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Sanjana ist fünf und arbeitet als Müllsammlerin in einem Slum in Neu Dehli. © Save the Children

Ein Viertel aller Kinder hat keine Kindheit

Daniela Gschweng /  Wo Kinder geboren werden und welches Geschlecht sie haben, ist Zufall. Die Folgen für sie sind gravierend.

Sie müssen arbeiten, um die Familie zu unterstützen, bekommen als Teenager selbst Kinder oder leiden lebenslang an den Folgen von Hunger. Für eines von vier Kindern weltweit endet die Kindheit zu früh, stellt ein Report der Organisation «Save the Children» fest. Der am 1. Juni – dem Weltkindertag – veröffentlichte Bericht vergleicht die Lebensumstände von Kindern in 172 Ländern.

Die Ursachen für eine verlorene Kindheit sind vielfältig: Meist kommen mehrere «Kindheits-Räuber» zusammen, die häufigsten sind Armut, bewaffnete Konflikte, Krieg und Diskriminierung. Mehr als 730 Millionen Kindern weltweit wird ihr Recht auf Schutz, Lernen und Spielen verwehrt. Der Report wertet die Indikatoren Kindersterblichkeit, Unterernährung, Bildung, Kinderarbeit, Kinderehen, Kinderschwangerschaften, Flucht und Gewalt aus.


Hat ein Kind in Norwegen, Slovenien und Finnland sehr gute Chancen, geschützt aufzuwachsen, sind sie in Mali, Niger und Angola minimal. (Bild: Save the Children)

Für viele endet die Kindheit, bevor sie richtig begonnen hat. 16‘000 Kinder unter fünf Jahren sterben jeden Tag an vermeidbaren Ursachen wie Malaria. Besonders betroffen sind Kinder von wenig gebildeten Gesellschaftsgruppen, Armen und ethnischen Minderheiten in weniger wohlhabenden Ländern, selbst wenn dort kein Krieg herrscht.

Wer arm geboren wird, stirbt früh

Ein armes kambodschanisches Kind hat gerade ein Viertel der Überlebenschancen eines besser gestellten. In Indonesien, auf den Philippinen und im Senegal sind es ein Drittel. 156 Millionen Kinder leiden unter den bleibenden Folgen von Mangelernährung, die meisten davon in Indien. Viel zu viele Kinder werden Opfer von Gewalt, vor allem in Mittel- und Lateinamerika. Allein im Jahr 2015 wurden 75‘000 Kinder und Jugendliche unter 20 ermordet.

28 Millionen Kinder weltweit sind auf der Flucht, allein oder mit ihren Familien. Noch mehr als Bomben und Granaten schadet ihnen das, was Kriege hinter sich herziehen: mangelnde Infrastruktur, fehlende Bildung, schlechte Gesundheitsversorgung, Armut und Gewalt.


168 Millionen Kinder arbeiten weltweit in der Landwirtschaft, in der Gastronomie und in Fabriken. Das sind mehr als alle Kinder Europas zusammen. (Bild: Save the Children)

Obwohl die Zahl arbeitender Kinder seit 2000 um ein Drittel abgenommen hat, zwingen Hunger oder Armut viele Kinder zu arbeiten. Die Hälfte von ihnen arbeitet unter schädlichen Bedingungen. Wie schwierig es ist, den Ursachen beizukommen, zeigt Bolivien, wo sich Kinder das Recht erstritten haben, schon mit 10 Jahren arbeiten zu dürfen, weil es praktisch nicht anders geht.

Mädchen haben geringere Chancen

Weiblich zu sein, verschlechtert die Chancen auf eine sichere Kindheit. Für viele Mädchen endet sie mit einer frühen Ehe oder damit, dass sie selbst Verantwortung für Kinder übernehmen müssen. Für 15- bis 19-jährige Mädchen sind Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt weltweit die zweithäufigste Todesursache. Eine Million Mütter ist jünger als 15 Jahre. Schwangerschaften sind auch ein häufiger Grund, weshalb Mädchen die Schule vorzeitig verlassen.


Die Hälfte aller minderjährigen Mütter lebt in nur sieben Ländern: Bangladesh, Brasilien, der Demokratischen Republik Kongo, Äthopien, Indien, Nigeria und den USA. (Bild: Save the Children)

Eines von sechs Kindern im Schulalter geht nicht zur Schule. Auch da sind Mädchen benachteiligt. Sind die Mittel knapp, entscheiden sich Eltern oft dafür, die Söhne zur Schule zu schicken. Töchter werden (zu) früh verheiratet, oft mit viel älteren Männern. Am häufigsten trifft das Kinder in Südasien.

Nicht nur in Entwicklungsländern

Auch in anderen Ländern gibt es Zwangsehen, Kinderschwangerschaften und Kinderehen. In den USA beispielsweise haben einige Bundesstaaten noch immer kein Alterslimit für Eheschliessungen. Selbsthilfegruppen schätzen, dass dort in den Jahren zwischen 2000 und 2010 etwa eine Viertelmillion Minderjährige verheiratet wurden.

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Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichts von «Save the Children» und anderer Quellen erstellt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Eine Meinung zu

  • am 12.06.2017 um 10:48 Uhr
    Permalink

    Ein trauriges Thema. Und auch heute Montag noch keine Meinungen dazu. Was soll man auch sagen? 2014 wurde die ecopop-Initiative mit der Hilfe der meisten Medien gebodigt. Das Thema: Demographie. Wir forderten mit Blick auf die rasant wachsenden Bevölkerungen in den ärmsten Ländern dieser Erde, dass 10% der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeits-Gelder für Freiwillige Familienplanung eingesetzt werden. Diese beinhaltet sexuelle Aufklärung und das zur Verfügungstellen von modernen Verhütungsmitteln. Afrika hat bei Geburtenraten von bis zu 7 Kindern pro Frau, mit Erst-Geburten im frühen Teenage-Alter, keine Chance aus der Armutsspirale zu kommen. Das immer gegen ecopop verwendete Argument, Bildung sei der Schlüssel für eine bessere Lebensqualität stimmt eben nur zur Hälfte: Mit dem Masterdiplom oder dem Lehrabschlusszeugnis kann ich nicht verhüten, besonders wenn ich schon in der Sekundarschule wegen einer ungeplanten und ungewollten Schwangerschaft die Schule verlassen musste….

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