Kommentar

Morddrohungen – eine weitere Eskalation?

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Im Zusammenhang mit der Affäre um Badens Stadtammann Geri Müller melden zwei Akteure Morddrohungen. Das ist schlechter Stil.

Am Wochenende vermeldeten verschiedene Medien, die beiden Akteure in der Selfie-Affäre um Geri Müller, Sacha Wigdorovits und Josef Bollag hätten Morddrohungen erhalten. Das ist, mit Verlaub, keine neue Eskalation im Hickhack um den Badener Stadtammann. Es ist im besten Fall das, was man bisher Geri Müller vorgeworfen hat: Er wolle sich vom Täter zum Opfer machen.

Morddrohungen sind, zumindest für Medienangehörige und Geschäftsleute in höheren Positionen, nämlich eine ganz normale Geschichte. Ich kann mich gut und gerne an deren fünf erinnern: Die erste erhielt ich schon Ende der 1970er Jahre, als ich am Silvesterabend einen anonymen Telefonanruf erhielt: «Das neue Jahr wird Ihnen den Tod bringen», sagte die anonyme Stimme. Den Silvesterabend hat’s nicht erheitert, aber geschlafen habe ich trotzdem. Die letzte anonyme Morddrohung erhielt ich im Jahr 2009 schriftlich ab einer Post in Bern, nachdem mein Name in einem Inserat zum Thema Minarett-Initiative erschienen war. Man werde mich umlegen lassen, stand da geschrieben, das sei heute ja nicht mehr teuer. Der Drohende hatte also nicht einmal den Mut, selber vorbeizuschauen. Er wollte nur einen Killer engagieren…

Nur einmal informierte ich tatsächlich die Polizei, oder genauer: Ich fragte sie um ihre Meinung. Der mir Drohende war mir bekannt, seine Ausdrucksweise gewählt: «Sagt Ihnen der Name Tschanun* etwas?» fragte er mich provokativ. Ob ich diese Drohung nach ihrer Erfahrung ernst nehmen soll, fragte ich darauf die Polizei. Sie hätten einen speziell ausgebildeten Psychologen, war die Antwort, der werde mit dem genannten Herrn mal Kontakt aufnehmen – nicht im Sinne einer Gegendrohung, nur im Sinne von Information, dass der Drohende mit so einer Aktion ja auch sein eigenes Leben ruinieren würde. Das soll er sich genau überlegen, bevor er eine Dummheit mache. Das Argument scheint dem mir Drohenden dann auch tatsächlich eingeleuchtet zu haben, wenn er seine Drohung überhaupt je ernst meinte.

Wer eine Morddrohung den Medien weitergibt, kann nur eines im Sinne haben: sich selber als Opfer darzustellen und einen Anderen zu belasten – im konkreten Fall Geri Müller. Das kann PR-mässig zwar funktionieren. Von gutem Stil zeugt es nicht.

* Günther Tschanun war Chef der Zürcher Baupolizei und erschoss im Jahr 1986 vier seiner Arbeitskollegen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor war 25 Jahre Journalist und 20 Jahre Verlagsmanager.

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12 Meinungen

  • am 25.08.2014 um 14:21 Uhr
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    Ja, es passt zu den beiden gerissenen Herren, die eine sehr durchsichtige Täter/Opfer-Taktik fahren. Die Herren J. Bollag und S. Wigdorowits sind die Drahtzieher in der Schmierenkampagne gegen den gewählten Stadtamman von Baden Geri Müller. Hier ist der Link zur sorgfältigen Recherche der Sonntagszeitung zu den Lügengebäuden und Machenschaften der beiden Verteidiger der israelischen Kriegs- und Besatzungspolitik http://www.lu-wahlen.ch/uploads/media/tas_20140824_0_0_2.pdf

  • am 25.08.2014 um 18:11 Uhr
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    "Morddrohungen sind, zumindest für Medienangehörige und Geschäftsleute in höheren Positionen, nämlich eine ganz normale Geschichte. Ich kann mich gut und gerne an deren fünf erinnern".

    Eine seltsame Eröffnung der Argumentation. Einmal ganz abgesehen davon, dass es weder früher noch heute akzeptabel ist, eine Mord- oder Attentatsdrohung einfach so hinzunehmen, ist es so, dass gerade Personen mit hohem öffentlichem Profil sich dessen Bewusst sind, auch, solchen Drohungen mehr ausgesetzt zu sein und haben deshalb auch Support und Massnahmen gegen diese Exposition zur Verfügung.

    Sie verniedlichen die Realität solcher Drihungen, und mit Realität meine ich auch, dass zwischen Wort und Tat(anstiftung) ein kürzerer Weg ist als viele meinen. Gerade in der heutigen Zeit mit einer grösseren Toleranz (oder Abstumpfung) gegenüber Gewalttätigkeit und auch eine zunehmende Unsensibilität gegenüber Pranks gone wrong.

