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Konstantinos Boulouchos: «Weniger Grundlast, mehr Power-on-Demand» © european-futurists

ETH-Professor spricht Klartext zur Atomenergie

Kurt Marti /  Laut ETH-Professor Konstantinos Boulouchos lassen sich AKWs nicht mit einer höheren Stromproduktion aus Sonne und Wind kombinieren.

Professor Konstantinos Boulouchos ist Professor am Institut für Energietechnik der ETH Zürich und leitet das Laboratorium für Aerothermochemie und Verbrennungssysteme. Im ETH-Klimablog (siehe Link unten) skizziert er seine Vorstellungen einer zukünftigen Stromversorgung der Schweiz. Ausgehend von einer deutlich höheren Stromproduktion aus Wind und vor allem aus Sonne hält er fest: «Ein höherer Anteil an unregelmässig anfallender Energie lässt sich nicht kombinieren mit grösseren Grundlastkapazitäten für die Stromerzeugung, wie sie durch Nuklear- oder Kohlenkraftwerke verfügbar sind, da diese nicht schnell genug zu- und abgeschaltet werden können.» Im Klartext: Atomkraftwerke sind mit einer steigenden Stromproduktion aus erneuerbaren Energien nicht kompatibel.

Statt unflexible AKW, dezentrale WKK

Laut Boulouchos braucht es im zukünftigen Energiesystem der Schweiz «spitzenlastfähige Kraftwerke als Reserve», welche bei erhöhtem Strombedarf zeitlich flexibel einsetzbar sind. Dazu sei ein «Paradigmenwechsel» notwendig: «Weniger Grundlast, mehr Power-on-Demand». Also Strom auf Nachfrage statt unflexible Atomstrom-Produktion. Als Beispiel nennt Boulouchos die dezentralen Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen (WKK) mit einer Leistung von wenigen Kilowatt bis zu 20 Megawatt. Idealerweise werden diese mit biogenen Energieträgern (z.B. Siedlungsabfälle) betrieben, womit sich die CO₂-Problematik entschärft.

Strom aus Biomasse ersetzt AKW Gösgen

Laut Boulouchos schätzen neuste Studien das Energie-Potential der ökologisch sinnvoll verwertbaren Biomasse aus Landwirtschafts- und Siedlungsabfällen in der Schweiz auf rund 23 Terawattstunden. Diese Biomasse werde heute nur teilweise genutzt und «meistens für die Erzeugung von Niedertemperaturwärme». Mit der kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung werde höherwertige Nutzenergie gewonnen. Mittelfristig schätzt Boulouchos das Potenzial der Biomasse auf bis zu 8 Terawattstunden Strom, was der Produktion des AKW Gösgen entspricht oder rund 12 Prozent des gesamtschweizerischen Strombedarfs. Hinzukommen 12 Terawattstunden hochwertiger Wärme, was rund 14 Prozent der fossilen Energie für Wärme im Jahr 2010 entspricht.

«Schwarm» von dezentralen Kraftwerken

Technisch machbar ist dies laut Boulouchos mit Hochtemperaturbrennstoffzellen (SOFC, MCFC) oder mit hocheffizienten Gasmotoren. Zudem schlägt er das sogenannte «Schwarmkonzept» vor. Dieser Ansatz des «Schwarms» von dezentralen Kraftwerken werde «neuerdings an vielen Orten konzeptionell angedacht. Beim Schwarm handelt es sich um eine grosse Anzahl dezentraler Kraftwerke unterschiedlicher Grösse, welche je nach Bedarf an Strom und Wärme sowie je nach Auslastung des lokal-/regionalen Stromnetzes flexibel zu- und abgeschaltet werden können».

