Kommentar

Glyphosat: Geschäft kommt vor Gesundheit

Beatrix Mühlethaler © hpg

Beatrix Mühlethaler /  Die Schäden für Umwelt und Gesundheit des Unkrautvertilgers sind breit dokumentiert. Trotzdem zögert die EU mit einem Verbot.

Die Zulassung von Glyphosat in der EU läuft Ende Jahr aus. Der zuständige EU-Fachausschuss windet sich seit Jahren und erneut in diesen Tagen. Er schafft es nicht, Glyphosat zu verbieten. Nicht, weil die Sachlage unklar wäre. Zwar gibt es hinsichtlich der Gesundheitsgefahren von Glyphosat unterschiedliche Studienaussagen. Aber die Unterschiede erklären sich durch deren Urheberschaft: Monsanto wäscht den Wirkstoff in seinen Studien rein. Denn der Konzern vermarktet den weltweit meistgebrauchten Glyphosat-haltigen Unkrautvertilger Roundup. Die Bewilligungsbehörden stützten sich bei der anstehenden Überprüfung der Bewilligung auf Aussagen Monsantos, obwohl unabhängige WissenschafterInnen mit ähnlichen Untersuchungen zum Schluss gelangten, dass Glyphosat Krebs auslösen kann.

Realität spricht gegen Glyphosat

Eindrücklicher als alle Studien dokumentiert ohnehin die Realität, was Glyphosat anrichtet. Es geht dabei nicht nur um Krebs – das Hauptthema der Auseinandersetzung –, sondern um viele weitere Gefahren für die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt. Am deutlichsten zeigen sich die Folgen in Gegenden, wo die grossen Konzerne mit ihrer aggressiven Vermarktungsstrategie eine industrielle Landwirtschaft durchgesetzt haben, dies in Form von Monokulturen aus Reis, Mais, Soja oder Baumwolle. Besonders die gentechnisch veränderten Sorten, die gegen den Unkrautvertilger Roundup immun sind, beförderten das Geschäft mit dem Unkraut vertilgenden Herbizid: Die Spritzmengen vervielfachten sich. Rückstände gelangen in die Umgebung, ins Trinkwasser, ins Tierfutter und damit zu den Menschen.

Die Folgen zeigen sich in vielen Ländern rund um den Erdball: Bauern in Sri Lanka und ihre Familien sterben an chronischer Nierenkrankheit. Kinder von Frauen, die den Wirkstoff am Anfang ihrer Schwangerschaft einsetzten, werden mit Missbildungen geboren. Tiere, die mit Glyphosat belastetes Futter fressen, gebären ebenfalls missgebildete Nachkommen. In Gegenden, wo der Wirkstoff massiv eingesetzt wird, häufen sich Fälle eines bestimmten Blutkrebses.

Die zahlreichen Zeugenaussagen und Expertenberichte im Film «Round-up: Der Prozess», den die französische Journalistin Marie-Monique Robin drehte, sprechen Bände. Robin filmte an den Schauplätzen des Elends in zahlreichen Ländern und interviewte Betroffene, die in Den Haag vor dem Internationalen Monsanto Tribunal aussagten. Dieses zivilgesellschaftliche Gericht haben Menschen organisiert, die sich nicht damit abfinden wollten, dass Opfer einer Katastrophe sich vor ordentlichen Gerichten kein Gehör verschaffen können.

Einige Länder haben den Zusammenhang zwischen dem Glyphosat-Einsatz und den Gesundheits- und Umweltfolgen anerkannt und den Wirkstoff verboten, darunter Sri Lanka. Wenn der EU-Fachausschuss nicht endlich ein Verbot ausspricht, so ist es nicht aus Mangel an Evidenz bezüglich der Gesundheitsgefahren. Die Verantwortlichen fürchten sich einfach davor, das Geschäftsmodell der mächtigen Agrarindustrie zu stören. Das Geschäft hat offensichtlich Vorrang vor der Gesundheit von Mensch und Natur.

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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Glyphosat

Der Unkraut-Killer Glyphosat

Das in Landwirtschaft (mit «Roundup-Ready»-Saatgut) und Hobbygärten versprühte Herbizid ist in der Kritik.

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8 Meinungen

  • am 8.11.2017 um 11:46 Uhr
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    Diese unendliche Dummheit der EU lässt sich nur durch Korruption erklären. Niemand mit gesundem Menschenverstand würde Glyphosat weiter erlauben. Dieser «Fachausschuss» profitiert also von der Verhinderung des Verbots, sonst wäre der Fall klar für ein Verbot!

  • am 8.11.2017 um 14:25 Uhr
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    Ja Tobi hast recht, aber!!! trotz Zulassung müssen es die Bauern nicht kaufen, nicht verwenden und wenn die Abnehmer der bäuerlichen Produkte Glyphosat-Produkte nicht nehmen, wird esvom Markt verschwinden. Und um diese Abnehmer zu motivieren, Glysophatfreie Produkte anzubieten, muss der Endverbraucher also Du und ich und wir Glysophat-Prtodukte konsequent nicht kaufen.
    Was nicht gekauft wird, verschwindet vom Markt. Pasta
    IP-Siegel, diverse Bio-Betriebe, Heumilch, usw haben ein freiwilliges Glysophat-Verbot.
    Eine grosse deutsch Molkerei hat sich dazu entschlossen, nachdem ein Leser
    Bilder von Wiesen brahcte, die mit glysophat «behandelt» worden waren. usw.

