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Satellitenbild der National Oceanic and Atmospheric Administration vom Wasserdampf über den USA. © NOAA/GOES

5G könnte Wetterbeobachtung stören

D. Gschweng /  In den USA wurden 5G-Frequenzen vergeben, die Wettersatelliten stören. Das kann die Wettervorhersage weltweit beeinträchtigen.

Schneller soll es sein, besser benutzbar und in kurzer Zeit auch überall verfügbar: Einige Länder haben den neuen Mobilstandard 5G schon eingeführt, andere versteigern noch die dafür vorgesehenen Frequenzen. In den USA wurden im April Blöcke im Frequenzbereich von 24,25 bis 25,25 Gigahertz vergeben, was Meteorologen weltweit auf den Plan gerufen hat. Sie fürchten eine Beeinträchtigung von Satellitenmessungen, die massgeblich für die Wettervorhersage sind.

Konflikte um Radiofrequenzen gab es schon häufiger, doch diesmal ist es ernst, versichern sie. Nicht nur in den USA, wo 5G in die Messung funken könnte. «Dies ist ein globales Problem», sagte der Meteorologe Jordan Gerth von der University of Wisconsin–Madison Anfang April gegenüber dem Magazin «Nature».

Zugequatscht und weggestreamt

Wettersatelliten messen, grob gesagt, Strahlung, die von der Erde ausgeht, woraus sich dann Rückschlüsse auf die aktuellen Wetterverhältnisse ziehen lassen. Für die Wettervorhersage besonders wichtig ist daher das Signal von Wasserdampf. Wie feucht die Luft ist, bestimmt das Wetter massgeblich mit. Die Messfrequenz liegt bei 23,8 Gigahertz. Das ist sehr nah an den eben in den USA vergebenen Frequenzen. Ein Satellit könnte in Zukunft nicht mehr unterscheiden, welcher Teil der Daten eine Störung ist, welche von 5G-Antennen ausgeht. Gerth vergleicht den Störeffekt mit dem eines lärmenden Nachbarn.


An den für die Wetterbeobachtung wichtigen Frequenzen (dunkelblau) besteht auch seitens der 5G-Anbieter Interesse (hellblau). (ITU, nature)

Für Europa steht das vorerst nicht zu befürchten, die hier bereits vergebenen Blöcke bewegen sich in viel niedrigeren Frequenzbereichen, in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei maximal 3,8 Gigahertz. Aber auch hier beschäftigt man sich mit der möglichen Nutzung höherer Frequenzbereiche. Für den Mobilfunk haben sie zwei wichtige Eigenschaften: mit höherer Frequenz sinkt zwar die Reichweite, aber die Datenübertragungsrate wird höher. Bänder in niedrigen Frequenzbereichen sind deshalb grösstenteils belegt.

Studie: bis zu 30 Prozent Datenverlust

Eine wissenschaftliche Untersuchung stellte 2010 fest, dass bei Störungen bis zu 30 Prozent der Daten zur Wettervorhersage verlorengehen können. Das hätte Auswirkungen auf die Wettervorhersage in Europa. Genaue Vorhersagen wären ohne diese Daten schwieriger. Eine neuere Studie der NASA und der Meeres- und Atmosphärenbehörde NOAA ist noch nicht veröffentlicht.


5G-Freqenzen, an denen international Interesse besteht (Global Mobile Suppliers Association 2017, Visualisierung: 5g-anbieter.info)

Das Gerangel um Frequenzen zwischen Funkern und Wissenschaftlern ist nicht neu, schon immer mussten sie sich Frequenzen teilen oder ausweichen. Doch es geschehe zum ersten Mal, dass wirklich wichtige Frequenzen bedroht seien, sagt Stephen English, Meteorologe am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen im englischen Reading. Zu den «Kronjuwelen», wie English sie nennt, gehören noch die Bereiche 36 bis 37 Gigahertz für Regen und Schnee, 50 Gigahertz für Temperaturmessungen und 86 bis 92 Gigahertz für Wolken und Eis. Würden sie durch 5G beeinträchtigt, könnten starke Stürme nicht mehr zuverlässig vorhergesagt werden, bestätigte sein Kollege Tony McNally im «Guardian». Schlimmstenfalls sei das eine Frage von Leben und Tod.

Endgültig entschieden wird im Oktober

Der Nationalen Kommunikationskommission (FCC) der USA war dies offensichtlich gleichgültig. Die Versteigerung der Frequenzen im 24-GHz-Bereich hatte ihr zwei Milliarden Dollar eingebracht. Im Dezember steht die nächste Versteigerung an, bei der weitere Frequenzbänder vergeben werden.

Die NOAA und die NASA hoffen auf ein Treffen der Regulierungsbehörden, das im Oktober im ägyptischen Sharm El Sheikh stattfinden wird. Dort soll festgelegt werden, welche Frequenzen weltweit für 5G genutzt werden dürfen und vor allem, welche Störstärke erlaubt ist. Derzeit liegt der Grenzwert der US-Behörde FCC 300-mal tiefer als derjenige in der EU – und 3‘000-fach unter der Empfehlung der Weltorganisation für Meteorologie.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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2 Meinungen

  • am 19.05.2019 um 16:48 Uhr
    Permalink

    Es passiert etwas eigenartiges mit der «Vergebung» von dieser 5G Technologie: nicht nur scheint sie, wie erwähnt in diesem Artikel, lebenswichtiger Austausch von Daten zu bedrohen , sondern die Art und Weise, wie die Zulassung der damit verbundenen höheren Grenzwerte zB in der Schweiz stattfindet, ist höchst eigenartig: der Bund hat über die Erhöhung dieser Grenzwerte NOCH NICHT befunden, aber das System wurde schon bestellt – Huwei lässt danken – , zum Teil schon aufgebaut (Salt) und überall, ja überall sieht man 5G – anpreisende Plakate – mehr als diejenigen, die damals zB in der DDR den «Sozialismus» verherrlichten … – Technologie-Konzerne eine neue Form von Diktatur ?

  • am 8.06.2019 um 14:47 Uhr
    Permalink

    Jetzt können die sog. Klimaleugner behaupten, dass die Grundlagendaten bezüglich der Auswirkung von zusätzlichen Treibhausgasen sowieso gestört sind.

    Ist doch erfreulich für die USA und die RF, die nach wie vor existenziell von der Förderung fossiler Energien total abhängig sind und es von den jeweiligen kapitalgewaltigen Oligarchen auch sein sollen. An dieser Stelle hat das Trump- u. das Putin-Lager starke gemeinsame Interessen.
    Wenn dieser Bericht stimmt, der nur noch bis zum 11.6. verfügbar ist, braut sich für die USA ein Debakel zusammen, auch auf dem Finanzsektor :
    https://www.n-tv.de/wirtschaft/US-Olfelder-haben-zu-viele-Kinder-article20887640.html
    Eventuell haben die USA sowieso in die falsche Fördertechnik investiert u. der Newcomer VR China hat mal wieder die besseren Schlüsse gezogen :
    https://translate.google.at/translate?hl=de&sl=en&u=https://www.voanews.com/a/china-fracking-co2/4940073.html&prev=search

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