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Ist gut für ExxonMobile auch gut für das Land? © C-Span

Zweierlei Mass

Red. /  Scharfe Kontrolle bei Entwicklungshilfe - viel Vertrauen bei den Geschäften: Der neue US-Aussenminister über Korruption im Süden.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Chef eines Grosskonzerns Mitglied einer US-Regierung wird. Mächtige Bankiers wurden sowohl in demokratische als auch in republikanische Kabinette berufen, Industriemanager wechselten fliegend in Ministerämter. «Was gut ist für General Motors ist gut für das Land», hatte der ehemalige GM-Chef Charles «Engine Charlie» Wilson erklärt, als er im Jahr 1953 Verteidigungsminister wurde.

Heute muss man anders reden. Die Mannschaft von Präsident Donald Trump – mit drei Milliardären die wohlhabendste der Geschichte – gibt sich Mühe darzustellen, wie viel Isolation sie zwischen der Vergangenheit und ihren neuen Rollen einzieht. Aber aus der Haut schlüpft keiner.
Der ins Auge stechende Fall ist Rex Tillerson. Bis Ende Jahr war er der oberste Chef von ExxonMobil, der grössten Ölgesellschaft der Welt und in allen Kategorien unter den ersten zehn Unternehmen überhaupt. ExxonMobil operiert global, und dies in einem Bereich, der die betroffenen Gesellschaften fatal trifft. Oel ist in der Einschätzung zahlreicher Ökonomen kein Segen für die Orte, in denen es gefunden wird, sondern öfter ein Fluch. Seine Auswirkungen sind Privilegien für wenige, wirtschaftliche Stagnation für den Rest, Korruption, Autoritarismus, Missachtung von Menschenrechten.

Als Aussenminister wird Tillerson die Spannung zwischen wirtschaftlichen Interessen und amerikanischen «Werten» aushalten und darstellen müssen, wo die Trump-Administration die Grenze zieht. Einen ersten Einblick gab das Anhörungsverfahren vor dem aussenpolitischen Ausschuss des US-Senats, der Tillersons Nominierung bestätigen muss. Am Thema Korruption offenbarte sich, dass mit zwei Ellen gemessen wird – eine millimetergenaue für die Verteilung von Hilfsgütern und Entwicklungshilfe im Welt-Süden, und eine weitere für den Abschluss von Geschäften dort.

Vorsicht vor dem Staat
Der erste Aspekt kam von rechts. «Es gibt viele, viele Berichte über Korruption bei der Entwicklungshilfe», sagte der republikanische Senator Rand Paul, ein Skeptiker aus Prinzip. Er verwies auf die märchenhaften Reichtümer von Herrscherfamilien in Empfängerländern, die Mubaraks in Ägypten («sahnten alles ab, was ins Land kommt») und die Nguemas in Äquatorialguinea.
Der neue Minister zeigte Verständnis: «Senator, ich weiss, und ich habe in meiner früheren Tätigkeit Beispiele von dem gesehen, das Sie erwähnen. Sogar Katastrophenhilfefälle, wo ausländische Nahrungsmittelhilfe eingeflogen wird und beim Ausladen auf dem Flugplatz von Militär zum Verkauf weggebracht wird.» Das Problem sei nicht die Hilfe selbst. «Die Herausforderung liegt immer in der Durchführung. Es ist wichtig, dass wir gut entwickelte Ausführungspläne haben, wenn wir Hilfe in ein Land bringen.» Bei der Katastrophenhilfe sei zu prüfen, «ob es andere Agenturen gibt, mit denen wir zusammenarbeiten können, um solchen Diebstahl zu begrenzen». Und bei der Entwicklungshilfe müsse Geld «nicht direkt an Regierungen» gezahlt werden, sondern «an bestimmte Projekte oder Partneragenturen oder öffentlich-private Initiativen, die vielleicht von einer glaubwürdigen NGO ausgeführt werden» – dies alles, «damit das Geld gar nicht erst durch jene Hände geht». In einem Satz: Den Empfängerstaat umgehen und genau hinschauen, mit wem man sich ins Bett legt.

Was ich nicht weiss…
Galt das auch für die Firma ExxonMobil, wollte Senator Jeff Merkley, ein Demokrat aus Oregon wissen? Auch in Aequatorialguinea, wo ExxonMobil Öl fördert und die Tantiemen an Konten der Präsidentenfamilie Nguema bezahlt, die «ausserordentlich reich» ist? Er kenne das Problem, sagte Tillerson. Es sei aber vom Rechtsausschuss des US-Senats untersucht worden, und es gebe «keinen Befund, dass Exxon etwas Unrechtes getan oder Gesetze gebrochen hat». Die Firma habe wie überall Ausbeutungsrechte abgegolten und Steuern bezahlt – «nicht anders als wie wir es bei der Förderung auf Staatsland hier in den USA tun».
Der Rest sei nicht Sache der Exxon: «Was die Regierung mit diesem Geld tut, ist Sache der Regierung. Klar, die US-Regierung verteilt diese Gelder verantwortungsvoll. Nach meinem Verständnis tun es einige Länder nicht.» Alles in allem jedoch sei die Tätigkeit des Ölkonzerns in einem Land wie Äquatorialguinea von Gutem, meinte Tillerson: «Aufs Ganze gesehen, gibt es positive Nutzen für das Volk im Land, weil Beschäftigung geschaffen wird. Ich sage nicht, dass dies die Korruption weniger schlimm macht, aber es gibt einen Nutzen, und amerikanische Werte sind im Land präsent.»
Falsch, erwiderte Merkley. Das US-Ausseninisterium auch unter der Bush-Administration habe in seinen jährlichen Berichten festgestellt, dass der Ölreichtum die Bevölkerung Äquatorialguineas nicht erreiche. Und überhaupt – was sei mit den direkten Zahlungen an den Nguema-Clan? Hier wurde Rex Tillerson kurz: «Nach meiner Erinnerung», sagte er, «wurde alles untersucht, es wurden keine Gesetzesverletzungen gefunden.» Überhaupt nehme Exxon Mobil die – amerikanische – Gesetzgebung sehr ernst und habe «Prozesse» installiert, welche die «compliance» sicherstellten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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Eine Meinung zu

  • am 16.01.2017 um 12:20 Uhr
    Permalink

    auch hier zeigt sich letztendlich das Überstülpen eigener Meinung im Giesskannenprinzip über andere Länder und Kulturen. Ganz nach dem Motto, fühle und denke gefälligst so wie ich es tue. Erfahrungen aus Erkenntnisprozessen lassen sich niemals überstülpen, ohne den Betroffenen die Selbstbestimmung und Selbstkontrolle zu rauben. Es wird so nur wieder ein weiteres Kapitel der unendlichen Wiederholungen eröffnet ganz nach dem Motto: bist du nicht willig brauch ich Gewalt.

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