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BKW-Präsident Urs Gasche und BKW-Vize Kurt Rohrbach: Differenzen © parlament/vse

Effizienzpflicht spaltet Stromlobby

Hanspeter Guggenbühl /  Der Stromverband VSE lehnt die Verpflichtung zum Stromsparen strikt ab. BKW-Präsident Urs Gasche hingegen weibelte dafür.

«Der VSE (Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen) sagt klar ja zur Verbesserung der Energieeffizienz, aber ebenso deutlich nein zu Ziel- und Zwangsvorgaben für Elektrizitätslieferanten und Netzbetreiber.» Das schrieb der Strom-Dachverband am 6. November an den Nationalrat und forderte: «Streichen der Effizienzziele für den Elektrizitätsverbrauch Art. 48-52».

Am 1. Dezember erhielten die Nationalräte, welche die Energiestrategie berieten, einen weiteren Brief. Darin stand in roter Schrift: «Die Minderheit zu Art. 48-52 nimmt die Idee des Sparbonus-Modells auf. Wir bitten Sie deshalb, diesen Minderheitsantrag zu unterstützen.» Am 3. Dezember befürwortete der Nationalrat diesem Minderheitsantrag und damit die Artikel 48 bis 52 mit 117 gegen 73 Stimmen. Diese Artikel verpflichten die Betreiber der Stromnetze «zur stetigen Steigerung der Effizienz beim Elektrizitätsverbrauch», dies mit einem «Bonus-Malus-System» (siehe Infosperber: Nationalrat belohnt Stromverteiler fürs Sparen).

VSE-Mitglieder gegen VSE-Spitze

Das Erstaunliche am erfolgreichen zweiten Brief waren die Personen, die ihn unterzeichneten. Dazu gehören FDP-Nationalrat Kurt Fluri, Präsident des Stromverteilers Regio Energie Solothurn, sowie BDP-Nationalrat Urs Gasche, Präsident des drittgrössten Schweizer Stromkonzerns, der BKW Energie AG. Regio Energie und BKW sind Mitglieder des VSE.

«Wenn wir eine neue Energiestrategie wollen, ist die Steigerung der Effizienz und mithin der Nichtverbrauch von Strom die wirksamste Massnahme», begründet Urs Gasche sein Engagement und seine Zustimmung zum Modell des Nationalrats und ergänzt: «Diese Haltung vertrete ich in meiner Funktion als Nationalrat, aber auch als Präsident der BKW kann ich dahinter stehen.» Allerdings, betont Gasche, müsse das Anreiz-System des Nationalrats im Ständerat noch «verfeinert und verbessert werden».

Der Dachverband der Stromwirtschaft hingegen will verbindliche Effizienzziele weiterhin bekämpfen: «Der VSE sagt ja zur Energieeffizienz, lehnt aber sowohl das Bonus-Malus-System als auch die Weissen Zertifikate ab.» Das teilte VSE-Sprecher Guido Lichtensteiger auf Anfrage mit, nachdem der Nationalrat das Bonus-Malus- dem bundesrätlichen Zertifikats-System vorgezogen hatte.

Verkäufer gegen Dienstleister

Die Spaltung innerhalb des VSE ist eine Folge des Umbruchs, der in der Strombranche zurzeit stattfindet: Das alte Geschäftsmodell, möglichst viel Strom zu produzieren und zu verkaufen, ist unrentabel geworden, seit Überkapazitäten in der Produktion die Preise auf dem europäischen Strommarkt in den Keller drücken. Auch grosse Stromproduzenten wie Alpiq oder BKW wollen vermehrt ins Geschäft mit Energiedienstleistungen einsteigen und dazu Energieberatung anbieten.

Weil bei den aktuell tiefen Strompreisen viele Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz nicht wirtschaftlich sind, brauche es «gesetzgeberische Impulse», meint Urs Gasche. Die Mehrheit der VSE-Verbandspitze hingegen setzt weiterhin auf die Rettung des bisherigen Geschäftsmodells. Darum lehnt sie verbindliche Verpflichtungen zum Stromsparen ab.

Bei der Berner BKW entzweit der Dissens das eigene Haus. Denn Kurt Rohrbach, der als VSE-Präsident verbindliche Effizienzziele erbittert bekämpft, sitzt als Vizepräsident im BKW-Verwaltungsrat neben dem reformfreudigen VR-Präsident Urs Gasche.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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Eine Meinung zu

  • am 24.12.2014 um 13:43 Uhr
    Permalink

    Hoffen wir mit hoher Zuversicht, dass der vernunftbegabte Urs Gasche und sein Team in diesem Streit obsiegen.

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