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1.-August-Grüsse vom Team der Schweizer Botschaft in Colombo, Sri Lanka. © EDA

Social distancing bringt die Welt in die Schweiz

Monique Ryser /  Weil die Schweizer Botschaften im Ausland nicht zum 1. August einladen können, feiern sie via Videobotschaften. Das ist sehenswert.

In der Schweiz können wir uns über die «grösste Schweizerfahne der Welt» (80 mal 80 Meter) am Säntis freuen. Wir können den Blick aber auch über die Berge hinaus in die Welt richten: Insgesamt 170 Botschaften, Generalkonsulate, Kooperationsbüros und Missionen bei internationalen Organisationen unterhält die Eidgenossenschaft über den Erdball verteilt. Zu Beginn der Corona-Krise haben sie in einem Sondereffort massgeblich dazu beigetragen, dass rund 7000 Schweizer Touristinnen und Touristen im Rahmen der grössten Rückholaktion in ihre Heimat zurück geführt werden konnten.
Die Schweiz unterhält aber nicht nur Vertretungen im Ausland: Rund elf Prozent der Schweizer Bevölkerung gehören zur sogenannt Fünften Schweiz. In Zahlen sind das immerhin 770’000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Wäre die Fünfte Schweiz ein Kanton, wäre es nach Zürich, Bern und Waadt der viertgrösste des Landes.

Normalerweise feiern die Schweizer Botschaften den 1. August mit einem grossen Fest. Da gibts dann Käse, Cervelats, Schweizer Weine, Schokolade und – je nach Gusto – zum Würzen Aromat, Cenovis oder Thomy-Senf. Eingeladen werden Auslandschweizerinnen und -schweizer und lokale Honorationen.


Ein Schweizer Kreuz aus Blumen im Garten der Schweizer Botschaft in Tirana, Albanien. (Bild: EDA)

Doch dieses Jahr gilt: Gruppenansammlungen sind zu meiden, gefeiert wird digital. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten hat über Präsenz Schweiz die Website www.missione1agosto.org aufbauen lassen und die Botschafterinnen und Botschafter um eine Videobotschaft gebeten.

Ein Blick hinter die Kulissen
Was als Party-Ersatz für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer gedacht war, ist zu einem einmaligen Fenster in die Welt geworden. So verschieden die Menschen in der Schweiz sind, so verschieden sind auch die Frauen und Männer, die die Schweiz auf dem diplomatischen Parkett vertreten. Da bäckt Botschafterin Rita Hämmerli in Ecuador eine Züpfe, der Chargé d’affaire in Haiti, Fabrizio Paretti, kocht Risotto, Rita Adam, Gesandte in Italien, zeigt «panini speciali», also 1.-August-Weggen, und Botschafterin Edita Vokral in Bolivien spricht über die Diversität von Kartoffeln, die ursprünglich aus ihrem Gastland stammen und über die Jahrhunderte in der Schweiz zum Nationalgericht Rösti wurden.


Botschafterin Monika Schmutz Kirgöz in der alten Bahnstation Mar Michael in Beirut. (Bild: EDA)

Wir erfahren, dass in Tiflis, der Hauptstadt von Georgien, am 1. August der TV-Turm in den Schweizer Farben beleuchtet wird. Oder dass beim alten Bahnhof in Beirut, Libanon, antike Loks stehen, die 1893 von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur nach Beirut geliefert wurden. Botschafterin Monika Schmutz Kirgöz wollte hier ihren Empfang geben, nimmt die Videobotschaft nun aber zum Anlass, im von Korruption und Wirtschaftskrise gebeutelten Libanon über das Recht auf Demonstrationen und gute Regierungsführung zu sprechen. Der Gesandte in Iran erinnert an 100 Jahre diplomatische Beziehungen und der Botschafter von Albanien an 50 Jahre Zusammenarbeit mit dem Land im Balkan. Botschafter Adrian Maître lobt in Tirana die Resilienz der Menschen seines Gastlandes und wie sie nicht nur mit der Pandemie, sondern auch mit dem Erdbeben vom letzten Jahr umgegangen sind.


