Kommentar

Tohuwabohu bei Treibstoffpreisen

Niklaus Ramseyer ©

Niklaus Ramseyer /  Will der Bundesrat die Treibstoffzölle erhöhen, gibt's ein riesen Geschrei. Doch von den Ölscheichs lässt man sich klaglos melken.

Die Einnahmen der Eidgenossenschaft aus dem Treibstoffzuschlag gehen infolge Inflation real seit Jahren schon zurück. Das wollte der Bundesrat wieder einmal leicht korrigieren. Sein Vorschlag, 15 Rappen zusätzlich pro Liter, hätte dabei nur einen Teil ausgeglichen. Doch in den Räten stiess diese Vorlage auf heftige Opposition von rechter Seite (SVP, FDP, etc.). Diskutiert wurde schliesslich noch über 6 oder 4 Rappen zusätzlich – notabene zweckgebunden für einen Strassenbaufonds.
Absurde Argumente
Die Gegner der Vorlage argumentierten in der Debatte häufig mit dem drohenden «Benzintourismus»: Ein höherer Treibstoffzuschlag könne nämlich dazu führen, dass mehr Schweizer im nahen Ausland tanken würden – und der Bund hätte dann von diesen «Tanktouristen» gar keine Steuern mehr.
Ein Blick in die Realität zeigt, wie absurd diese Argumentation ist: Schon hierzulande gibt es derzeit nämlich krasse Preisunterschiede. So bietet etwa die «Miniprix»-Zapfsäule in Gampelen zwischen Bern und Neuenburg den Liter Diesel für Fr. 1.23 an. Nur wenige Kilometer entfernt verrechnet die «Agrola»-Tankstelle in Yvonand am Neuenburgersee Fr. 1.42 pro Liter. Dazwischen finden man alles, von Fr. 1.30 bei «Rudi Rüssel» bis Fr. 1.38 bei «Tamoil». Kurzum, es herrscht die reine Willkür. Und das bei einem Produkt, dessen Qualität und Ausgestaltung von Marke zu Marke kaum variiert.
Vor allem aber hätte sogar der 15-Rappen-Aufschlag des Bundesrates bei «Miniprix» nur einen Preis von Fr. 1.38 ergeben – immer noch viel weniger als Fr. 1.42 bei «Agrola». Allfälliger Tanktourismus zwischen Yvonand und Gampelen war im Ständerat dennoch kein Thema. Wie auch die krassen Preisunterschiede in ein und derselben Region nicht.
Ölscheichs als Melker akzeptiert
Noch absurder wirkt das parlamentarische Gezeter von rechts gegen die bundesrätliche Preiserhöhung beim Treibstoff, wenn man die Preisentwicklung anschaut: Es ist noch nicht lange her, da kostete der Liter Diesel fast Fr. 1.90. Da hatten die Ölscheichs von der OPEC den Hahn etwas gedrosselt – und flugs wurden an der Säule 30 bis 50 Rappen pro Liter draufgeschlagen. Daran jedoch störte sich keiner jener rechten Politiker, die wegen jeder noch so kleinen Preiserhöhung zu Gunsten der Schweizer Allgemeinheit sofort zetermordio rufen.
Jetzt wollen sie mit ihrer «Milchkuh-Initiative» der Bundes- und den Kantonskassen weitere Milliarden an Treibstoffzöllen entziehen. Von Ölscheichs aus Unrechtsstaaten oder internationalen Benzinkonzernen lassen sie sich hingegen klaglos melken.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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2 Meinungen

  • am 29.03.2016 um 14:36 Uhr
    Permalink

    Endlich spricht das jemand offen an – meine Argumentation seit einigen Jahren im Bekanntenkreis, wenn mal wieder Stammtisch-Gepolter zu den Treibstoffsteuern zu hören ist. Im Übrigen war 1.90 pro Liter Diesel immer noch zu tief, der Verbrauch ist ja nicht zurückgegangen und SUV-Dieselschleudern wurden von CH-Käufern gekauft wie nie zuvor.

  • am 29.03.2016 um 18:14 Uhr
    Permalink

    Kaufkraftbereinigt sind die Treibstoffe billiger als früher; es wäre interessant zu wissen, wieviel.

    Den autophilen Politikern ist es aber einerlei, dabei würden auch sie profitieren, wenn etwas weniger gefahren würde. Dabei liegen sie völlig falsch. Nicht die Autofahrer werden gemelkt, sondern die Allgemeinheit, welche die externen Kosten des Verkehrs zahlt (z.B. mit Gesundheitsschäden und Todesfällen). Diese sind mindestens gleich hoch wie die internen Kosten, welche die Autofahrer zahlen. D.h., der motorisierte Verkehr (auch ÖV) ist stark subventioniert und die Treibstoffzölle müssten viel höher sein und an Alle zurückvergütet werden, d.h. nicht in die Staatskasse und schon gar nicht in den Strassenverkehrsfonds.

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