Jermey_Corbyn_BBC

Der neue Labour-Leader Jeremy Corbyn © BBC

Neuer Labour-Führer sprach und spricht Klartext

Red. /  Jeremy Corbyn war schon immer gegen die Kriegsteilnahme in Afghanistan, Irak, Syrien oder Libyen. Er will Grossbritannien abrüsten.

Für die Sonntags-Zeitung ist es ein «altmodischer Rebell», der in Grossbritannien mit grosser Mehrheit zum neuen Chef der Labour-Partei gewählt wurde.

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Titel in der Sonntags-Zeitung vom 13. September 2015

«Altmodisch»? Der 66-jährige Jeremy Corbyn hatte sich mit seinem Parteigenossen Premierminister Tony Blair angelegt und die britische Teilnahme am völkerrechtswidrigen Einmarsch in den Irak verurteilt. Vorher kritisierte er die Teilnahme am Krieg in Afghanistan, nachher die Bombardierungen in Libyen und Syrien.
«Altmodisch»? Corbyn will ein Grossbritannien ohne eigene Atomwaffen und einen Austritt aus der Nato.
«Altmodisch»? Der neue Labour-Chef will die privatisierten, schlecht funktionierenden britischen Eisenbahnen wieder in staatliche Hand bringen – wie es die SBB oder die Deutsche Bundesbahn zu 100 Prozent sind.
«Altmodisch»: Corbyn will die ausgeprägte britische Zweiklassengesellschaft etwas gerechter gestalten.

Resultat der Wahl des neuen Labour-Chefs: 59,5% aller Stimmen
Einige Originalzitate des neuen Labour-Chefs

Zum Krieg in Irak: «The issue of the Iraq war simply won’t go away. Those who supported the war claimed it would be a quick military victory followed by an easy peace and a democratic Iraq. The reality has been that there was no legal basis for the war, and that whilst technical superiority was always going to ensure an easy invasion, the chaos of Iraq has followed.»

Über Libyen: «The whole history of Libya – and indeed the rest of north Africa – is of selective colonial interference, historically appalling abuses of human rights and racism towards the peoples of the whole region. Libya has massive oil resources, as does Saudi Arabia, and it is the thirst for resources in the 21st century that has driven Western policy in exactly the same way that the imperial requirement of trade routes from Europe to India and the Far East drove policy in the 19th and early 20th centuries.»

Zu Syrien und dem IS: «I don’t think going on a bombing campaign in Syria is going to bring about their defeat. I think it would make them stronger. I am not a supporter of military intervention. I am a supporter of isolating ISIS and bringing about a coalition of the region against them.»

Zur Nato: «More than 60 years of NATO membership has brought us enormous levels of military expenditure and, by our close relationship with the US through NATO and the Mutual Defence Agreement, involved us in countless conflicts…NATO has sought to expand since the end of the Cold War. It has increased its military capability and expenditure. It operates way beyond its original 1948 area and its attempt to encircle Russia is one of the big threats of our time.»

Zum Aufdrehen des Geldhahns der Notenbank: «I want quantitative easing for people to fund infrastructure, rather than for banks.»
Zur sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit: «Taxes for all: Let the broadest shoulders bear the biggest burden to balance the books.»

Zur EU und der Behandlung von Griechenland: «We cannot be content with the state of the EU as it stands. But that does not mean walking away, but staying to fight together for a better Europe…If Europe becomes a totally brutal organisation that treats every one of its member states in the way that the people of Greece have been treated at the moment, then I think Europe will lose a lot of support from a lot of people».

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6 Meinungen

  • am 14.09.2015 um 16:45 Uhr
    Permalink

    Besten Dank für diese klärenden Corbyn-Zitate! Altmodisch ist vielmehr, wenn die Folgen der vom Neoliberalismus verursachten Finanzkrise 2008 mit der gleichen neoliberalen Politik (Austerität, Deregulierung, Privatisierung etc.) bewältigt werden soll. Aussichtslos und eine Tortur für die arbeitende oder arbeitsuchende Bevölkerung. Altmodisch ist auch, dass seit den 80er Jahren systematisch das sozial ausgleichende Erfolgsmodell der Nachkriegszeit mit Marktradikalismus verdrängt wird, der sich am 19. Jahrhundert orientiert. Umso ärgerlicher ist deshalb Mainstreamjournalismus, der eine kluge Analyse verweigert. Ist man altmodisch, wenn man sich den Qualitätsjournalismus der 70er Jahre zurückwünscht. Da bin ich gern altmodisch.

