Kommentar

USA verteidigen Demokratie in Hongkong – schön wär’s!

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Die USA drohen China mit Sanktionen, falls die Demokratie nicht respektiert wird. Doch leider geht es nicht um Demokratie.

«The Hongkong Human Rights and Democracy Act» heisst das Gesetz, das der US-Senat und das Repräsentantenhaus mit überwältigenden Mehrheiten angenommen haben. Ein Veto Präsident Trumps wäre mit einer Zweidrittelsmehrheit leicht überstimmt worden, weshalb Trump nichts anderes übrig blieb, als das Gesetz in Kraft zu setzen. Dieses erlaubt Sanktionen in Form von Eigentumkonfiskationen und Visaverweigerungen gegen Personen, die für Verletzungen von Menschenrechten verantwortlich sind. Und es verlangt, dass in Hongkong generell «amerikanische Interessen gewahrt» bleiben, «einschliesslich» das Verhindern von Auslieferungen von US-Bürgern nach China.

Was gibt es Erfreulicheres, als demokratische Bewegungen überall zu unterstützen und sich dort mit Sanktionen einzumischen, wo grundlegende demokratische Rechte verletzt werden.
Was gäbe es Erfreulicheres, als wenn Repräsentanten demokratischer Ländern bei Besuchen in diktatorisch regierten Staaten die dortigen Verletzungen von Menschenrechten und die dortige Willkür der Justiz jeweils nicht nur «ansprechen» oder «zur Sprache bringen», sondern laut anprangern und mit diesen oft korrupten Machthabern keine lukrativen Geschäfte zugunsten von Investoren und Exporteuren einfädeln würden.

Doch weit gefehlt. Den jeweiligen Grossmächten geht es seit eh und je um das Erhalten und Ausdehnen ihres Machtbereichs und ihrer Einflusssphäre. Zu diesem Zweck paktierten und paktieren die USA genauso mit Diktaturen, wie es Diktaturen mit demokratischen Ländern tun, wenn es ihren Interessen dient.

In Fall von Hongkong unterstützen und finanzieren US-Institutionen (namentlich das «National Endowment for Democracy») Oppositionsgruppen. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi empfing im Capitol drei Exponenten der Pro-Demokratie-Bewegung. Vizepräsident Mike Pence gelobte Unterstützung für die asiatische Insel der Rede- und Meinungsfreiheit. Das neue Gesetz, das US-Sanktionen erlaubt, macht keinen Unterschied zwischen der Verletzung von demokratischen Rechten und Menschenrechten.

Dieser Einsatz für Demokratie tönt allzu schön und ist leider eine Augenwischerei: In allererster Linie geht es den USA weder um das Verteidigen von demokratischen noch von Menschenrechten. Es geht ihnen vielmehr darum, dem Grossmachtsgegner China eins auszuwischen und ihn zu schwächen.

Das zeigt sich darin, dass die USA Diktaturen in Staaten tolerieren und unterstützen, die Demokratie- und Menschenrechte noch viel stärker verletzen als China. Denn in solchen Staaten, und das hat für die US-Regierung Vorrang, kann die US-Rüstungsindustrie lukrative Geschäfte machen.

Immerhin hat in Hongkong der Oberste Gerichtshof das von der Regierung verhängte Vermummungsverbot am 18. November wieder aufgehoben. Der Rechtsstaat funktioniert dort noch viel besser als etwa in Saudi-Arabien, Pakistan oder Ägypten, um nur drei Beispiele grosser Staaten zu nennen, welche allerdings den strategischen Interessen der USA weitgehend entgegenkommen.
Die Diktatur von as-Sisi in Ägypten ist noch willkürlicher, grausamer und repressiver als die alte von Präsident Mubarak. Kürzliche Protestbewegungen in diesem Land stiessen in den USA aber auf keinerlei Sympathien.
Das gleiche gilt für die Diktaturen in Pakistan und Saudi-Arabien.
Wo bleiben die Gesetze «The Pakistan Human Rights and Democracy Act» und «The Saudi Arabia Human Rights and Democracy Act»?


