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Merry Christmas in China – das Geschäft muss schliesslich laufen … © gk

Der Stern von Bethlehem – auch in Asien!

Peter G. Achten /  Man muss nicht in Europa in der Nähe des Schwarzwalds leben, um vom vorweihnachtlichen Lichterglanz geblendet zu werden.

Den ersten, reich geschmückten Weihnachtsbaum der diesjährigen Festsaison sichtete Ihr China-Korrespondent bereits Anfang November in der Pekinger Einkaufsstrasse Wanfujing. Einen Monat später ertrinken die Kaufhäuser auch in Shanghai oder Guangzhou (Kanton) im weihnächtlichen Lichterglanz. Ein ähnliches Bild präsentiert sich jetzt in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi oder im thailändischen Bangkok, ganz zu schweigen von Touristen-Destinationen wie den thailändischen Phuket oder Pattaya, dem chinesischen Hainan oder den vietnamesischen Danang und Na Trang. Nicht dass das Christentum im Fernen Osten Einzug gehalten hätte. Keine Rede davon. Hintergrund ist vielmehr der globalisierte Kommerz. Mit Ausnahme natürlich des einzigen christlichen Landes in Asien, den Philippinen, wo Kommerz sich wie im Westen mit Religion vermengt.

Konsumrausch der Massen

Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong hat bei der Verbreitung des Weihnachts-Geistes in Asien eine Vorreiterrolle gespielt. Bereits zur britischen Kolonialzeit strahlten dort Weihnachtsbäume und Festbeleuchtung um die Wette, als im benachbarten China anstelle von Weihnachtssternen noch klassenbewusst Hammer und Sichel den öffentlichen Ton angaben. Mittlerweile dienen Weihnachten eben dem Konsumrausch der Massen und dem Profit der Anbieter und Produzenten, denn Chinas und auch Vietnams Kommunisten sind längst die besseren Kapitalisten als ihre europäischen und amerikanischen Lehrmeister.
Im gleichen Atemzug sind die neuen Vorzeige-Kapitalisten laut Vorgaben der Partei politisch korrekt gegen westliche Werte. Obwohl doch etwa der Nachwuchs der obersten Parteispitze – Staats- und Parteichef Xi Jinping eingeschlossen – im Ausland, vornehmlich in den USA studiert, und, horribile dictu, auch Karl Marx und Friedrich Engels aus dem Westen importiert worden sind.

Businessplan

Aus Weihnachten ist jedenfalls – um es Neudeutsch auszudrücken – ein Marketing-Tool geworden. Man mag das bedauern, es ist aber längst lukrative Realität. Es wird hoffentlich nicht mehr lange dauern, bis das chinesische Neujahrsfest und das vietnamesische Tet-Fest für den selben kommerziellen Zweck im Westen entdeckt werden. Wo immer man sich jedenfalls im Dezember bewegt, dem Weihnachtslichtermeer ist nicht zu entkommen. Der Stern von Bethlehem, der Stern der Weisen schreibt in Ost und West den Businessplan.

Die Schweiz, wo Ihr Korrespondent Weihnachten erwartet, wird geradezu von einem Lichtermeer überflutet. Öffentlich wie privat. Nicht nur Städte, auch kleinere Agglo-Gemeinden schmücken ihre Strassen mit mehr oder weniger dezentem Weihnachts-Lichtschmuck. Viele Häuser sind mit zum Teil buntem Lichtregen illuminiert. Zwei, drei, viele elektrifizierte Kerzli aber sind das Minimum. Wenn sich das wie im vergangenen Jahrzehnt lichtmässig derart rasant weiterentwickelt, gibt es berechtigte Zweifel am Atomausstieg. Einen solch rüden, realitätsnahen Zwischenruf jedoch lässt man zur Weihnachtszeit, der Zeit des Friedens und der Harmonie, besser beiseite. Schliesslich nähern wir uns erst dem Jahr 2017 und nicht dem Energie-Entscheidungsjahr 2050 …

Es geht nicht ohne Ranking

Aber ein Ranking der schönsten öffentlichen Weihnachtsbeleuchtung muss sein, denn es gibt im digitalen, post-faktischen Zeitalter keine Website ohne eine solche, völlig an den Haaren herbeigezogene Rangliste. Wohlan denn! Lange war nach Durchsicht eines guten Dutzends von Weihnachtsbeleuchtungen in Ost und West die Zürcher Bahnhofstrasse Spitzenreiter. In der Tat, das dezente Lichtermeer über den Köpfen der Konsumentinnen und Konsumenten ist diskret und doch wahrnehmbar. Es wirkt poetisch, träumerisch, im Gegensatz zu den eher konventionellen, etwas aufdringlichen Lichtern etwa in Küsnacht ZH oder Estavayer-le-Lac. Aber Downtown Zürich hat die weihnachtliche Lichter-Konkurrenz nach Ansicht Ihres China-Korrespondenten dennoch knapp vor dem Zielstrich verloren. Wie kürzlich wieder beobachtet, besticht die vietnamesische Hauptstadt Hanoi, zugegebenermassen nicht nur vor Weihnachten, mit einer gradlinigen und deshalb umso überzeugenderen Belichtung: Ein einfacher, leuchtender Stern ist über die Strassen gespannt. Ohne Firlefanz. Ab und zu unterbrochen von Hammer und Sichel …


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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