Kommentar

Berset und Pharma lassen Katze nicht aus dem Sack

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

upg /  Es geht um Hunderte Millionen Prämiengelder. Doch was BAG, Pharmakonzerne und Kassen genau ausgehandelt haben, bleibt unbekannt.

«Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) und die Pharmabranche einigen sich über die Medikamentenpreise für die Dauer von 2013 bis 2015», verkündeten EDI und Pharmaspitzen am Freitag gemeinsam.
«Medikamentenpreise sinken» titelte die Berner Zeitung, von «Preissenkungen» sprach der Bund, «2500 Medikamente werden billiger» frohlockte das Bündner Tagblatt.
Die NZZ dagegen schrieb von einer «einigermassen pharmafreundlichen Einigungslösung», wobei Gesundheitsminister Alain Berset «der Pharmabranche erhebliche Zusicherungen gemacht» habe.
Bei solchen Vereinbarungen sind jeweils die Details ausschlaggebend. Doch den Wortlaut der unterschriebenen «Einigung» gaben weder Bundesrat Bersets Departement noch die Pharma-Organisationen bekannt. Den Medien wurde das Einigungs-Papier nicht abgegeben, und auf den Webseiten sucht man es vergeblich. Damit bleibt unklar, was blosse Absichtserklärungen sind und was im Kleingedruckten verbindlich vereinbart wurde.
Eine privat ausgehandelte Vereinbarung zwischen der Pharmabranche und dem Krankenkassenverband Santésuisse über Preisreduktionen von Medikamenten, deren Anwendungsbereiche erweitert werden, will Bundesrat Berset jetzt in eine Verordnung aufnehmen. Doch der Inhalt auch dieser Vereinbarung wird bis heute unter dem Deckel gehalten.
So bleibt allzu Vieles vage, so dass nicht klar ist, ob sich der Staat oder die Pharmabranche stärker durchgesetzt hat.
Unterdessen gilt es, folgende Fakten nicht zu vergessen:

  • Je ein Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente wird bis Ende Oktober 2013 beziehungsweise bis Ende Oktober 2014 weiterhin zum Eurokurs von 1.56 oder sogar 1.58 berechnet, die übrigen zu einem hohen Kurs von 1.29 Franken.
  • In keinem Land Europas verschlingen Medikamente einen so hohen Anteil an den gesamten Kassen-Ausgaben.
  • Pro Kopf der Bevölkerung müssen die Krankenkassen in der Schweiz für Medikamente fast 50 Prozent mehr ausgeben als die Kassen in Holland, und 26 Prozent mehr als in Deutschland (sogar zum kaufkraftbereinigten Wechselkurs von 1.32 umgerechnet).

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor vertritt Patienten und Prämienzahlende in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission EAK.

Zum Infosperber-Dossier:

Medikamente_Antibiotika1

Preise von Medikamenten

Medikamente verschlingen jeden vierten Prämienfranken. Warum müssen die Kassen viel mehr zahlen als im Ausland?

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Eine Meinung zu

  • am 15.04.2013 um 09:33 Uhr
    Permalink

    Transparenz tut not! Schliesslich wollen wir keine 2-Klassen Krankenkasse wie sie vom Züricher FDP-Gesundheitsdirektor angepriesen wird: gute Medis für diejenigen die es sich leisten können. Dann doch lieber weniger für Medikamente zahlen so wie im Rest von Europa, Managerlöhne kürzen und falls es mal ernst wird: Alles sollen auf alle Behandlungen ein Recht haben, die gesund machen.

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