Bataclan? Bisher keine Hinweise auf Mittäter
Vorschnelle Schlagzeilen über eine Fäden ziehende Terroristen-Organisation heischen Aufmerksamkeit, sind jedoch kontraproduktiv.
Bis heute gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mörder von Orlando von einer bestimmten Terrorzelle rekrutiert, ausgebildet oder beauftragt worden wäre. Diesen Eindruck hinterlässt jedoch die Schlagzeile «Das Bataclan von Florida». Im Untertitel schrieb der «Tages-Anzeiger» von «einem mutmasslich islamistischen Anschlag». Präsidentschaftsanwärter Donald Trump reagierte mit seiner alten Forderung, keine Moslems mehr in die USA einwandern zu lassen.
Trump und der «Tages-Anzeiger»/«Bund» wecken den Eindruck, hinter der Schiesserei in Orlando würden Islamisten oder Terrororganisationen stecken.
Bis heute ist nur bekannt, dass der Killer in einem Telefon an den Notruf seine Sympathien für die Terrormiliz IS bekundet hat.
Für Schlagzeilen wie «Das Bataclan von Florida» oder «Die blutige Fratze des Terrors» (NZZ) ist das etwas dürftig. Zu diesen verbreiteten Schlagzeilen hat der Leiter der Auslandredaktionen des «Tages-Anzeiger» nicht Stellung genommen. NZZ-Auslandchef Peter Rasonyi erklärte, dass die NZZ explizit darauf hinwies, dass es «bisher keine Hinweise auf direkte Verbindungen zu einer Terrororganisation wie den IS gibt».
Zurückhaltende Schlagzeile in der «Berner Zeitung» vom 13.6.2016
«Selbstverliebter Killer»
Im «Tages-Anzeiger» vom 14. Juni nimmt Redaktorin Michèle Binswanger vom Vergleich mit dem Pariser Bataclan Abstand. Unter dem Titel «Selbstverliebter Killer» nennt sie den Orlando-Killer nach dem Stand der heutigen Informationen einen «zivilen Amokläufer», von denen es namentlich in den USA immer mehr gebe. Wahrscheinlich habe sich der Täter «ganz privat» radikalisiert.
Die Taten würden weitere Amokläufer animieren: «Angehende Täter beschäftigen sich oft intensiv mit früheren Amokläufen, zur Inspiration, oder studieren das Vorgehen, um sich möglichst akkurat vorzubereiten.»
Es werde dem Täter bewusst gewesen sein, dass ihm ein Bekenntnis zum IS noch mehr Aufmerksamkeit bringt: «Je brutaler die Tat und je mehr Tote, desto intensiver die mediale Berichterstattung.»
In der Tat: Das mediale Echo kann die Allmachtsphantasien von (potenziellen) Tätern nähren und verstärken. Und es kann sie darin unterstützen, allfällige Phantasien in die Tat umzusetzen, wenn Aufmerksamkeit eines ihrer Motive ist. Und es schürt in der Bevölkerung irrationale Ängste*.
Populistische Politiker wie Donald Trump nutzen solche Ängste für ihre Ziele aus und heizen sie weiter an.
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*In Westeuropa ist das Risiko, wegen eines Terroranschlags ums Leben zu kommen, vergleichbar mit dem Risiko, von einem Blitz erschlagen zu werden.
Das Risiko, in einem Autocar oder in einem Auto unverschuldetes Opfer eines Verkehrsunfalls zu werden, ist eintausendmal grösser als in einem Bahnhof, an einem Konzert, einem Fussballmatch oder anderswo von Terroristen erschossen zu werden. Das gilt auch für den Besuch eines EM-Spiels in Frankreich.
Siehe:
Themenbezogene Interessen (-bindung) der Autorin/des Autors
Keine
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4 Meinungen
Opfer sind viele Völker und Nationen und auch hier wieder kann man ungläubig den Kopf schütteln, von einer Nation die seit ihrer Gründung ca.,1780 kein einziges Jahr ihrer Existenz ohne Krieg verbracht hat.
Wem also dient diese viel zu intensive Berichterstattung zu einem, im globalen und nationalem Kontext, unbedeutenden Vorfall verbunden mit einer irgendwie konstruierten Islamischen Verbindung? Der Islam ist übrigens genau so wenig mordend radikal wie alle anderen Religionen ( und viel weniger Radikal und Absolut wie der Glaube an den Kapitalismus) aber auch hier wieder, radikale Meinungen gibt es in jeder Gruppe.
Zudem verstehen nur die wenigsten das es Nazis auch in Islamischen Ländern gibt. In allen Ländern exisitieren diese Menschen die Obrigkeitsgläubig, einfacher als andere, gegen einen konstruierten Feind aufzuhetzen sind.
Das Sie mir Antiamerikanismus vorwerfen ist völlig korrekt. Warum auch soll man sich alles von dort Vorschreiben lassen wenn, wenn nötig mit dieser typisch friedlichen Deutungshoheit westlicher Medienkonzerne? Auf der anderrn Seite gehöre ich als Europäer zu der Gruppe US Amerikaner welche die Kriege und den Imperialismus der dortigen Regierungen nicht gut heissen.
Scharfe Analysen kann man nur dann vornehmen wenn möglichst viele, gar alle Fakten, bekannt und geprüft wurden. Der Beweis das dies möglich ist existiert nicht, es ist schlicht unmöglich. Der grosse Rest ist leider eine Sache des Glaubens und eigener Überzeugungen die man nach Gusto vertreten soll. Dann bleibt die unendliche Frage warum Wir alle jeden Tag soviel unserer Zeit mit Nachrichten verbringen die uns eher nicht tangieren, dafür aber alle Kapazität besetzen. Die gratis verteilten Zeitschriften erbringen genau diese Leistung.
Der Staat mit den scharfen Gesetzen gegen Homosexuelle ist übrigens Utah. Ganz sicher nicht die Russische Föderation.
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