MopaniFabrik

Glencores Mopani Mine in Sambia hat über Jahre die Schwefeldioxid-Grenzwerte der Behörden missachtet © SRF

Tod durch Schwefelgas: Glencore muss Opferfamilie entschädigen

Red. /  Für das höchste Gericht in Sambia steht fest: Glencore hat Anwohner eines Kupferwerks fahrlässig giftigen Schwefelgasen ausgesetzt.

Über Jahre hat Glencores Kupferwerk Mopani die Luft der Stadt Mufulira mit gewaltigen Mengen Schwefeldioxid und Schwermetallen vergiftet. Viele Anwohner der Fabrik leiden bis heute unter Asthma oder starben frühzeitig an Lungenkrankheiten. Eines der Opfer ist die sambische Politikerin Beatrice Mithi. Die 58-Jährige starb am 31. Dezember 2013 an den Folgen eines Asthma-Anfalls. An diesem Abend trug der Wind die Schwefeldioxid-Abgase von Glencores Kupferschmelzwerk in die Wohnquartiere der Stadt Mufulira. Die Obduktion kam zu einem klaren Ergebnis: Todesursache war akutes Atemversagen, ausgelöst durch «das Einatmen toxischer Gase».


Beatrice Mithi, wenige Wochen vor ihrem Tod: Die Politikerin kämpfte seit Jahren gegen die Abgase des Glencore-Kupferwerks Mopani. (Quelle: Muvi TV/SRF)
In der Folge verurteilte ein sambisches Zivilgericht den verantwortlichen Schweizer Rohstoffkonzern zu einer Entschädigungszahlung an die Familie der Verstorbenen. Der High Court in der Stadt Kabwe kam zum Schluss, dass Glencores Tochterunternehmen seine Sorgfaltspflicht gegenüber den Anwohnern des Kupferwerks nicht wahrgenommen habe. Die Fabrik habe «wissentlich und fahrlässig» hohe Schadstoffmengen freigesetzt und geltende Grenzwerte überschritten (Infosperber berichtete).
Rechtskräftiges Urteil
Glencore akzeptierte das Urteil nicht und legte Berufung ein. Doch der Rohstoff-Multi ist damit abgeblitzt. Am 24. August hat der Oberste Gerichtshof Sambias das Urteil der Vorinstanz von 2016 bestätigt. Mehr noch: Die Entschädigungssumme an die Familie wurde mehr als verdoppelt. Statt 400’000 sambischen Kwacha muss Glencores Mopani Mine der Familie Mithi nun eine Million Kwacha zahlen. Zusammen mit den Zinsen sind das umgerechnet rund 65’000 Franken.

Über das rechtskräftige Urteil gegen den Glencore-Betrieb hat SRF in der Sendung «10vor10» am 25. August ausführlich berichtet. Schweizer Print-Medien informierten bisher nur vereinzelt mit einer kurzen Agenturmeldung von Keyston-SDA über den Schuldspruch.

«Grenzwerte über Jahre missachtet»
In der Urteilsbegründung, die SRF vorliegt, steht, es gebe «überwältigende Beweise», dass die zum Glencore-Multi gehörende Kupfermine Mopani «über Jahre die Schwefeldioxid-Grenzwerte der Behörden missachtet und damit das Recht auf Leben einer ganzen Gemeinschaft gefährdet hat». Dabei sei es «in der Kapazität des Unternehmens» gewesen, «die Mengen von Abgasen, die in die Umgebungsluft emittiert wurden, zu kontrollieren». Laut den Gerichtsakten betrug die Schwefeldioxid-Konzentration in den Wohnquartieren neben dem Kupferschmelzwerk 2013 im Tagesdurchschnitt bis zu 5640 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In Sambia gilt ein Grenzwert von 125 Mikrogramm.

