Sperberauge

15 Jahre Kesb, Herr Schwander?

Kurt Marti © Christian Schnur

Kurt Marti /  SVP-Nationalrat Pirmin Schwander attackiert die Kinderschutzbehörde Kesb, aber die gibt‘s erst seit Anfang 2013.

Einmal mehr läuft eine Strafuntersuchung gegen einen Politiker der SVP. Diesmal ist es der Schwyzer SVP-Nationalrat Pirmin Schwander. Er soll eine Mutter, die ihr Kind vor den Behörden versteckt hielt, bei ihrer Flucht unterstützt haben. Das berichtete die Rundschau von SRF.

Schwanders missionarischer Kampf gegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) war auch Thema des Rundschau-Interviews. Auf die Frage der Rundschau, was denn die Kesb in diesem Fall falsch gemacht habe, antwortete Schwander empört: «Die Frau hat eine 15-jährige Vergangenheit, in der alles schief gelaufen ist. Die Behörden und alle Massnahmen haben versagt.»

Dumm nur, dass es die Kesb erst seit Anfang 2013 gibt. Folglich fallen 11,5 Jahre der schiefgelaufenen Vergangenheit in die Zeit der Laienvormundschaft. Aber für diese Zeit vor 2013 kann die Kesb wirklich nichts.

Folglich ist Schwanders Kritik auch eine Kritik am alten System. Trotzdem möchte er mit einer Gesetzes-Initiative im Kanton Schwyz erzwingen, dass die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden wieder wie früher von den Gemeinden geführt werden.


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5 Meinungen

  • am 2.09.2016 um 10:22 Uhr
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    Die Diskussion um die KESB braucht es, denn die KESB verfügt über zu viel Macht und zu wenig Kontrolle. Diese Diskussion sollte darum so sachlich wie möglich geführt werden, unabhängig von personellen Auseinandersetzungen und Parteiengeplänkel. Wenn jemand mutig und Nachteile auf sich nehmend auf Missstände bei der KESB aufmerksam macht, sollte dies angemessen gewürdigt werden, auch dann, wenn es allenfalls Schwanders Anliegen ist, die Zustände vor der KESB wieder einzuführen. Vor der KESB waren die Zustände unhaltbar. Ich fürchte aber, die Situation ist weiterhin unhaltbar. Eltern die Kinder zu entziehen, sollte für Behörden extrem schwierig sein und eine ganz seltene Ausnahme.

  • am 2.09.2016 um 11:10 Uhr
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    Werter Herr Vogelsanger. Natürlich darf und muss eine Diskussion über die KESB geführt werden. Das Problem ist nur, dass diese Diskussion, auch nicht von den Medien, keine Chance darauf hat sachlich zu bleiben. Hinter jedem Entscheid der KESB stehen menschliche Schicksale, diese führen zu Emotionen und Emotionen werden gerade vom Boulevard gerne mal auf die Titelseite gebracht. Die KESB steht zudem vor der schwierigen Situation, dass sie sich aus rechtlichen Gründen nicht zu Einzelfällen äussern darf. Sie ist also jeweils die Angeklagte auf der Richterbank, die sich nicht wehren darf und kann. Und der mediale Schuldspruch ist sowieso bereits gefällt. Mit ihrem letzten Satz suggerieren Sie, dass es einfach wäre, jemandem die Kinder «wegzunehmen». Ich kann Ihnen versichern, dass dem mitnichten so ist. Immerhin sind die Leute welche diese Entscheide fällen auch mitfühlende Menschen, teilweise selbst mit Kindern. Aber es ist klar, gerade weil es Menschen sind, passieren auch Fehler. Diese gilt es aufzuarbeiten und daraus zu lernen – statt medial auszuschlachten.

  • am 2.09.2016 um 17:05 Uhr
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    Werter Herr Germann. ("Immerhin sind die Leute welche diese Entscheide fällen auch mitfühlende Menschen, teilweise selbst mit Kindern.") Menschen, ob mit oder ohne Kinder können bemerkenswert mitfühlend sein. Das stimmt. Sie können aber nachweislich auch extrem machtgierig und grausam sein, eigene Kinder hin oder her. Beispiele gibt es leider mehr als genug, auch dann, wenn kein Nutzen für die Peiniger erkennbar ist. Es gibt einen inneren Trieb, der uns dazu verleitet, Macht auszuüben. Und es gibt eine Tendenz, zu glauben und zu verhindern, dass andere(!) sich (zu viel) vermehren. Als Hexen verbrannt wurden, und es geschah massenhaft und es ist nicht so lange her, waren die «Hexen» sehr oft alleinerziehende Mütter. Es ist kein Zufall, dass es bei uns das ‹Kinder der Landstrasse›-Problem gab und dieses Jahrzehnte lang systematisch und erfolgreich vertuscht und kleingeredet wurde und, dass es anderwo auf der Welt ähnliche systematische Fälle von institutionalisiertem Kindsraub und Kindsmissbrauch gab. Aus Fehlern sollte man bereit sein, zu lernen. Aber Sie haben Recht, die Kritik an der KESB und die Kontrolle über die KESB sollte nicht primär über die Medien erfolgen, denn Kritik und Kontrolle sollten institutionalisiert und äusserst streng sein. Wenn es stimmt, was Schwander im Rundschau-Beitrag hätte sagen wollen, wenn Brotz ihn nur hätte ausreden lassen, dass eine einzelne Person den Kindsentzug veranlassen konnte, wäre oder ist das der medialen Beachtung mehr als würdig.

  • am 2.09.2016 um 20:40 Uhr
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    Liebe DiskussionsteilnehmerInnen
    Was in diesen Meinungsäusserungen immer vergessen geht: es gibt zu jedem Entscheid der KESB ein Rechtsmittel. Entscheidungen werden bis vor Bundesgericht angefochten. Was sich ein Pirmin Schwander anmasst, ist eines Rechtsstaats schlicht unwürdig!

  • am 4.09.2016 um 20:07 Uhr
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    Die Kritik von Herrn NR Schwander an der KESB ist durchaus gerechtfertigt. Obwohl es diese Behörde – übrigens unter der Ägide von BR Blocher geboren – erst seit 3 Jahren gibt, häufen sich krasse Fehlurteile und rechtliche Willkür. Die Familienpolizei KESB passt eher in die DRR oder nach Nordkorea, in der heutigen Form hat sie in einem Rechtsstaat nichts verloren, da sie über zu viel Macht und Kompetenzen verfügt. Hier ein besonders krasses Beispiel aus dem Kanton Uri: http://www.watson.ch/Schweiz/Best%20of%20watson/751145035-Dieser-KESB-Fall-betrifft-kein-Kind–Neffe-%C2%ABentf%C3%BChrt%C2%BB-seinen-88-j%C3%A4hrigen-Onkel-und-bringt-ihn-nach-Deutschland

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