    Ich empfinde Ihre Eröffnung auch aus einem anderen Grund seltsam und disturbing. Einerseits, dass in der Schweizer Jorunalistenszene in leitender Position einige Leute sitzen, die in jungen Jahren – dokumentiert – terroristische Aktionen von Gruppen wie die RAF als politische Aktionen befürworteten.

  • am 25.08.2014 um 18:12 Uhr
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    Andererseits können im Kontext Gerrigate beide Seiten plausibel darstellen, dass eine Bedrohung des Lebesn besteht. Gerri weil er wohl denkt, der Mossad sei hinter ihm her, und die Lobbyyisten der Pro-Israel, weil nur schon wegen der Assoziation zum Glauben die üblichen gewaltbereiten Kakalaken der realen Antisemitismus auftauchen. Auch wenn ich Gerri nicht abnehmen würde, dass der Mossad hinter ihm her wäre, denn dazu ist der Clown nun wirklich zu unwichtig, nehme ich Bollag und Wigdorovits ab, dass Drohsprüche ausgesprochen wurden. Dazu reicht ein kurzer Blick in die Kommentarspalten, auch an diesem Ort. Umgekehrt ist es aber auch so, dass die Polizeieinheiten, die sich um Bedrohungsdispositive von VIPs kümmern, reale Drohungen von dummen Sprüchen unterscheiden können. Dazu sind sie ausgebildet und deshalb muss immer das potentielle oder angebliche Anschlagsopfer diese Stellen einschalten.

    Es ist aber so, dass ein Mitglied der Aussenpolitischen Kommission eines neutralen Landes als öffentlicher Unterstützer einer terrororganisation (Hamas) nicht haltbar ist. Vor allem dann nicht, wenn er sich auf das Chatspielchen mit jemandem, die mit seiner politischen Haltung nicht einverstanden ist, einlässt. Sogar während diplomatischer Mission. Damit gibt er die Gesamtregierung der lächerlichkeit Preis – was nichts weniger heisst als dass die Schweiz als Vermittler in Israel und Palästina eine peinlich lachhafte, also unmögliche, Position hat, solange die causa Gerri ungelöst ist.

  • am 25.08.2014 um 18:13 Uhr
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    Die diplomatisch richtige Lösung muss also die Entfernung aus der Kommission sein.

    Ob Baden den weiter will, darüber können sie dort ja dann abstimmen wenn die zeit kommt.
    Was die Medienszene sich vorhalten lassen muss in diesem denkbar schlecht recherchierten und aufgeführten Possenspiel, ist hier wohl am besten zusammengefasst:

    http://www.krisenblog.ch/krisenkommunikation-zu-gerigate-chefredakteure-auf-duennem-eis/

    Jedenfalls müssen weiter sich PR-Agenturen auf beiden Seiten den Vorwurf der Unprofessionalität vorwerfen lassen.

  • am 25.08.2014 um 18:23 Uhr
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    Auch wenn es tausendmal von interessierter Seite wiederholt wird: GM ist nicht Hamas-Fan oder dergleichen, sondern eher ein Brückenbauer. Auch wenn das den bedingungslosen VerteidigerInnen der israelischen Besatzungs- und Kriegspolitik nicht passt. Die Schweizerische Aussenpolitik hat ausdrücklich regelmässige Gesprächskontakte (auch) mit der Hamas und begrüsste ausdrücklich die Bildung der Einheitsregierung mit deren Einbezug der Hamas. Ist die offizielle Schweiz deswegen ein «Hamas-Fan"? Das glauben wohl nicht mal Sie, Frau Buholzer.

  • am 25.08.2014 um 19:18 Uhr
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    Die Redaktion und schlussendlich die schweizerische SDA behält sich immer das Recht vor Meinungen und sachbezogene Beiträge zu entfernen. Leider leben wir in einer so verlogenen Gesellschaft, dass es immer mehr Menschen in der Schweiz schwer fällt, sich mit dieser Tatsache auseinanderzusetzen. Ich bin masslos enttäuscht von dieser Verlogenheit und habe es satt diesen journalistischen «Schrott » zu lesen ….

  • am 25.08.2014 um 20:05 Uhr
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    Ich kann den Link unter dem Artikel und dort insbesondere die Beilage » Sacha Wigdorovits Anweisung zur Meinungsmache pro Israel» nur heiss empfehlen. Er enthält das Libretto zur Wigdorovits – Audiatur – Gerigate – Operette.
    Nachdem Thomas Knellwolf dieses Papier gelesen hat, gibt es in Bund/Tagi von heute (25.8.2014) endlich die erste informierte Theaterkritik ausserhalb von Infosperber. Danke Christian Müller (und Arthur Rutishauser und Thomas Knellwolf auch ein bisschen).

