Schule

Lernen in der Schule – am «Was» und «Wie» scheiden sich die Geister © cc

Es wird ungemütlich beim Lehrplan 21

Heinz Moser /  Der Lehrplan 21 steht unter einem schlechten Stern. In manchen Kantonen wächst der Widerstand. Das hat mehrere Gründe.

Die Kritik am gesamtschweizerischen Lehrplan 21 ist in den letzten Wochen stark gewachsen. In mindestens sechs Kantonen soll das Volk aufgrund von Initiativen über die Einführung entscheiden. Dabei sah es bis vor kurzem noch gut aus: Insgesamt war der neue Lehrplan wenig umstritten. Bereits im Mai 2006 hatte das Volk einen Verfassungsartikel angenommen, der die Schweiz als einheitlichen Bildungsraum definiert.

Doch der Schein vom ruhigen Fahrwasser trügt. Bei den aktuellen bildungspolitischen Wirren kommt mehreres zusammen:

Die Schule und der Föderalismus

Der Föderalismus im Bildungswesen war über Jahrzehnte ein charakteristisches Merkmal der Schweizer Schulen. In den Kantonen fürchtete man den «eidgenössischen Schulvogt» seit Beginn des Bundesstaates wie der Teufel das Weihwasser. Je mehr Funktionen in Wirtschaft und Politik auf den Bund übergingen, desto stärker wehrte man sich für die kantonale Kultur- und Bildungshoheit als Element kantonaler Identität.
Reformer stellten aber immer wieder die Frage, ob im Zeichen zunehmender Mobilität und internationaler Vernetzung auch im Bildungswesen die Einheitlichkeit zu verstärken sei. Der Durchbruch schien mit der Annahme des Bildungsartikels auf Bundesebene erreicht. Eine gewaltige Mehrheit von 86% stimmten 2006 an der Urne zu.
Doch warum droht jetzt wieder Ungemach? Zum einen nahm damals lediglich eine Minderheit von 27% der Bevölkerung an der Abstimmung teil. Konkrete Lehrplanüberlegungen spielten zudem bei der «Schaffung eines einheitlichen Bildungsraums» noch keine Rolle. Also trotz dem eindeutigen Resultat eine recht wacklige Geschichte.

Die Geheimniskrämerei

Die Ausarbeitung des Lehrplans 21 fand dann weitgehend hinter verschlossenen Türen statt, wobei handverlesene Experten daran beteiligt waren. Eine allgemeine Diskussion über die Volksschule fehlte dagegen. Bei der Grösse der Aufgabe, einen Lehrplan für alle Fächer der Volksschule zu schaffen, ist die Geheimniskrämerei ein Stück weit verständlich. Eine ausufernde Diskussion zu Beginn der Arbeit hätte die ganz Übung schon am Anfang gefährdet. Doch gewonnen hat man nur, dass nun die zu Beginn vernachlässigte Diskussion umso heftiger ausbricht.

Das überladene Reformpaket

Die Riesenaufgabe der Entwicklung eines Lehrplans über alle Fächer und Themen hinweg führt jetzt dazu, dass sich eine heterogene Opposition zusammenrauft, die den Lehrplan 21 in zahlreichen Punkten kritisiert. Plötzlich verbünden sich die vielen einzelnen Stimmen der Kritik um kantonale Volksinitiativen, und der ungeliebte Lehrplan wird zum gemeinsamen Feindbild.

Die Skepsis gegenüber Experten

Was die Opposition zusätzlich eint, ist die Skepsis gegenüber den Experten, welche den Lehrplan ausgearbeitet haben. Diese Skepsis macht sich in den Vorbehalten zum «selbstorganisierten Lernen» und zu der Kompetenzorientierung des Lehrplans Luft, welche bis vor kurzem noch als Kern der Neuerung für eine moderne Schule gefeiert wurden. Die Kritik, dass auch Wissen wichtig sei, das nicht unmittelbar «anwendbar» und handlungswirksam sei, wird heute auch von Erziehungswissenschaftlern wie dem Zürcher

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

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Bildungsreformen

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