsrat er sitzt, verschweigt er. Mit Grund.

Zum Beispiel die Corporate Management Selection C.M.S. AG, welche auf das Rekrutieren von Führungspersonal für die Finanz-, Pharma- und Strombranche spezialisiert ist und bei der Robert Schenker als VR-Präsident amtet. Neben Schenker sitzen noch Heinz A. Hafner und Roland Staub im Verwaltungsrat der Firma, welche im Jahr 2006 mit einem Aktienkapital von 100 000 Franken gegründet wurde.

Schenker-Firma sucht Finanzchef für Walliser Elektrizitätsgesellschaft

Schenkers gleichzeitige Präsidentschaft beim WWF und bei der C.M.S. könnte zu Interessenkonflikten führen. Dies zeigt das folgende Beispiel aus dem Wallis. Ende letztes Jahr suchte Schenkers C.M.S. einen Finanzchef für die Walliser Elektrizitätsgesellschaft (WEG), die aktuell vier umweltrelevante Projekte auf ihrer Ausbau-Liste hat: Das Wasserkraftwerk Gletsch-Oberwald, das Laufwasserkraftwerk Massongex-Bex und die beiden Pumpspeicherkraftwerke Nant de Drance und Rhôdix. Alles Projekte, welche auf der Einspracheliste des WWF stehen oder stehen werden.

Laut Stelleninserat der C.M.S. ist der neue Finanzchef unter anderem für «die Finanzierung von Investitionsprojekten» zuständig. Die Schenker-Firma C.M.S. sucht folglich einen Finanzchef, der sich um die Finanzierung jener Projekte kümmert, gegen welche der Schenker-Umweltverband WWF möglicherweise einsprechen wird – oder dann eben nicht.

Interessenkonflikt auch mit Novartis-Projekt im Kanton Zug

Derselbe Interessenkonflikt zeigt sich beim Novartis-Konzern, für den die C.M.S. mehrere Führungskräfte für den Novartis-Sitz in Stein im Kanton Aargau sucht. Denn der WWF gehört zur Gruppe von Umweltverbänden, die sich gegen das geplante Ausbildungszentrum der Novartis im Kanton Zug wehren, weil es in einer mehrfach geschützten Landschaft zu stehen käme.

Die Firma des WWF-Präsidenten rekrutiert also heute jene Novartis-Führungsleute, welche möglicherweise mit den WWF-MitarbeiterInnen verhandeln werden. Ausser der Novartis verzeichnet die C.M.S. weitere Stelleninserate von Chemie- und Pharmakonzernen, deren Namen nicht genannt werden. Meistens ist die Rede von bedeutenden pharmazeutischen Konzernen mit «zahlreichen Tochtergesellschaften rund um den Globus».

Juristen gesucht für einen AKW-Betreiber

Besonders diskret ist das Stelleninserat der C.M.S. im Auftrag eines Schweizer Stromkonzerns. Da ist nur von «unserer Mandantin» die Rede, welche eine «bedeutende Energieversorgerin der Schweiz» und «eine in der Hydroenergie und in der Kerntechnik investierte Unternehmung» ist. Die zukünftigen Juristen haben es laut Stelleninserat mit «internationalen Investitions- und Beteiligungsprojekten in Zentral- und Südeuropa» zu tun.

Den Namen der Energieversorgerin wollte Schenker auf Anfrage nicht bekannt geben. Doch die Auswahl der Konzerne, welche in Frage kommen, ist klein: Axpo, Alpiq oder BKW. Auch hier rekrutiert die Schenker-Firma jene Juristen, mit welchen möglicherweise die WWF-MitarbeiterInnen anlässlich von Einsprachverhandlungen gegen neue oder erneuerte Kraftwerke verhandeln müssen.

«Starkes Wachstum und überdurchschnittliche Ertragskraft»

Der Schwerpunkt der Tätigkeit der C.M.S. liegt auf der Banken- und Finanzbranche, das heisst auf den zahlreichen Vermögensverwaltern und Privatbankiers, welche sich auf die internationale Steueroptimierung spezialisiert haben. Auf der Mandatsliste der C.M.S. stehen viele «erstklassige» Finanzdienstleister «an der Zürcher Goldküste», in deren Auftrag die Firma des WWF-Präsidenten Schenker mit «starkem Wachstum und überdurchschnittlicher Ertragskraft» prahlt. Im krassen Gegensatz zu den postulierten Werten der weltweit grössten Umweltorganisation.

Der WWF-Präsident Schenker ist also VR-Präsident einer Firma, welche Aufträge von Konzernen ausführt, welche mit nachhaltigem Umweltschutz wenig zu tun haben, sondern mit Wachstum und Profit.

WWF-Präsident Schenker sieht überhaupt keinen Interessenkonflikt

WWF-Präsident Schenker sieht in seiner Funktion als VR-Präsident der C.M.S. keinen Interessenkonflikt. Er sei «nicht in operative Belange eingebunden» und folglich «nicht in die Rekrutierungsprozesse involviert». Genauso wenig sei es als WWF-Präsident seine Aufgabe, Entscheide im operativen Bereich zu treffen. Und er folgert: «Die Ausübung der beiden Ämter hat mich noch nie in einen Interessenkonflikt gebracht – und das wird mit Sicherheit auch so bleiben.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Mitglied des Beirates der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) bis am 4. Januar 2012

Zum Infosperber-Dossier:

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Der WWF in der Kritik

Der WWF baut immer mehr auf Dialog, nicht auf Konfrontation. Seine Verträge mit Konzernen hält der WWF geheim.

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5 Meinungen

  • am 12.01.2012 um 10:31 Uhr
    Permalink

    Ist die Tatsache, dass der Autor noch am 3.1.2012 (Google Cache, aktuell offenbar nicht mehr, denn der Name erscheint nicht mehr auf der Liste) Beirat der Schweiz. Energie-Stiftung war, keine «themenbezogene Interessen (-bindung)"?

  • Fotoktm4
    am 12.01.2012 um 10:47 Uhr
    Permalink

    Ich bin am 4. Januar 2012 aus dem SES-Beirat ausgetreten.

  • am 12.01.2012 um 10:55 Uhr
    Permalink

    Also ganze zwei Tage vor dem ersten WWF-Beitrag … Wenn man schon als Vorbild voran gehen will und Interessenbindungen deklariert, dann bitte vollständig.

  • am 13.01.2012 um 08:59 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Marti

    Lassen Sie mich kurz auf zwei Punkte eingehen.

    Erstens: Ich bin nicht «WWF.Präsident", sondern Präsident des Stiftungsrates des WWF Schweiz. Wie ich Ihnen in meiner Stellungnahme geschrieben habe, fällt der Stiftungsrat alle Entscheide im Kollektiv; ich habe also nur eine Stimme, wie das beispielsweise auch im Bundesrat so ist. Doch diesen Teil meines Statements haben Sie bezeichnenderweise weggelassen. Lieber machen Sie Stimmung mit Wortgebilden wie «Schenker-Umweltverband WWF".

    Zweitens: Ich bin zwar Verwaltungsratspräsident der C.M.S., bin aber weder Aktionär noch sonst an dieser Firma beteiligt. In Ihrem Artikel schreiben Sie mehrmals von «Schenkers Firma» oder von der «Firma des WWF-Präsidenten» und erwecken dadurch den Eindruck, es handle sich um mein Unternehmen. Das entspricht nicht den Fakten.

    Freundliche Grüsse

    Robert Schenker

  • am 13.01.2012 um 09:32 Uhr
    Permalink

    In der Tat, Herr Marti «sieht, was andere übersehen» …

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