Kommentar

Die ultimative An- und Abflugroute

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Mehr Flüge von Osten? Oder gekröpft von Norden? Nein, für den Zürcher Flughafen ist nur die beste Lösung gut genug.

In Politik und Wirtschaft gibt es zwei Begriffe, um die sich (fast) alles dreht: Die Menge und ihre Verteilung. Darum geht es auch beim Streit um den Fluglärm rund um Zürich-Kloten. Die Schweizer Verkehrsministerin Doris Leuthard will die Menge der Flüge nicht begrenzen. Der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer wünscht sich möglichst wenig Fluglärm über seinem Land.

Dem trägt der neue Staatsvertrag, den die beiden aushandelten, jetzt Rechnung: Die Zahl der Flüge bleibt nach oben offen wie die Richterskala. Aber der Teil, der in den besonders störenden Randzeiten lärmt, wird über Deutschland kleiner, über der Schweiz grösser.

Damit bleibt nur noch die Frage, wie man die grössere Menge an Flugzeugen, die über die Schweiz an- und abfliegen, künftig verteilen soll. Bei einer Volksabstimmung wäre das Resultat absehbar: Die Mehrheit der Stimmberechtigten, die im Süden des Flughafens wohnt, würde alle An- und Abflüge in die ländlicheren Gebiete im Norden, Westen und Osten verbannen, die schon heute mehr Starts und Landungen ertragen.

Doch das widerspricht dem Verursacherprinzip. Denn nach diesem Prinzip müssten die meisten Flieger dort lärmen, wo es am meisten Flugpassagiere gibt. Das ist erstens über dicht besiedelten Gebieten. Denn wo mehr Menschen wohnen und arbeiten, gibt es tendenziell auch mehr Fluggäste. Besonders zu berücksichtigen sind zweitens steuerstarke Gemeinden oder vornehme Stadtquartiere, weil Reiche mehr fliegen als Arme.

Aus dem ethisch und ökonomisch anerkannten Verursacherprinzip ergibt sich die folgende Anflugroute: Sie beginnt im Schwyzer Steuerparadies Wollerau, führt über die Zürcher Goldküste sowie die dicht besiedelte Stadt Zürich und endet im Tiefflug über Opfikon-Glattbrugg, wo sich viele globale Holdings mit vielfliegenden Managern angesiedelt haben. Die Abflüge erfolgen auf der gleichen Route in umgekehrter Richtung. Die Warteschlaufe wird über dem Zürichberg eingerichtet, wo sich die Villen ballen und der einstige Verkehrsminister Moritz Leuenberger residiert.

Diese ultimative An- und Abflugroute sorgt sowohl für eine verursachergerechte Verteilung des Lärms als auch für eine nachhaltige Eindämmung des energieintensiven Luftverkehrs. Eine bessere gibt es nicht.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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Dsenflugzeug

Flugverkehr

Freiheit für die einen, Klimakiller und Lärmbelästiger für andere. Auf jeden Fall ist er hoch subventioniert.

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5 Meinungen

  • am 17.07.2012 um 11:49 Uhr
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    Es steht jedem frei, seine Wohnlage vor Fluglärm schützen zu wollen, auch wenn man, wie Herr Guggenbühl in Illnau, also östlich des Flughafens wohnt. Falsche Angaben sind dabei jedoch nutzlos und frgawürdig. Alle wissen, dass die «dicht besiedelten Gebiete» nicht «vornehme Stadtquartiere» von Zürich sind sondern Schwamendingen. Nicht auszudenken, wenn da ein startednes oder landendes Flugzeug abstürzen würde!
    MFG Guy Bollag, Zürich-Witikon, wo es wie in Schwamendingen jeden Morgen von 6-7 Uhr fluglärmt, sowie jedes Wochenende und an Feiertagen von 6 bis 9 Uhr.

  • am 17.07.2012 um 12:32 Uhr
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    …ich vergass noch zu ergänzen, dass ich seit Jahren nicht mehr fliege, innerhalb Europas gibt es gute öV-Verbindungen. Grundsätzlich ist der Flugbetrieb massiv zu reduzieren, statt für den Flughafenprofit und denjenigen der deutschen Firma Swiss die Sicherheit und die Gesundheit der Bevölkerung zu opfern.