Jeffrey Provencal in Ghana: «D Schwiiz isch immer no mini Heimat.» (Bild: EDA)

Philipp Stalder, zuständig für Ghana, Togo und Benin, ergreift die Gelegenheit aus Anlass von 60 Jahren diplomatischer Beziehungen Schweizer zu zeigen, die in Ghana Arbeitsplätze schaffen. Yayra Glover baut Bio-Kakao an und Jeffrey Provencal hat eine PET-Recycling-Firma aufgebaut. «D Schwiiz isch immer no mini Heimat», sagt Jeffrey aber bestimmt. Auch die Aussenministerin von Ghana, Shirley Ayorkor Botchwey, kommt zu Wort und wünscht der ganzen Schweiz «a happy National Day».

Der Schweizer Botschafter in Yaoundé, zuständig für Kamerun, Äquatorialguinea und die Zentralafrikanische Republik, ruft die Landsleute auf, die Hymne zu singen und sie unter @SwissAmbYaounde zu posten. Um zu zeigen, was er meint, singt Pietro Lazzeri gleich selber eine Strophe vor.
Alain Gaschen (Bild) auf den Philippinen punktet mit einem social media Video. In Den Haag bläst Heinz Walker-Nederkoorn das Alphorn, und Olaf Kjelsen in Athen macht eine Reise zu den Ursprüngen der Demokratie im alten Griechenland. Yasmine Chatila Zwahlen spricht in Canberra zu den rund 25’000 Schweizerinnen und Schweizern in Australien. Sie führt die Botschaft in einer Co-Leitung mit ihrem Mann Pedro Zwahlen – der ist aber gerade in Corona-Quarantäne, da er soeben aus der Schweiz nach Australien zurückgekehrt ist.

«Fröhliche Bundesfeier anyway»
Am anrührendsten ist das Video des Botschaftsteams in Colombo, zuständig für Sri Lanka und die Malediven. Nach einer kurzen Rede von Hanspeter Mock singen und spielen die Angehörigen der Schweizer Vertretung ein selbst komponiertes und getextetes Lied: «From the Team of the embassy, to you all over the country, in these times of social distancing, face masks and hand washing, we send you this message through the digital space: happy an safe National Day, fröhliche Bundesfeier anyway, originale fête nationale en digitale, Buona Festa Nazionale a tutti.»
Es ist die Hymne des Jahres 2020. Made in Sri Lanka, exklusiv für die Schweiz. Anhören und nachsingen!


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4 Meinungen

  • am 1.08.2020 um 11:42 Uhr
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    ‹Gruppenansammlungen sind zu meiden, gefeiert wird digital.›

    Das macht man, um körperliche Distanz zu halten, nicht um sich sozial zu distanzieren. Letzteres macht man gerade nicht. Es darf wegen einer Epi-/ Pandemie nicht zur Bildung sozialer Gräben kommen. ‹Social distancing› ist ein Unwort.

  • am 2.08.2020 um 18:53 Uhr
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    Es wird so getan als ob Social Distancing eine Tugend sei.
    Ich sehe den Mensch als soziales Wesen, Nähe zu zu Familie, Freunden oder Bekannten ist eine grundlegende Eigenschaft.
    Diese sollen wir nun aufgrund einer äusserts diffusen Grundlage aufgeben.
    Eine kritische Haltung ist angesagt, dieses Social Distancing muss hinterfragt werden.
    Da aus meiner Sicht der Nutzen nicht erwiesen ist.
    Die PR Kampagnen der Behörde halte ich für manipulativ.

  • am 3.08.2020 um 18:56 Uhr
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    Ich empfinde es als ermüdend, wenn angestrengt die angeblichen Vorteile des «social distancing» gesucht und besungen werden.

    "Social distancing» ist eben sehr wohl ein treffender Begriff. Natürlich ist es zunächst ein physisches Abstandhalten. Aber dieses beschädigt unweigerlich die sozialen Beziehungen. Das sollte man nicht schönreden. Man muss die Nachteile der Pandemiemassnahmen benennen und in die Abwägungen mit einbeziehen. Sonst werden wir diese bis in alle Ewigkeit fortführen. Denn irgend ein Restrisiko durch ein Virus, heisse es nun Corona oder sonstwie, wird es immer geben.

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