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Rindfleisch-Action von Coop: Per Flugzeug aus Uruguay © srf

WWF-Feigenblatt für eingeflogenes Rinds-Entrecôte

Kurt Marti /  Coop fliegt billiges Rinds-Entrecôte aus Uruguay ein und arbeitet für die CO2-Kompensation mit dem WWF zusammen.

Als das KonsumentInnen-Magazin Espresso von Radio SRF Ende Oktober berichtete, Coop biete billiges Rinds-Entrecôte für 4,50 Franken pro 100 Gramm an, das aus Uruguay eingeflogen werde, war die Empörung in den Kommentar-Spalten gross – auch weil Coop sonst mit Sprüchen wie «Taten statt Worte» oder «Ein Tier von hier» wirbt.

Tatsächlich ist das eingeflogene Rindfleisch gleich doppelt klimaschädlich: Zum einen wird durch das billige Rindfleisch der klimaschädliche Fleischkonsum in der Schweiz weiter angeheizt und zum anderen ist der Flugtransport mit hohen CO2-Emissionen verbunden.

WWF liefert Coop ein ökologisches Feigenblatt

Coop versuchte den Image-Schaden zu begrenzen und verwies dabei auf die Kooperation mit dem WWF: «Wir kompensieren seit 2007 den CO2-Ausstoss aller Flugtransporte von Produkten mit hochwertigen Kompensationsprojekten. Dazu arbeiten wir mit dem WWF zusammen.» Der WWF liefert also dem Detailhändler Coop das ökologische Feigenblatt für den klimaschädlichen Fleisch-Import aus Uruguay.

Und was sagt der WWF dazu? Auf Anfrage von Infosperber schreibt der WWF, es handle sich «nicht um ein Feigenblatt», weil der WWF die CO2-Kompensationen mit Coop nur dann unterstütze, «wenn ein positiver Klimaeffekt generiert wird, d. h. immer nach dem Prinzip vermeiden, reduzieren und dann erst kompensieren.»

Dies geschehe in einem «mehrschrittigen Prozess». Erst wenn die CO2-Reduktion und der Absenkpfad mit Coop vereinbart seien, könne der verbleibende CO2-Ausstoss kompensiert werden. Im Gegensatz dazu würden bei den gängigen CO2-Kompensationen von Flugreisen die CO2-Emissionen nur neutralisiert, ohne diese jedoch zu reduzieren oder zu verhindern.

Im vorliegenden Fall werden die CO2-Emissionen zwar gemäss WWF-Angaben reduziert und kompensiert, aber nicht – was ohne weiteres möglich und auch sinnvoll wäre – verhindert. Denn der WWF verlangt von Coop die Reduktion und Kompensation von CO2-Emissionen, die gar nicht erst entstehen würden, wenn Coop diese Fleischimporte per Flugzeug unterlassen würde. Letzteres wäre – richtig kommuniziert – nicht nur dem Öko-Image von Coop förderlicher, sondern auch der Glaubwürdigkeit des WWF.

95 Prozent der CO2-Kompensationen im Ausland

Erstaunlich ist ebenfalls, wo die Projekte zur CO2-Kompensation im Auftrag von Coop stattfinden, nämlich laut WWF «zu 95 Prozent im Ausland».

Auch hier hat der WWF eine Antwort parat: Die Kompensations-Projekte fänden «grösstenteils im Ausland statt, weil sie innerhalb der Wertschöpfungskette von Lieferketten geschehen müssen und die Produzenten meist nicht in der Schweiz produzieren».

Bei Coop betrifft dies laut WWF die Lieferketten von «Bio- und Fairtrade-Reis, Fairtrade-Rosen, Fairtrade-Kakao, Bio- und Fairtrade-Kaffee». Diese Projekte fänden «in Regionen um und mit den lokalen Produzenten statt, welche Coop beliefern, u. a. in Indien, Tansania, Ghana, Kenia, Ecuador und Honduras».

Firmen spülen 5,2 Millionen in die WWF-Kasse

Solche Kompensations-Projekte unterhält der WWF «nur mit Coop», weil der WWF diese Projekte «nur mit Unternehmen durchführt», mit denen er «eine strategische Partnerschaft führt».

Neben der strategischen Partnerschaft mit Coop und auch Migros listet der WWF auf seiner Internet-Seite weitere elf Firmenpartnerschaften auf. Sämtliche Firmenpartnerschaften spülen dem WWF jährlich rund 5,2 Millionen Franken in die Kasse, was rund 12 Prozent der gesamten Einnahmen ausmacht, wie dem WWF-Leistungsbericht Firmenpartnerschaften zu entnehmen ist.