  • am 17.07.2012 um 18:58 Uhr
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    Ich, in Gockhausen wohnend, gehöre zwar auch zu den Lärmopfern – nur wegen ganz wenigen Metern, die ich ausserhalb der Anflugsgeraden liege, werde ich nicht in den Genuss von einer Gratis-Fensterschliessmaschine kommen – bin, wie Hanspeter Guggenbühl, der Meinung, dass das Verursacherprinzip gelten soll. Zudem: In dicht besiedelten Gebieten ist auch der Grundlärmpegel höher als dort wo weniger Leute wohnen. Deshalb ist der Zusatzlärm der Flugzeuge in dicht besiedelten Gebieten mit ihren Infrastrukturen Autobahn, S-Bahn, SBB, etc., weniger zu hören als dort, wo wenige Leute wohnen.
    Götz Perll

  • Portrait.Hanspeter Guggenbühl.2020
    am 20.07.2012 um 17:19 Uhr
    Permalink

    Obwohl im Osten gelegen gibt es beim Ostanflug im beschaulichen Illnau kein Fluglärm. Entgegen der Meinung von Guy Bollag habe ich also kein persönliches Interesse zu schützen. In meiner Glosse leite ich meine «ultimative An – und Anflugroute» über Gebiete, wo sich dichte Besiedelung und hohe Steuerkraft treffen. Im dicht besiedelten Schwammendingen ist die Steuerkraft tief. Drum plädiere ich Warteschlaufe über dem Zürichberg und Tieflug über Opfikon, nicht wie heute über Schwammendingen. Aber keine Angst: Wenn es weh tut, hat das Verursacherprinzip eh keine Chance.

    Hanspeter Guggenbühl

  • am 6.09.2012 um 07:13 Uhr
    Permalink

    Als ich «Glosse» las, habe ich gehofft irgend etwas Lustiges, Neues, Überraschendes zum sonst so todernsten Thema zu lesen. Weit gefehlt. Fertig gelesen und mich gefragt: Hab ich falsch geklickt, habe ich eine Medienmitteilung eines Ostvereins statt einer Glosse erwischt? Nichts als die immergleichen, langweiligen aber falschen Behauptungen. Zum Beispiel: Reiche fliegen mehr. Was für ein Stuss. Der Goldküstler hüpft am Freitagabend in seinen SUV und fährt in seinen Ferienhaus, der Prolet aus dem Osten hüpft in ein Flugzeug und fliegt für Fr. 20.- nach London. Der Goldküstler kann sich Ferien in der Schweiz leisten, der Prolet aus dem Osten bucht für 20% des Preises ein Last Minute Angebot am Mittelmehr. Was sie bei ihrer «verursachergerechten» Fairteilung wie immer, weil aus dem Osten, fairgessen haben: Verursacht wird der Fluglärm nicht (nur) durch die Passagiere, sondern durch Piloten, Fluglotsen usw. Und die wohnen im Norden und Osten, über 10% der Bevölkerung pendelt im «nahen Osten» zum Arbeitsplatz in Kloten. In der bösen, bösen Goldküste sind es 0.3% – 0.7% . Ein Passagier macht hin und wieder für 15 Minuten Krach, der Flughafenangestellte produziert über acht Stunden Lärm, Tag für Tag. Aber für ihren Kommentar würden sie die Polemiker aus dem Osten glatt den Kopf abreissen. Wir haben es schon immer vermutet, sie bestätigen es: Illnau hat keinen Fluglärm. Gemäss der Gemeinde-Faireinigung zur Fairteilung des Fluglärms, Region Ost genannt, ist selbst St. Gallen noch die reine Fluglärmhölle. Und auch dieser typische Ostkommentar durfte natürlich nicht fehlen: «Die Mehrheit der Stimmberechtigten, die im Süden des Flughafens wohnt, würde alle An- und Abflüge in die ländlicheren Gebiete im Norden, Westen und Osten verbannen, die schon heute mehr Starts und Landungen ertragen.» Nein, es sind nicht die Mehrheit der Stimmberechtigten, es ist unser Gesetzt, gestützt durch den kürzlich gefällten Bundesgerichtsentscheid, dass Fluglärm dort zu konzentrieren ist, wo er am wenigsten stört. Das ist nun mal im dünn besiedelten Norden und Osten. Zudem: Der grosse Teil der Einwohner im Süden haben den Wohnort bewusst gewählt: Weil sie keinen Fluglärm wollten, durch die Raumplanung garantiert (dachte man). Im Norden und Osten ist man im vollen Bewusstsein Fluglärm zu haben hingezogen. Oft weil man am Flughafen arbeitet und Lärm produziert. Dieses ewige opfergehabe im Norden und Osten nervt: Es sind die Fluglärmtäter.

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