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Diese WKK-Heizanlage für ein Doppel-Einfamilienhaus produziert Strom für vier Haushalte © erdgas.ch

Atomausstieg mit stromproduzierenden Heizungen

Kurt Marti /  Die fünf Schweizer Atomkraftwerke können innert weniger Jahre durch Heizungen ersetzt werden, die gleichzeitig Strom produzieren.

In den schweizerischen Heizkellern stehen heute rund eine Million Gas- und Heizölkessel. Jedes Jahr werden davon 50 000 ersetzt. Statt diese mit neuen Gas- und Heizölkesseln zu ersetzen, könnten in den Heizkellern sogenannte Wärme-Kraftkopplungs-Anlagen (WKK-Anlagen) eingebaut werden, die gleichzeitig Wärme und Strom produzieren. Dies schlägt der WKK-Fachverband vor.

AKW-Ersatz durch WKK kostet nur 10 Milliarden Franken

Der Bundesrat preist die WKK-Technologie in seiner Botschaft zur Energiestrategie 2050 in hohen Tönen: «Dezentrale WKK-Anlagen wären dazu prädestiniert, im Winterhalbjahr gleichzeitig Strom und Wärme zu liefern und die in dieser Zeit reduzierte Produktion von Strom aus Sonne und Wasserkraft teilweise zu kompensieren. Ihre Produktion kann ausserdem bedarfsgerecht ausgestaltet werden, weil sie sich rasch ein- und ausschalten lassen.» Mit anderen Worten: WKK-Anlagen sind ein idealer Ersatz für den wegfallenden Atomstrom. WKK-Anlagen gibt es in verschiedenen Grössen, vom Einfamilienhaus bis zur Industrieanlage.

Energieministerin Doris Leuthard erhält Unterstützung vom WKK-Fachverband, der letzte Woche brisante Zahlen publiziert hat: Die Leistung der fünf Schweizer AKW von ingesamt 3 278 Megawatt kann kompensiert werden, wenn ein zunehmender Anteil der Heizungen mit WKK-Anlagen ergänzt oder ersetzt wird.» Dafür sind laut WKK-Fachverband rund 80 000 WKK-Anlagen verschiedener Grösse notwendig, deren Gesamtkosten rund 10 Milliarden Franken betragen. Zum Vergleich: Der Ersatz durch neue Atomkraftwerke würde mindestens 25 Milliarden Franken kosten.

Weiterbetrieb der alten AKW blockiert Investitionen

Laut Heini Glauser, Präsident des WKK-Fachverbandes, könnte dieser AKW-Ersatz durch WKK-Anlagen innert fünf bis zehn Jahren realisiert werden. Doch mit dem Weiterbetrieb der alten AKW werde «eine dynamische Investitionsoffensive» blockiert. Statt «Alt-Atomkraftwerke» nachzurüsten, sei es viel sinnvoller, «auf dezentrale und erneuerbare Stromproduktion zu setzen».

Laut Glauser schneiden die WKK-Anlagen auch bezüglich des CO2-Ausstosses gut ab: Bei voller Wärmenutzung produzieren WWK-Anlagen «nur 200 Gramm CO2/kWh». Zum Vergleich: Gas-Kombikraftwerke stossen 350 Gramm CO2/kWh aus, Kohlekraftwerke 800 – 1200 Gramm CO2/kWh, AKW mit Brennstäben aus Uran-Bergwerken mit tiefem Urangehalt bis 150 Gramm CO2/kWh und im Eurostrommix sind 400 Gramm CO2/kWh drin.

Erdgasnetz als Speicher für überschüssigen Strom

Der CO2-Ausstoss kann weiter reduziert werden, wenn aus überschüssigem Wind- und Solarstrom Erdgas-äquivalentes Gas produziert wird. Laut Martin Schmid, Mitarbeiter des Ökozentrums Langenbruck und Vorstandsmitglied des WKK-Fachverbandes, kann das Gas ins bereits bestehende Erdgasnetz eingespeist werden, das in der Lage sei, «etwa 100-mal mehr Energie zu speichern als die Schweizer Stauseen» und damit «ein wichtiger Baustein für die Zwischenspeicherung von Energie zur bedarfsgerechten Erzeugung von Strom» sein könnte.

Bundesrat schlägt drei Massnahmen vor

Nachdem die WKK-Technologie in der Vergangenheit in der Schweiz ein kümmerliches Dasein fristete, verspricht der Bundesrat in seiner Botschaft ans Parlament, die WKK zu fördern, und zwar mit drei Massnahmen:

  1. Teilbefreiung von der CO2-Abgabe
  2. Eigenverbrauchsregelung auch für WKK-Anlagen
  3. Pflicht der Netzbetreiber, Elektrizität aus kleinen WKK-Anlagen abzunehmen und angemessen zu vergüten

Diese Grundsätzen unterstützt auch der WKK-Fachverband. Doch für Verbandspräsident Glauser sind die Ziele «noch nicht quantifiziert und lassen viele Fragen offen».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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4 Meinungen

