USMaisproduktion

Dunkel und hellgrün der Mais-Gürtel in den USA © US-Department of Agriculture

Die Lobbys der Mais-Staaten bestürmen Obama

upg /  Aus der stark reduzierten Maisernte wollen die einen vor allem Fleisch, die andern möglichst viel Agrartreibstoffe herstellen.

Präsident Barack Obama zögert. Er könnte die Verordnung, dass dieses Jahr 59 Milliarden Liter Treibstoffe aus Mais hergestellt werden müssen, vorübergehend suspendieren. Denn eine anhaltende Dürreperiode liess die Preise in die Höhe schnellen, so dass sich die Armen nicht nur in den USA, sondern vor allem in Mittel- und Südamerika ihr Grundnahrungsmittel kaum mehr leisten können. Infosperber hatte vor zwei Wochen darüber berichtet («Den Autofahrern sind die Hungernden egal). NZZ, Tages-Anzeiger, Sonntag und Tagesschau haben das Thema erst in den letzten Tagen aufgegriffen.

Welche Lobby hat das grössere Wählerpotenzial?

Der Zwang, Mais für Auto-Treibstoffe zu verarbeiten, soll die USA weniger abhängig vom Erdöl machen. Für diesen Zweck sind dieses Jahr über 40 Prozent der Maisernte reserviert. Die meisten Ethanol-Raffinerien gehören den landwirtschaftlichen Konzernen, die Mais anbauen. So können sie gleich bei zwei Verarbeitungsstufen mitverdienen. Sie sind an einem hohen Maispreis deshalb auch interessiert. Kein Wunder, versuchen finanzkräftige Agrar-Lobbys die Wähler gegen eine vorübergehende Aufhebung des Ethanol-Zwangs zu mobilisieren. Die kleinere Maisernte habe ja bereits dazu geführt, dass die Ethanol-Produktion sinke, argumentieren sie.

Fleischlobby wehrt sich
Dagegen fordern die Fleisch-Produzenten von Präsident Obama, einen grösseren Teil des Maises als Futtermittel für die Tier-Massenhaltung frei zu geben, um Fleisch produzieren zu können. Die Fleischproduzenten erhoffen sich dadurch Druck auf die hohen Preise, weil günstigere Futtermittel die Kosten der Fleischproduktion senken.

Stärkere Wählermobilisierung der Maisproduzenten und Treibstoffhersteller

Obama liess durch seine Sprecherin Jennifer Psaki ausrichten, der Präsident «stehe voll und ganz hinter dem Ethanol», berichtet die New York Times. Dessen Produktion schaffe Arbeitsplätze in den Mais-Staaten, und Agrartreibstoffe seien wichtiger Bestandteil der erneuerbaren Energien. Für die kommenden Präsidentschaftswahlen kann die Maisproduzenten- und Ethanol-Lobby offensichtlich mehr Wählerinnen und Wähler in diesen zum Teil Swing-Staaten mobilisieren als die Fleischlobby. Herausforderer Mitt Romney hält sich mit Stellungnahmen zurück. Vor den Wahlen ist kaum ein Entscheid gegen Agrartreibstoffe zu erwarten. Entsprechend hoch werden die Maispreise bleiben.

NACHTRAG
Nestlé-Verwaltungsratspräsident Peter Brabeck forderte in einem Interview mit der Sonntags-Zeitung vom 19. August 2012, man solle dringend aufhören, Nahrungsmittel für die Herstellung von Agrotreibstoffen zu verwenden: «Unser Problem ist, dass beinahe die Hälfte der Maisproduktion in den USA und 60 Prozent der Rapsproduktion in Europa zum Herstellen von Treibstoffen dient.» Als Folge davon würden die Preise heute auf doppelt so hohem Niveau schwanken als 2007.

Weiter zum Artikel vom 3. August 2010 «Den Autofahrern sind die Hungernden egal».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Macht und Einfluss von Lobbys

Für Anliegen zu lobbyieren ist legitim. Doch allzu mächtige Lobbys korrumpieren Politik und Gesellschaft.

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