  • am 14.09.2015 um 21:09 Uhr
    Permalink

    Altmodjsch sind nur die sozialistischen Umverteilungsrezepte des neuen Labourchefs. Und nicht konsequent ist der Mann, wenn er aus der Nato austreten und in der EU bleiben will. Ist dies der neue Koenigsweg Grossbritanniens?

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 20.09.2015 um 20:29 Uhr
    Permalink

    Jeremy Corbin ist kein Star. Das könnte seine Chance sein im Vergleich zu Varoufakis, der heute nur noch die stalinistischen Kommunisten und die sektiererischen Syriza-Abweichler unterstützen mag, statt sein intellektues Potential auf den mahnenden Einzelgänger zu fokussieren. Noch interessant ist, dass sich bei Tsipras möglicherweise ein Kompromiss mit dem Bürgertum abzeichnet, ohne das in Griechenland wohl wirtschaftlich nichts geht. Gefahr der Blockade bleibt indes bestehen. Jeremy Corbin seinerseits läuft Gefahr, als Vertreter der reinen Lehre ewiger Oppositionsführer zu bleiben. Dass er in der EU bleiben will, ist konsequent, weil Geldausgeben dort am wenigsten Probleme verursacht und mit der Druckmaschine kompensiert werden kann, nach dem absehbaren Abgang Schäubles erst recht.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 20.09.2015 um 20:29 Uhr
    Permalink

    Jeremy Corbin ist kein Star. Das könnte seine Chance sein im Vergleich zu Varoufakis, der heute nur noch die stalinistischen Kommunisten und die sektiererischen Syriza-Abweichler unterstützen mag, statt sein intellektues Potential auf den mahnenden Einzelgänger zu fokussieren. Noch interessant ist, dass sich bei Tsipras möglicherweise ein Kompromiss mit dem Bürgertum abzeichnet, ohne das in Griechenland wohl wirtschaftlich nichts geht. Gefahr der Blockade bleibt indes bestehen. Jeremy Corbin seinerseits läuft Gefahr, als Vertreter der reinen Lehre ewiger Oppositionsführer zu bleiben. Dass er in der EU bleiben will, ist konsequent, weil Geldausgeben dort am wenigsten Probleme verursacht und mit der Druckmaschine kompensiert werden kann, nach dem absehbaren Abgang Schäubles erst recht.

  • am 20.09.2015 um 20:56 Uhr
    Permalink

    Auf jeden Fall kommt Premierminister David Cameron mit der Wahl Corbin zusätzlich in die Bedrouille. Da kann er wohl froh sein, dass das schottische Referendum keinen Erfolg hatte. Aber vielleicht «kipt» ja Ukip das EU-Referendum!

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 27.09.2015 um 00:00 Uhr
    Permalink

    Jeremy Corbin hat sich nun neuerdings des Gruppe der 9/11-Leugner, wenngleich nicht gerade der Radikalsten unter den Verschwörungstheoretikern, angeschlossen. Es zeigt seine Prioritätensetzung bei der Lösung der Weltprobleme, einschliesslich der sozialen. Hoffentlich endet er nicht vergleichbar in der Isolation wie im Moment der frühe Star dieses Jahres, auf den Infosperber seinerseits sehr setzte, Iannis Varoufakis. Gerne hoffe ich, Corbin habe sich bloss skeptisch zur offiziellen Version von 9/11 geäussert und man habe seine Aussage sensationshascherisch verstärkt. Offizielle Versionen sind klar immer interessenbezogen, insofern nie reine und ungetrübte Wahrheit, nichts als die Wahrheit.

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