Sperberauge

Sozialindustrie – wer profitiert?

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Auch Unternehmensberatungsfirmen profitieren. Sie zeigen – für teures Geld –, wie Hilfe reduziert werden kann.

Man kennt es, das Gejammer darüber, dass Leute, die anderen helfen, auch noch Lohn beziehen. Um die Bedürftigen und die Helfenden pauschal zu verunglimpfen, hat man ein süffiges Wort erfunden: die Sozialindustrie. So etwa hielt die SVP am 30. Juni 2015 eine Medienkonferenz ab und setzte sie unter den attraktiven Titel: Missbrauch und ausufernde Sozialindustrie stoppen.

Wer allerdings genauer hinschaut, sieht, dass nicht nur die Bedürftigen von dieser sogenannten Sozialindustrie «profitieren» und nicht nur die engagierten Helfer entlöhnt werden, es kassieren auch einige clevere Beratungsfirmen – und wie! –, indem sie für teures Geld Vorschläge machen, wie man soziale Hilfe reduzieren kann. Eben ist bekannt geworden, dass in Deutschland die Unternehmensberatungsfirma McKinsey eine Studie erstellte, wie die Rückführung abgelehnter Asylbewerber schneller abgewickelt werden könnte. Beratungshonorar: 1,8 Millionen Euro (oder also 2 Millionen Franken)! Mit gutem Grund warf der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach in der Welt am Sonntag die Frage auf, «warum man für so viel Geld externen Sachverstand einkauft, der auch in Bundesbehörden und Ministerien zweifellos vorhanden ist».

Die Unternehmensberatungsfirma McKinsey ist eine jener Beratungsfirmen, die vor allem bei wirtschaftlich bedingten Firmen-Restrukturierungen beigezogen werden: Sie finden dann jeweils heraus, dass die langjährigen Mitarbeitenden (sprich: die ältesten) die teuersten sind und dass es deshalb angezeigt ist, vor allem und zuerst diese zu entlassen. Der CEO der von McKinsey oder einer anderen Unternehmensberatungsfirma «beratenen» Firma muss dann für die Wahl, wer konkret entlassen wird, nicht selber geradestehen. Er muss den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht selber in die Augen schauen und kann via Personalabteilung mitteilen lassen, dass die Auswahl der zu Entlassenden – nach «wirtschaftlichen Kriterien» – von der externen Beratungsfirma getroffen wurde.


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