  • am 19.09.2013 um 11:57 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Marti
    Was Sie hier anregen ist nicht durchführbar, weil die Summe der Energie-Verluste bei WKK-Anlagen zu gross sind, und die Wirtschaftlichkeit der Anlagen nicht gegeben ist.
    Ölheizungen mit einem Wirkungsgrad von 93 bis 95 % sind weit wirtschaftlicher als WKK- oder Wärmepumpen-Anlagen. Den Hinweis auf das allzu gefährliche CO2 können Sie ohnehin vergessen.
    Paul Bossert, Bau- & Energiefachmann, Basel-Stadt

  • am 19.09.2013 um 16:32 Uhr
    Permalink

    Herr Bossert scheint hier einiges miteinander zu vermischen. WKK-Anlagen, die die Abwärme vollumfänglich für Heizung, Warmwasser und thermische Prozesse nutzen, kommen auf identische Gesamtwirkungsgrade wie gute Heizkessel: 85-98%.
    Im Gegensatz zu Heizkesseln produzieren sie aber nicht nur Wärme, sondern einen Drittel Strom und zwei Drittel Wärme. Der Strom ist höchstwertige Energie, die wiederum für alle Energieanwendungen eingesetzt werden kann. Niedertemperaturige Wärme, 20-60 Grad Celsius, ist dagegen die unterste nutzbare Energieform. WKK ist deshalb eine zentrale Energieumwandlungstechnologie. Sie ermöglicht Energieeffizienz und den optimalen Einsatz der Energierohstoffe.

  • am 25.09.2013 um 13:29 Uhr
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    Herr Bossert scheint zu den Klimaskeptikern zu gehören, die beharrlich ignorieren, dass das Verbrennen der fossilen Kohlenstoffvorräte keine Option ist. Die sind nämlich so gross, dass wir damit das Ökosystem gleich mehrmals zerstören könnten.
    Dieselbe Gefahr läuft allerdings auch die WKK-Lobby. Schiefergas lässt grüssen. WKK-Anlagen sind nicht gut, sie sind nur weniger schlecht als reine Gas- und Ölheizungen.
    Fossiles Heizen soll man nicht fördern. Seine schlechtesten Formen soll man verbieten, die weniger schlechten (wie WKK) mit CO2-Steuern belasten. Den Rest erledigt der Strommarkt, der vielleicht in Zukunft Winterstrom aus WKK wirtschaftlich macht. Vielleicht aber auch nicht – wenn nämlich gut isolierte Häuser gebaut werden, die erneuerbar (mit Holz und Sonne) beheizt werden.

  • am 25.09.2013 um 15:30 Uhr
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    Es ist ja schon eigenartig, Herr Glauser und Herr Buser scheinen gemeinsam entscheiden zu können, dass ich scheinbar etwas vermische oder scheinbar zu den Klimaskeptikern gehöre. Damit wird man scheinbar in eine Schublade gestossen und predigt dann den eigenen Mainstream ohne sich mit der Realität zu befassen.
    Herr Buser scheint nicht zu wissen, dass ich ein Pionier der modernen Wärmedämmtechnik bin und vor jahrzehnten herausgefunden habe, warum unsere Energiegesetze im Bauwesen falsch sind. Es scheint, dass Herr Buser keine Ahnung davon hat, dass, wenn man im Jahr 1975 auf mich gehört hätte, man heute nur halb soviel an Heizenergie verbrauchen würde, als es gegenwärtig der Fall ist. Wenn sich in der Schweiz jemand aktiv und mit hohem finanziellen Engagement mit Energieinsparung befasst hat, so heisst dieser Mensch ganz sicher nicht Buser und auch nicht Glauser, sondern Bossert. Wie man in der Heizerei weiter kommen könnte, weiss ich sehr genau, doch das interessiert niemanden in der Schweiz. Haben sich den die Herren Glauser und Buser denn je schon Gedanken darüber gemacht, wie man die römische Kondensationsheizung wieder einführen könnte, die bis vor dem römischen Klimaoptimum als das non plus ultra gegolten hat.
    Herr Glauser scheint auch nicht mehr zu wissen, dass ich in den Jahren 1975 bis 1985 einige TEA’s gebaut habe. Deshalb scheine ich mehr als zu wissen, warum das nicht kostendeckend funktioniert. Bekanntlich kann man alles zum laufen bringen, wenn man genug Kapital einsetzt. Wenn Herr Glauser einmal die Erfahrung mit 10 Grossanlagen gemacht hat wie ich, würde er sehr kleinlaut werden.
    Legen Sie mal die Daten Ihrer Anlagen auf den Tisch, dann sehen wir weiter. Aktuell versucht sich Herr ETH-Prof. Leibundgut an ähnlichen Systemen und die Gebäude von Herrn Toktor Chriesi in Wädenswil sind ja auch – gemäss EMPA-Untersuchungen ein Riesenflopp.
    Also meine Herren Glauser und Buser, ab zurück auf Feld 1 und von vorne beginnen, das scheint mir der einzige Rat zu sein, den ich Euch geben kann.
    Paul Bossert, Bau- & Energiefachmann, Basel

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