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor hatte in Genf das Studium der Internationalen Beziehungen und des Völkerrechts abgeschlossen.

Zum Infosperber-Dossier:

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US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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3 Meinungen

  • am 29.11.2019 um 18:15 Uhr
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    Interessanter Artikel. Ich würde sogar sagen dass die USA selber die Menschenrechte schwer verletzten wenn es in der Situation gerade so passt (Snowden, Manning, Folter, Drohnenmorde, Angriffskriege, Regierungsumstürze,…).

    Ich frage mich wozu man überhaupt eine UNO Charta oder Menschenrechte eingeführt hat, wenn die Länder die am meisten mit dem Finger auf andere zeigen diejenigen sind die entweder dagegen verstossen oder solche Sachen noch nicht ratifiziert haben. Alles nur sinnloses Geschwätz. Brot und Spiele.

  • am 29.11.2019 um 23:08 Uhr
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    USA verstößt mit US Steuergeldern gegen Gesetze in vielen weiteren Gegenden der Welt !
    Es werden Gelder der Steuerzahler veruntreut und gegen geltendes Recht der USA verstoßen.
    Mehr dazu siehe Aussage des langjährigen Abgeordneten der Repubikaner Ron Paul:

    "National Endowment for Democracy (NED) ist eine US-amerikanische Stiftung und Denkfabrik mit dem erklärten Ziel der weltweiten Förderung der liberalen Demokratie. Sie wurde 1983 vom US-Kongress in Washington, D.C. gegründet und erhält von diesem für ihre Arbeit eine jährliche Finanzierung aus dem US-Bundeshaushalt.
    .
    .
    Im Oktober 2003 kommentierte das Mitglied der Republikanischen Partei Ron Paul die Aktivitäten des NED wie folgt: «Was die NED in fremden Staaten unternimmt, wäre in den USA illegal. (…) Es ist orwellianisch zu behaupten, US-Manipulationen von Wahlen in fremden Staaten würde die Demokratie befördern. Wie würden die Amerikaner reagieren, wenn die Chinesen mit Millionen von Dollar bestimmte pro-chinesische Politiker unterstützen würden? Wäre das eine ‹demokratische Entwicklung›?""

    https://de.wikipedia.org/wiki/National_Endowment_for_Democracy

  • am 3.12.2019 um 07:00 Uhr
    Permalink

    Wer die Bilder der Polytechnischen Universität von Hongkong anschaut, oder die Videos wie bewaffnete Vermummte einen Polizisten jagen, zu Boden ringen, mit Eisenstangen und Hammer (!) auf Körper und Kopf eindreschen bevor ein daneben stehender Kollege einen der Angreifer mit einer Pistole verletzt (aber nicht tötet), oder das Video wie ein Polizist mit einem Messer in den Hals gestochen wird, oder ein Gegner der Randalierer mit einer Flüssigkeit übergossen und angezündet wird (er ist noch immer schwer verletzt im Spital), der kann doch nicht länger behaupten, es seien da nur harmlose Studenten und Demokratieaktivisten unterwegs.
    Wer noch zweifelt, dass auch die Köpfe der Bewegung hinter solcher Gewalt stehen, dem sei dieses Interview empfohlen, von der Deutschen Welle, also sicher keinem Russisch-Chinesischen Propaganda-Organ: https://m.weibo.cn/status/4437832909037361
    Sputniknews ist keine top verlässliche Quelle, aber hier sollten die Qualitätsmedien doch mal Fakt-Checken: die ebenfalls von der NED unterstützten Neonazis aus der ukrainischen Revolte sollen in Hongkong gesichtet worden sein. https://sputniknews.com/asia/201912021077466396-why-are-ukrainian-neo-nazis-joining-the-hong-kong-protests/

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