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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4 Meinungen

  • am 21.12.2012 um 11:49 Uhr
    Permalink

    Das ist ein erneuter, rein theoretischer Ansatz von Herrn Boulouchos. Wer je versucht hat, mit der Nischentechnologie «Biogas» in grossem Massstab Strom zu erzeugen, der weiss, dass das flächewndeckend niemals funktionieren kann. Auch das (kleine) Biomassen-Kraftwerk der Firma Richi in Weiningen, ist noch weit entfernt von irgendwelchen Ergebnissen, welche eine diesbezügliche künftige Stromproduktion garantieren würde. Bestenfalls könnte man mit WKK auf Gas oder Diesel ausweichen, doch dann ist der Gesamtwirkungsgrad in Frage gestellt. Dezentrale «Schwarm-Kraftwerke sind eine mässig gute Idee, mehr nicht.
    Zuerst sollte man mit der CO2-Verteufelung aufhören, denn aus wiss. Sicht gibt es keine Kausalität zwischen CO2 und der Erderwärmung.
    Paul Bossert, ehem. Gründungsmitglied der Schweizerischen Energiestiftung

  • am 21.12.2012 um 14:02 Uhr
    Permalink

    @Bossert: «denn aus wiss. Sicht gibt es keine Kausalität zwischen CO2 und der Erderwärmung.» Man wünscht sich, Sie hätten Recht mit Ihrer Behauptung (denn mehr sind es nicht, Sie präsentieren uns ja auch keine belastbaren Fakten). Gehe ich davon aus, dass die Möglichkeit einer anthropologisch bedingten Erderwärmung auch nur 16% beträgt, würde ich alles Unternehmen, um diese zu verhindern. Oder würden Sie Russisch Roulette spielen?

    Eine Diversifizierung und Dezentralisierung der Energieproduktion macht absolut Sinn, da auch die Verbraucher dieselben Eigenschaften aufweisen. Jeder Energiekonsum sollte mit der bestmöglichen, d.h. ressourcen- und umweltschonendsten Gewinnung und Verteilung einher gehen. Die Vorstellung, es bräuchte um jeden Preis ein hyperstabiles, transnationales Stromnetz, darf man auch mal in Frage stellen. Für viele Anwendungen ist dies nämlich gar nicht (mehr) von Nöten.

  • am 21.12.2012 um 16:25 Uhr
    Permalink

    Die Frage ist doch Herr Rothenbühler, ob es wiss. Experimente gibt, mit welchen eine Kausalität zwischen CO2 und der Erderwärmung bewiesen werden kann. Da es diese Beweise nicht gibt, müssen Sie sich eben sagen lassen, dass Sie auf ein Märchen hereingefallen sind. In einem normalen Physikunterricht nimmt man auch den 2. Hauptsatz der Thermodynamik durch. Und genau dieser 2. Hauptsatz lässt eine Erderwärmung infolge CO2 nicht zu. In Erweiterung gilt dies selbstverständlich auch für die Strahlung, welche gemäss Clausius eine Kausalität ebenfalls ausschliesst.

    Zur Diversifizierung merke ich an, dass wenn Sie einmal derartig viele Anlagen gebaut haben wie ich, Sie automatisch zum Schluss kommen würden, dass die Phantastereien wohl funktionieren, doch für Normalverbraucher unerschwinglich sind. Ich denke, dass Prof. Leibundgut auch noch zu diesem Schluss kommen wird. Und das ist es was mich stört, dass irgendwelche Energie-Esoteriker eine technologie auf Kosten Dritter fördern wollen, welche sehr riskant ist. Hätte der Bund eine vertretbare Energiestrategie ausgearbeitet, so hätten wir in der Schweiz genug Strom. Weil man aber im Zusammenhang mit dem dämlichen Wärmedämmwahn eine nationale Wärmepumpenstrategie anstrebt, erleidet alles Schiffbruch. Und dieses Manko mit Erneuerbaren auszugleichen, wird leistungsmässig nie funktionieren!
    Ich beende jetzt diesen Dialog, weil Sie nicht aus Ihrer Erfahrung heraus schreiben, sondern nur die Allgemeinplätze des Mainstreams bedienen.
    PaulBossert, Bau- & Energiefachmann – seit 1963.

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