  • am 8.11.2017 um 17:00 Uhr
    Permalink

    @E. Schmidlin: Leider stimmt es nicht, dass die Bauern eine Wahl haben. Da im Kapitalismus der Profit zuoberst steht, musst du unbedingt die Kosten tiefhalten, d.h. du musst die Menschen, die Natur, die Böden auspressen bis zum Gehtnichtmehr. Und den Konsumentinnen den Schwarzen Peter zuzuschieben, geht schon gar. Oder wollen Sie, dass nur die Reichen etwas zu essen haben? Eine allein erziehende Mutter mit zwei Kindern muss sich nicht lange überlegen, ob sie auf dem Biomarkt (wie Sie und ich) einkauft. Ihr bleibt nur der Billigdiscounter. Übrigens hätten wir schon längst Hungermärsche und revolutionäre Unruhen, wenn es Aldi, KiK und Co nicht gäbe!
    Ich sehe als einzige Lösung die baldmöglichste demokratische Kontrolle über Grund Boden. Nicht selbst bewohnte Immobilien sind unter staatliche Kontrolle zu stellen. Und das ist nur ein kleiner Anfang…..!

  • am 8.11.2017 um 17:33 Uhr
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    Lieber Paul
    Doch, wir Verbraucher können viel bewirken. Allerdings müssten besseres Wissen
    über die Lebensmittel, Ihre Bedeutung, ihre Erzeugung und den Verbrauch wissen.
    Aber solange man den Verbraucher durch Werbung, bis hin falsche und gelogene Information manipuliert, haben wir die Probleme.Aber die Beispiele von IP….
    sind Tatsachen.
    Und zum Thema billig: billig ist teuer gilt auch da, heisst in der Praxis, verursacht z.B.
    auf dem Gesundheitsektor Kosten.
    Und gerade Aldi & Co reagieren sehr darauf, was gekauft wird und was nicht. Also z.b. auf’s IP zeichen schauen.

  • am 8.11.2017 um 22:53 Uhr
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    Es gibt auch entsprechende Reaktionen im Bereich der lebensmittelverarbeitenden Industrie: Die Molkerei «Berchtesgadenr Land» verbietet ihren Zulieferern den Einsatz von Glyphosat. https://bergbauernmilch.de/
    Leider gibt es im Landwirtschaftsbereich und in den Minsterien noch zu viele Betonköpfe.

  • am 10.11.2017 um 18:07 Uhr
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    Herr Eber, nicht Betonkpfe sind das Problem, sondern
    google Abgeordneten Nebeneinkünfte
    google Parteispende

    oder

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/politik-und-lobbyismus-die-drehtuer-der-demokratie-gastbeitrag-andreas-polk-a-1167806.html

    » Politik und Lobbyismus Die Drehtür der Demokratie

    Unsere Politiker dienen sich der Industrie an, um dort nach ihrer Amtszeit lukrative Posten zu bekommen. Dieser Vorwurf ist weit verbreitet, klingt einleuchtend, ist empörend – und dabei falsch und gefährlich."

    oder

    http://www.n-tv.de/wirtschaft/BMW-Aktionaere-ueberhaeufen-CDU-mit-Geld-article11543636.html

    ""Krassester Fall von gekaufter Politik seit Langem"BMW-Aktionäre überhäufen CDU mit Geld

    Der Vorgang erinnert an die «Mövenpick"-Affäre der FDP: 690.000 Euro spendet der Quandt-Clan an die CDU. Kurz vor dem Geld-Regen der BMW-Großaktionäre hatte Kanzlerin Merkel strengere EU-Abgasnormen verhindert. Davon profitieren vor allem Premiumhersteller – wie BMW. «

    oder

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/bienen-und-neonicotinoide-so-gefaehrlich-sind-insektizide-a-1155136.html
    "Bienen und Insektenvernichtungsmittel «Keine Entwarnung, ganz im Gegenteil"

    Wie sehr schaden Insektizide auch Bienen? Darüber streiten Hersteller, Bauern, Naturschützer und Imker. Jetzt belegen zwei neue Studien, wie gefährlich die Gruppe der sogenannten Neonicotinoide ist."

    usw.

  • am 12.11.2017 um 23:00 Uhr
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    Herr Gabriel, ich kann natürlich in einem Dreizeiler nicht die Welt erklären. Aber vielleicht sollten Sie die «Betonköpfe» auch in der Interpretation verstehen, dass diese mit Geld zubetoniert sind, also nicht mehr die eigene Meinung vertreten. Über all die Schmiergeldgeschichten und Drehtür-Politiker bin ich bis zu allerschlechtester Laune informiert. Und die Macht der Monsanto/BAYER-Lobby erkennt man ja an dem zähen Entscheidungsprozess in Brüssel. Mit «Berchtesgadener Land» wollte ich einfach nur ein erfreuliches Beispiel zeigen, das aus diesem Zockercasino ausschert.

  • am 13.11.2017 um 09:00 Uhr
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    Herr Ebner, das diese Leute absolut lernresisitent sind, zeigt eigentlich das Sie mit der Bezeichnung Betonköpfe, ziemlich richtig liegen.

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