Coop und Migros sind die Firmenpartner mit den höchsten finanziellen Beiträgen. Sie zahlen je 1’000’000 bis 3’000’000 Franken. Gefolgt werden sie von der SV Group mit 250’000 bis 500’000 Franken und von Swisscom, Lidl, iwb, Ikea, Emmi, Denner und der Post mit je 100’000 bis 250’000 Franken, Micarna mit 50’000 bis 100’000 Franken sowie Bell und Bianchi mit je 50’000 Franken.

Übrigens: Mit Bell und Micarna zahlen auch jene beiden Fleischvermarkter ihren WWF-Beitrag, die über die Werbe-Plattform Proviande mit sechs Millionen Bundessubventionen für mehr klimaschädlichen Fleischkonsum werben (siehe Infosperber: So fleissig melken die Bauernlobbyisten den Staat).

Zudem wird der WWF von cornercard mit 250’000 bis 500’000 Franken, von der Zürcher Kantonalbank mit 50’000 bis 100’000 Franken sowie von der UBS und von sympany mit je bis 50’000 Franken gesponsert.

WWF: «Nicht von diesen Unternehmen abhängig»

Fast jeder achte Franken der WWF-Einnahmen stammt also von den Partnerfirmen. Deshalb liegt die Frage auf der Hand: Stellen diese Partnerschaften und folglich diese Nähe zur Wirtschaft nicht die Unabhängigkeit des WWF in Frage?

«Nein», gibt sich der WWF auf Anfrage überzeugt: «Mit einem Anteil von 10 bis 12 Prozent am Gesamt-Ertrag ist der WWF nicht von diesen Unternehmen abhängig und kann jederzeit aus einer Partnerschaft aussteigen. Der WWF berät und begleitet diese Unternehmen darin, wie sie ihre Umweltziele und das -management ausbauen und verbessern können. Wir sind der Meinung: Diese Arbeit sollen nicht unsere Spender und Mitglieder bezahlen.»

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

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4 Meinungen

  • am 2.12.2019 um 14:59 Uhr
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    Klassische Demonstzration von Greenwashing. Der WWf ist für mich schon lange nicht mehr glaubwürdig – seit er an einem runden Tisch zum Thema Palmöl unehrliche Zertifikate lieferte. Auch das hier im Artikel beschriebene Verhalten is alles andere als vertrauenswürdig – weder seitens des WWF noch von Migros und Coop. Danke für die Aufklärung!

  • am 2.12.2019 um 15:17 Uhr
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    Als ehemaliger Präsident des WWF Aargau und ehemaliges Mitglied der Kreativgruppe des WWF Schweiz haben wir solche «Sponsorings» immer wieder kritisiert. Was im Bericht nicht erwähnt wird, dass viele kleine Unternehmen nachhhaltiger Handeln als die erwähnten Unternehmen. Diese können sich solche «Sponsorings» meist schlicht nicht leisten und werden vom WWF nicht bekannt gemacht. Es werden nicht die Best in Class vom WWF unterstützt, sondern die Best in Money. Spannend finde ich, dass jemand der dem SES nahe steht die Problematik thematisiert. Bei der Subvention der Stromproduktion arbeiten der WWF und SES zusammen. Beide machen Unternehmen, die den Strombedarf entschwenden nicht bekannt.

  • am 2.12.2019 um 20:21 Uhr
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    Dass ein Entrecôte auf dem Luftweg von Südamerika zu uns kommt, ist natürlich unschön. Aber ob an diesem paraguayischen Stück Rindfleisch tatsächlich mehr fossiler Kohlenstoff klebt als an einem Schweizer Rindfleisch (zu grossen Teilen gefüttert mit Soja aus Südamerika, darum ist da die Beilage ja auch schon drin), sollte man schon genau nachrechnen. Dass sich der WWF für solche Übungen hergibt, erstaunt hingegen nicht wirklich.

  • am 3.12.2019 um 22:24 Uhr
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    Die Umweltorganisation sollten sich endlich für eine CO2 Abgabe auf allen Energieträgern von mindestens 210 Franken pro Tonne CO2 einsetzen. Zudem: Alle Gebäude, Unternehmen, Institutionen sind ab 2030 CO2 neutral. Wer das Ziel übertrifft erhält einen Bonus. Wer das Ziel verfehlt, bezahlt einen Malus von 30 Franken pro Tonne CO2. Weiter: Bis 2030 werden mindestens 50 TWh Solar- und Windenergie im In- und Ausland zugebaut.

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