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Zwei Weltorganisationen liefern sich "vertrauliche Informationen" © independentwho

Das Atomenergie-Business ist zu eng verbandelt

Christian Müller /  Das Ensi verlangt alleinige Entscheidungskompetenz. Das ist höchst gefährlich. Es gibt guten Grund, ihm zu misstrauen.

Vor einigen Wochen hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi bzw. dessen Chef Hans Wanner an einer öffentlichen Veranstaltung gefordert, dass das Ensi künftig allein zuständig sein sollte für die Beaufsichtigung der nuklearen Anlagen in der Schweiz und dass die Kommission für Nukleare Sicherheit KNS dem Ensi direkt zu unterstellen sei (Inforsperber berichtete). Erstaunlicherweise gab es bisher gegen dieses höchst gefährliche Vorhaben weder von politischer noch von Medien-Seite heftige Reaktionen. Auch das Uvek liess lediglich verlauten, man werde den Vorschlag prüfen.

Es kann nicht genug gewarnt werden. Denn man muss wissen: Die im Nuklear-Bereich tätigen Firmen und Institutionen sind eng miteinander verbandelt. Zu eng. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch international.

In seinem Referat vom 4. September 2012 in Brugg, in dem Ensi-Direktor Hans Wanner nicht nur mehr Kompetenzen, sondern sogar abschliessende Kompetenzen für das Ensi forderte, verwies er auf einen diesbezüglichen Vorschlag der Internationalen Atomenergieagentur IAEA. Dann ist der Vorschlag wohl sinnvoll, könnte man zu denken geneigt sein. Doch es ist genau umgekehrt: Dass der Vorschlag von dieser Seite kommt, macht ihn doppelt suspekt. Denn die IAEA ist die Agentur, die zur Förderung der Nutzung der Atomenergie geschaffen wurde, ist also eine klare Interessenvertreterin der Atomenergie-Industrie.

Verbandelung auf höchster Ebene

Die Realität ist die: Die WHO, die World Health Organization, eine Unterorganisation der Uno, zu deutsch die Welt-Gesundheits-Organisation, ist zuständig für die Überwachung der Gesundheit auf internationaler Ebene. Sie ist damit selbstverständlich auch die Organisation, die sich darum bemühen sollte, gesundheitliche Schäden durch radioaktive Strahlung von Atomanlagen zu verhindern. Sie müsste zum Beispiel der Internationalen Atomenergieagentur auf die Finger schauen.

Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt zwischen der WHO und der IAEA schon seit dem Jahr 1959 einen Vertrag, wonach die beiden Organisationen eng zusammenarbeiten und sich gegenseitig «vertraulich informieren». Zwei kleine Auszüge aus dem Vertrag:

«The International Atomic Energy Agency and the World Health Organization recognize that they may find it necessary to apply certain limitations for the safeguarding of confidential information furnished to them …»

«Whenever either organization proposes to initiate a programme or activity on a subject in which the other organization has or may have a substantial interest, the first party shall consult the other with a view to adjusting the matter by mutual agreement.»

Der Inhalt ist nach heutigen Vorstellungen von Transparenz schlicht ein Skandal und hilft mit, das Vertrauen in solche Organisationen zu untergraben.

Zum Glück gibt es eine – wenn auch bisher wenig beachtete – Organisation, die Independent-WHO, die versucht, die Öffentlichkeit auf diese gefährliche Zusammenarbeit zwischen WHO und IAEA aufmerksam zu machen. Doch trotz Fukushima ist der Vertrag der beiden internationalen Institutionen bisher nicht aufgehoben worden.

Wie einfach wäre es doch, wenn es auch in der Schweiz nur noch das Ensi als zuständige Stelle gäbe. Dann könnte auch zwischen Ensi und IAEA ein Vertrag gemacht werden, dass man sich die nützlichen Informationen künftig «vertraulich» zuspielt…
Zur Erinnerung 1: Die Hauptschuld an der Katastrophe von Fukushima liegt nach Angaben des offiziellen Untersuchungsberichts beim Filz zwischen Betreibern, Aufsichtsbehörden und Politikern.
Zur Erinnerung 2: Das gesundheitliche und finanzielle Risiko eines Unfalls tragen weder das Ensi noch die IAEA und deren Manager, sondern die Bevölkerung im weiten Umkreis der AKWs.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Ensi

Atomaufsichtsbehörde Ensi

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi entscheidet darüber, ob AKWs noch sicher genug sind.

1920px-AKW_Leibstadt_CH

Die Sicherheit Schweizer AKWs

Nach einer Katastrophe drohen Krankheiten oder Tod. Und Gebäude- und Hausratversicherungen zahlen keinen Rappen.

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