Auszug aus der Urteilsbegründung: Die Richter führen «überwältigende Beweise» dafür an, dass Glencores Mopani Mine «über Jahre die Schwefeldioxid-Grenzwerte der Behörden missachtet und damit das Recht auf Leben einer ganzen Gemeinschaft gefährdet hat». (Quelle: SRF)

Jahrelang haben die sambischen Behörden diese massive Luftverschmutzung des Glencore-Betriebs einfach hingenommen. Auch das kritisiert das Oberste Gericht scharf: Es sei «schockierend, dass diese wiederholten und andauernden Verstösse, welche das Recht auf Leben der Anwohner ausgehöhlt haben, von der sambischen Umweltschutzbehörde nicht nach den Vorgaben des Gesetzes zur Bestrafung der Fehlbaren geahndet wurden».
Auf Anfrage von SRF schreibt Glencore, Mopani sei «enttäuscht über den Ausgang der Berufung» und analysiere die Entscheidung. Glencore verweist zudem auf technische Verbesserungen im Kupferwerk Mopani. Eine 2014 erstellte Filteranlage reduziere jetzt die gesundheitsgefährdenden Schwefeldioxid-Emissionen erheblich, betont Glencore.
Umstrittener Besuch von Bundesrat Cassis
Im Januar 2019 besuchte Bundesrat Ignazio Cassis das Mopani-Werk in Sambia und lobte dessen Engagement zur Eindämmung der Luftverschmutzung. Für den umstrittenen Besuch und seine Aussagen erntete Cassis viel Kritik. Eine Pressemitteilung des EDA, in der fälschlicherweise behauptet wurde, Mopani halte neuerdings die strengen Schwefeldioxid-Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO ein, musste vom Departement Cassis wieder von Netz genommen werden.
Wie viel Schwefeldioxid-Abgase beim Betrieb heute tatsächlich noch in die Umwelt ausgestossen werden, wird sowohl von Glencore wie auch von den sambischen Behörden verschwiegen. Lokale NGOs sagen, die Situation habe sich nicht wirklich verbessert. Das zeigten auch Stichproben der «Rundschau». Im Sommer 2019 ergaben Schadstoffmessungen in der Umgebung der Mopani-Fabrik immer noch überhöhte Schwefeldioxid-Werte von bis zu 1551 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Tagesmittel. Der WHO-Grenzwert beträgt 20 Mikrogramm.
Hoffnung für weitere Opfer
Für die Familie der verstorbenen Beatrice Mithi sind die 65’000 Franken Entschädigung ein schwacher Trost. Doch das Urteil könne anderen Betroffenen Mut und Hoffnung geben, sagt Mithis Sohn im Gespräch mit «10vor10». In Mufulira gibt es zahlreiche Familien, welche die Abgase für die Erkrankungen oder den Tod von Angehörigen verantwortlich machen. Das rechtskräftige Urteil im Fall Mithi ebnet nun den Weg für weitere zivilrechtliche Klagen.

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Infosperber berichtete schon mehrmals über die Glencore-Mine Mopani in Sambia:


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

Gift_Symbol

Gifte und Schadstoffe in der Umwelt

Sie machen wenig Schlagzeilen, weil keine «akute» Gefahr droht. Doch die schleichende Belastung rächt sich.

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2 Meinungen

  • am 10.09.2020 um 13:24 Uhr
    Permalink

    Respekt
    Ein mutiger Akt, mögen die krank gemachten Menschen Heilung und die Verstorbenen Trost und Frieden finden. Eine wirkungsvollen Prävention und Kontrollen von Anfang an hätten dies verhindern können.

  • Portrait_Jacques_Schiltknecht
    am 15.09.2020 um 20:27 Uhr
    Permalink

    Gemäss HZ, dem Onlineportal von Handelszeitung und Bilanz, erhielt Anthony Hayward, der Verwaltungsratspräsident von Glencore 1,150 Millionen für seine Dienste als Verwaltunsratspräsident. 2013 teilten sich eine Handvoll Glencoreaktionäre über 400 Mio an Dividenden.
    Familie Mithi erhält als Abgeltung für den qualvollen Tod von Beatrice Mithi, einer Politikerin, die gegen die Abgase des Glencore-Kupferwerks Mopani kämpfte, rund 65’000 Franken. (5,7 % der Entschädigung von A. Hayward für dessen «Aufsichtsdienste», respektive 0,016% des 2013 ausbezahlten Dividendenpakets). Welcher Tatbestand liegt vor? Wer ist Verantwortlich? In welche Kategorie fällt dieses Tötungsdelikt?
    Jacques Schiltknecht, Luzern

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