ftan

Hochalpines Institut Ftan © cc old stretch

TV-Drama um die Internatsschule Ftan

Heinz Moser /  Die Dok-Serie «Internatsschule Ftan» ist misslungen. Der Spagat von Seifenoper und Dokumentation einer Schulkrise gelingt nicht.

Doku-Soaps sind im Trend – ob es ums Auswandern geht oder um das letzte Jahr vor der Matura. So begleitet die Serie «Internatsschule Ftan» den Abschlussjahrgang in sechs Dok-Sendungen durch das Abschlussjahr. Wie bei solchen Seifenopern üblich, wird das Geschehen auf einige wenige Schüler und Schülerinnen sowie den engagierten Rektor des Instituts konzentriert. Ihr persönliches Schicksal macht den Grossteil der Sendungen aus, was erlaubt, ihre Emotionen und Gefühle in den Mittelpunkt zu stellen. So zeigt die letzte Folge der vergangenen Woche die grosse Anspannung der Schüler und Schülerinnen vor der Maturaprüfung und die Erlösung, wenn dann alles vorbei ist.

Die ersten Folgen wirken wie eine Werbepostkarte für das Institut – gelegen in einer idyllischen Landschaft und mit Lehrern, die zwar streng sind, aber das Herz auf dem rechten Fleck haben. Viel erfährt man von kleinen Vorfällen im Internatsbetrieb, wenig dagegen vom alltäglichen Unterricht. Als einzige Schattenseite wird von einem schleichenden Schülerrückgang berichtet.

Drohendes Unheil

Die Idylle trügt allerdings. Schon in der ersten Folge wird angekündigt, dass die Schule in diesem Jahr mit «unerwarteten Ereignissen» konfrontiert werde. Anfangs 2014 wird in der «Südostschweiz» eine Pressekampagne gegen die Schule losgetreten. Ehemalige Lehrer erheben massive Vorwürfe gegen die Schule und diese gerät unter gewaltigen Druck.

Wenn schon die persönlichen Krisen der Schülerinnen und Schüler kaum auf Hintergründe ausgeleuchtet werden, so geschieht dies noch viel weniger beim Schulkonflikt. Für die Zuschauer und Zuschauerinnen bleibt es vage, was da passiert ist. Sie leiden mit dem herzensguten Rektor, über den das Unglück hereinprasselt. Jede vertiefende Recherche ausserhalb des Instituts zum Konflikt fehlt. So wird allein anhand der Zeitungsartikel von Vorwürfen wie manipulierten Noten zugunsten der zahlenden Internatsschüler berichtet, die auf diese Weise unzumutbar bevorzugt seien. Doch dies verneint Rektor Stäuble postwendend vehement.

Gezeigt wird dann die Journalistin, welche die Unruhe mit ihrem Artikel ausgelöst hat. Sie kommt zur Diskussion in die Schule, wobei sich die Schülerinnen und Schüler hinter die Schule stellen. Ein Ausschnitt aus der Verwaltungsratssitzung des Instituts gerät so verkürzt, dass alles in Andeutungen steckenbleibt.

Dann der Höhepunkt: den beiden Prorektoren Kurt Leitl und Carla Weiss wird vom Verwaltungsrat wie aus heiterem Himmel gekündigt. Auch hier erfahren die Zuschauer zu wenig über die Hintergründe. Dafür wird breit ausgewalzt, wie der Rektor Gerhard Stäuble sich nach langen Überlegungen entschliesst, aufgrund der für ihn unbegründeten Vorwürfe ebenfalls zu kündigen.

Der nicht bewältigte Bruch

Die Dok-Serie des Schweizer Fernsehens hat es nicht geschafft, einen Schulkonflikt aufzuarbeiten, der mitten in die Dreharbeiten hineingeplatzt ist. Hier reicht es nicht mehr aus, allein Emotionen und Gefühle von einzelnen Protagonisten zu zeigen. Gefragt gewesen wären breitere Informationen über Hintergründe und zusätzliche Recherchen zum Konflikt. Zwar wurde darauf verwiesen, dass solche Privatschulen sich schwer tun mit dem Geburtenrückgang und der Konkurrenz zwischen den Instituten. Auch der teure Schweizer Franken kann ein Hindernis werden, wenn zum Beispiel die Eltern eines Schülers aus Russland 45‘000 Franken für ein Schuljahr hinblättern müssen.

Trotzdem kann das ja nicht alles sein, was letztlich zum Rücktritt der ganzen Schulleitung führte. Vorwürfe wie manipulierte Abschlussnoten, Absenzen ohne Folgen oder Bevorzugung der internen Privatschüler werden zwar in der Serie angedeutet. Doch sie verschwinden im Nebel der Rechtfertigungen und der Wohlfühlgeschichten ums Hochalpine Institut ganz schnell wieder.

Konflikte sind wie Naturereignisse

Konflikte kommen und gehen so wie die Jahreszeiten, so verharmlosen es die Filmemacher. Eine Stimme aus dem Off erklärt zu Bildern vom beginnenden Frühling in Ftan: «Nach einem langen Winter beginnt die Natur sich zaghaft zu erholen und von neuem zu erblühen. Genauso muss auch das Hochalpine Institut nach den Querelen rund um die Schulleitung frische Kraft schöpfen.»

Eigentlich war es für die Filmemacher eine besondere Chance, dass ihnen ein Schulkonflikt auf dem Silbertablett gereicht wurde. Doch sie bleiben im Geschwurbel der Doku-Soap hängen, anstatt mit sorgfältigen Recherchen vertieft zu informieren. So bleibt viel Luft in einer streckenweise langweiligen Aneinanderreihung von Pennäler-Geschichten. Die Dok-Serie bleibt dort verdächtig wortkarg, wo es interessant geworden wäre.


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2 Meinungen

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 6.10.2014 um 14:09 Uhr
    Permalink

    Der Satz, den Heinz Moser zitiert über den langen Winter und danach die Parallelisierung mit der frischen Kraft, welche das Hochalpine Institut nach den Querelen rund um die Schulleitung zu schöpfen habe, wird vom Kritiker mit Recht als Geschwurbel bezeichnet. Mein ehemaliger Verleger Egon Ammann pflegte Texte mit solchen Sätzen jeweils kommentarlos an den Absender zurückzusenden.

  • am 6.10.2014 um 20:09 Uhr
    Permalink

    Genau, Herr Meier. Zurück zum Absender. Für die Auslandberichterstattung kauft das srf billige, manipulative PR-Beiträge und die Ganze Investigativität wird für inländische Doku-Soaps verkocht.

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