    But it ain’t over till the fat lady sings……

    Werner T. Meyer

  • am 25.08.2014 um 22:42 Uhr
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    Auch wenn Geri Müller etwas getan hat, das man als blauäugig, unvorsichtig und ohne Frage als selbst-schädigend bezeichnen darf, ist es doch eine private Angelegenheit, die niemals diese Medienaufmerksamkeit verdient. Eine Kommentatorin hat Geri Müller verunglimpft, auf eine Art, zu der sich nur Menschen hingeben, die im Dreck, den andere abgesondert haben, mit Hingabe wühlen. Mit den anderen meine ich S. W. und J. B. Sie sind Propagandisten eines Regimes, das die Menschenrechte mit Füssen tritt.
    Klar doch, der Mossad ist hinter Geri Müller her. Geri Müller ist ein national bekannter Politiker, der die Kriegsverbrechen des besagten Regimes kritisiert. Und er tut das meiner Ansicht nach völlig zu recht. Auf alle bedeutenden Persönlichkeiten, die das besagte Regime beanstanden, richtet der Mossad ein Auge. Mit dem Ziel, sie irgendwie aus dem Verkehr zu ziehen. Dabei stützt er sich auf Lakaien. Das Positive an der ganzen Sache ist, dass sie in diesem Fall blossgestellt werden, dass viele, die Geri Müller Sexeskapaden sauer aufstossen, genau begriffen haben, um was es hier geht: Um einen Kritiker der Machenschaften des besagten Regimes fertig zu machen. Das dürfen wir nicht zulassen. Auch wenn dieser Kritiker einen dummen Fehler begangen hat. Nachvollziehbar, dass sich S. W. und J. B. als Opfer beklagen. Allerdings stellen sie sich dabei ziemlich bescheuert an.

  • am 26.08.2014 um 08:29 Uhr
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    Liebe Frau Buholzer, bis anhin schätzte ich ihr unabhängiges Denken. Ohne jeglichen Bezug sprechen sie hier jedoch von «Drohsprüchen… auch an diesem Ort". Ohne Belege verunglimpfen Sie das Mitglied der Aussenpolitischen Kommission, Geri Müller. Es ist äusserst bedauerlich mit anzusehen, dass Sie sich als Gehilfin willfährig für die deklarierten Ziele von S. Wigdorovits und seines Sekundanten oder Chefs Josef Bollag, nämlich das Delegitimeren und Erwirken der Absetzung von Geri Müller unter Einsatz aller diesen Herren nur möglichen Mittel einspannen lassen.

  • am 26.08.2014 um 10:17 Uhr
    Permalink

    Yesterday’s papers.

    Immer noch Schadenfreude über das unglückliche Casting von Geri Müller? Vorsicht, Sacha Wigdorovits traut sich auch an andere heran. Zum Beispiel «Feiglinge» wie den Bundesrat oder das Parlament:

    Hier Links zu seiner eigenen Site und zu einer Zeitung, die auch schon im unrühmlichen Getratsch war:

    http://www.audiatur-online.ch/2014/07/28/das-schweigen-der-feigen-ein-offener-brief-an-bundesrat-und-parlament/

    http://m.schweizamsonntag.ch/ipad/articleView.htm?article=bGluZTJfT1pHX2xpbmUyLTI3XzA3XzIwMTRfU29ubnRhZ19SZWRha3Rpb25fdjFfMTY1MDAwOA%3D%3D

    Preisfrage an fixe politische Analysten: warum beschimpft der mutige Sacha Wigdorovits hier nur die Exekutive und Judikative aber nicht die Richterschaft?

    Dankbarkeit?

    Dem / der ersten winkt als Preis eine Verzeigung wegen Antisemtismus. Wie immer richtet Sacha W. .

    Werner T. Meyer

  • am 26.08.2014 um 12:40 Uhr
    Permalink

    Yesterday’s papers 2 (diesmal wirklich nur von gestern, jedenfallls die Übersetzung)

    Auf Sacha Wigdorovits seiner Website ist heute das Leitartikel:

    http://www.audiatur-online.ch/2014/08/25/hamas-cheerleader-das-professionelle-scheitern-der-westlichen-medien-in-gaza/

    Letzte Sätze:
    "
    Die verzerrte und irreführende Berichterstattung über den Gazakonflikt trug zu hastigen Rufen nach einer Untersuchung israelischer Kriegsverbrechen bei. Und hatte zugleich Anteil an den Hassdemonstrationen in Europa und einem starken Anstieg an antisemitischen Zwischenfällen.

    Westliche Medien sollten für ihre verzerrte Berichterstattung zur Verantwortung gezogen werden. Es ist allerdings zweifelhaft, ob sie den Mut haben, die eigenen Ratschläge annehmen, die sie so oft Regierungen unterbreiten: Untersucht eure professionelles und ethisches Versagen und kehrt vor euer eigenen Haustür.
    "
    "Originalversion: Hamas Cheerleaders: Professional Failures of the Western Media in Gaza by Prof. Eytan Gilboa © Begin-Sadat Center for Strategic Studies, August 13, 2014."

    Werner T. Meyer
    PS: Ich bitte, DAS nicht auf den Text in Anführungszeichen anzuwenden. DANKE:
    Die Redaktion behält sich vor, beleidigende, rassistische oder nicht sachbezogene Beiträge zu entfernen.

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