Kommentar

Was die Fifa und VW gemeinsam haben

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsDie beiden Ökonomen, Querdenker und Publizisten Matthias Weik und Marc Friedrich schrieben 2012 zusammen den Bestseller ©

Marc Friedrich /  Ob im Fussball oder jetzt im VW-Skandal – der Scheinheiligkeit sind keine Grenzen gesetzt. Auf der Strecke bleiben Ethik und Moral.

Endlich wird gegen die Granden der Fifa ermittelt. Jedoch nicht von der Justiz der grossen europäischen oder südamerikanischen Fussballländer, sondern von der Justiz der USA. Es kommt ans Licht der Öffentlichkeit, was allgemein schon lange bekannt war – dass Korruption in der Fifa gang und gäbe ist.
Bundesverdienstkreuz für Sepp Blatter
Nichts desto trotz haben sich Politiker weltweit und insbesondere auch deutsche Spitzenpolitiker im Glanz des Fussballs und insbesondere im Glanz des «Fifa-Sonnenkönigs» Sepp Blatter gesonnt. Ob Herr Schröder, Frau Merkel, Herr Gauck, Herr Schäuble, Herr Wulff… alle lächeln in die Kamera neben König Sepp der I.
On Top hat Angela Merkel, auf ausdrücklichen Wunsch des damaligen Innenministers Otto Schily, 2006 Sepp Blatter sogar noch das Grosse Bundesverdienstkreuz überreicht. Laut der Webseite des Bundespräsidenten wird «der Verdienstorden an in- und ausländische Bürgerinnen und Bürger für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen» verliehen sowie darüber hinaus «für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland, wie zum Beispiel im sozialen und karitativen Bereich». Das Bundesverdienstkreuz ist die höchste Anerkennung, welche die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht.
250 Millionen Steuereinnahmen entgangen
Vielleicht hat Sepp Blatter die Verdienstauszeichnung dafür erhalten, dass die Fifa während der Fussballweltmeisterschaft in Deutschland einen riesen Reibach gemacht hat und keinerlei Steuern bezahlt hat. Denn die oberste Regel der Fifa lautet: Eine WM ausrichten darf nur, wer der Fifa vorab Steuerfreiheit zugesichert hat. Schätzungen zu Folge sind dem deutschen Fiskus für die WM im eigenen Lande 250 Millionen Euro Steuereinnahmen entgangen.
In der Schweiz gilt die Fifa als gemeinnützig
Auch in Südafrika und Brasilien hat die Fifa selbstredend keine Steuern bezahlt. Auch alle Fifa-Partner sind von der Zahlung der Einkommens- und Mehrwertsteuer befreit. In Brasilien waren das u.a. Sony, Adidas, Coca-Cola, der Autobauer Hyundai, die Fluggesellschaft Emirates und der Kreditkartenriese Visa.
Selbstverständlich sind auch die Gewinne am Sitz der Fifa in der Schweiz steuerfrei. Trotz Bemühungen dies zu ändern, hält der Bundesrat der Fifa die Eckstange und lässt den multinationalen Konzern weiterhin als gemeinnützige Organisation gelten.

Blatter zum Ritter von Frankreichs Ehrenlegion geschlagen
Auch weitere Verleiher von Orden oder sonstiger elitärer Preise haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Neben dem Bundesverdienstkreuz ist Sonnenkönig Sepp auch noch stolzer Besitzer des Olympischen Ordens, des Bambis sowie Ritter der französischen Ehrenlegion. Man begreift langsam, dass immer mehr Menschen die Politik, sowie die Verleiher von diversen elitären Preisen, nicht mehr ernst nehmen.

Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass die Riege um Blatter lediglich so mächtig geworden ist, weil unsere Mächtigen aus Politik und Wirtschaft sie so mächtig gemacht haben. Ohne das viele Geld der Sponsoren und das Geld für die TV-Rechte, welches im Falle Deutschlands auch noch das Geld der Bürger ist, wären die Granden der Fifa kleine unbedeutende Vereinsmeier. Selbst der Uefa-Präsident Platini hat Zuwendungen in Millionenhöhe von der Fifa erhalten, und der deutsche DFB-Präsident Niersbach hält sich verdächtig bedeckt mit Kritik an dem korrupten und verrotteten System der Fifa. Als enger Vertrauter des Uefa-Präsidenten Michel Platini zählte er, laut Spiegel, zu jenen Top-Funktionären, die Aufklärung und Reformen aktiv behinderten.
Von der Fifa zum Betrugsprogramm der VW
Bis vor kurzem haben viele in Deutschland genüsslich mit dem Finger auf die Schweiz mit ihrer korrupten Fifa-Funktionärszentrale gezeigt, doch jetzt haben wir mit dem VW-Skandal auch in Deutschland ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Ein jeder Autofahrer weiss, dass die Verbrauchsangaben (getestet unter Laborbedingungen) aller Automobilhersteller umgangssprachlich «eine Verarschung» sind und mit der Realität nichts zu tun haben. Seit kurzem ist nun bekannt, dass Deutschlands grösster Autokonzern Volkswagen massiv betrogen hat. Dummerweise hat der VW-Konzern elf Millionen Autos verkauft, in denen ein Betrugsprogramm läuft, das den Umweltbehörden falsche Abgaswerte vorgaukelt. Blöderweise wurde man jetzt erwischt.
Wiederum schritt die US-Justiz ein
Abermals wurden Werte und Moral mit Füssen getreten, abermals sind es amerikanische Behörden die den Betrug in grossem Stil aufgedeckt haben, und abermals geben sich deutsche Politiker und Behörden überrascht und schockiert. Glaubhaft ist die Überraschung nicht, denn seit etwa einem Jahr wusste die Bundesregierung, dass Diesel-Autos weitaus mehr Stickstoffoxid ausstossen als die Hersteller angeben.
Es stellt sich die Frage, was macht eigentlich das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt, das laut eigenen Angaben «einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrssicherheit, zum Umweltschutz und zur Bereitstellung von Informationen über den Strassenverkehr» leisten sollte? Sind die USA einfach cleverer oder testen die einfach besser? Fragen über Fragen.
Bereits 2011 hatte sich ein Techniker an seinen Vorgesetzten in Wolfsburg gewandt, um auf die illegale Abgas-Software aufmerksam zu machen. Der Zulieferer Bosch soll bei VW ebenfalls darauf hingewiesen haben, dass ein Einsatz der Technik in normalen verkauften Fahrzeugen gesetzwidrig sei. All dies blieb folgenlos, und niemand will etwas von der Manipulation gewusst haben.
Konzernspitze muss den Schwindel abgesegnet haben
Keiner kann uns erzählen, dass in einem streng hierarchisch geführten Konzern wie VW mit seinen Marken VW, Audi, Skoda, Seat etc. eine solch gravierende, jahrelange Manipulation auf unterer Managementebene möglich ist. In deutschen Grosskonzernen lässt sich ein jeder auch eine noch so hanebüchene Entscheidung von seinem Vorgesetzten absegnen. Folglich muss die höchste Ebene den Betrug abgesegnet oder zumindest toleriert haben. Mittlerweile ist der eine oder andere Top-Manager gegangen oder gegangen worden.
Doch der VW-Vorstandsvorsitzende und ehemalige Entwicklungsvorstand Martin Winterkorn verkündete in seiner Rücktrittserklärung, dass er im Interesse des Unternehmens die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmässigkeiten bei Dieselmotoren übernehme, obwohl er sich keines Fehlverhaltens bewusst sei.
Diese Worte sind clever gewählt. Denn wenn er eine Schuld eingesteht, gibt es kein Geld. Winterkorn besteht jedoch auf die Ausbezahlung seines bis Ende 2016 äusserst attraktiv laufenden Vertrages. In Anbetracht seines Salärs in Höhe von 16 Millionen Euro im Jahr also keine unerhebliche Summe. Ferner soll er mindestens eine Million pro Jahr an Pension erhalten – rein prophylaktisch hat VW hat dafür bereits 28,6 Millionen Euro zurückgestellt.
Es sollte ein für alle Mal Schluss sein mit dieser Selbstbedienungsmentalität von Topmanagern. Abgesehen vom enormen Imageverlust für den VW-Konzern und die Marke «Made in Germany» wurden seit Bekanntwerden des Betrugs Milliarden an Aktionärsgeldern vernichtet. Binnen kürzester Zeit verlor die Aktie 40 Prozent ihres Wertes.
Meldepflicht verletzt?
VW hat den Abgas-Betrug gegenüber den US-Behörden zugegeben, dummerweise aber den Aufsichtsrat und die Aktionäre erst Wochen später informiert. Damit hat der Autobauer möglicherweise die Pflicht verletzt, einen börsenrelevanten Tatbestand sofort zu veröffentlichen. Falls ein Gericht dies bestätigt, können Aktionäre laut Wertpapier-Recht ihre Kursverluste einklagen.
Ferner wird der Konzern Milliarden Dollar an Strafe bezahlen müssen. Die US-Anwälte reiben sich bereits die Hände und bereiten eine Sammelklage nach der anderen vor. Vor Übertreibungen des US-Haftpfichtrechts ist VW nicht gefeit.
Nun stellt sich die Frage: Wer wird das bezahlen? Es ist zu befürchten, dass die verantwortlichen Manager auch in diesem Fall weder für den Betrug weder gerade stehen noch mit Haus und Yacht haften müssen. Die Managerversicherung wird die hohe Schadensumme nicht abdecken.
Bei VW, der Fifa oder in andern Konzernen: Macht und Geld ziehen gerne opportunistische, egoistische und nimmersatte Menschen an. Wann wird bei unseren Eliten in Wirtschaft und Politik ein Umdenken stattfinden?


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Die beiden Ökonomen, Querdenker und Publizisten Matthias Weik und Marc Friedrich schrieben 2012 zusammen den Bestseller «Der grösste Raubzug der Geschichte – warum die Fleissigen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden».

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