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Geschwärztes Protokoll der Forums-Sitzung vom 19. September 2014 © -

Atomaufsicht Ensi produziert Schwarze Löcher

Kurt Marti /  Neuer Höhepunkt der Intransparenz: Das Ensi schwärzt sogar die Namen in den Protokollen eines öffentlichen Forums.

Seit Mai 2013 hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi sieben Mal das Technische Forum Kernkraftwerke (TFK) durchgeführt, an dem Vertreter des Bundes, der Gemeinden, der Kantone, des Ensi, der AKW-Betreiber, der Atomlobby und der Umweltorganisationen teilnahmen. Mit diesem öffentlichen Forum will das Ensi eine Plattform bieten, «um sicherheitstechnische Fragen zum Betrieb von Kernkraftwerken vertieft und transparent diskutieren zu können». In diesem Sinne wurden die bisherigen TFK-Protokolle mit den Namen der Teilnehmenden auf der Internetseite des Ensi publiziert.

Seit rund einem Monat jedoch sind sämtliche Namen im Protokoll des 6. und 7. Forums eingeschwärzt. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Vertreter der öffentlichen Hand und der Stromwirtschaft sowie um Interessenvertreter, also nicht um gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger. Mit der Schwärzung der Namen ist die vom Ensi postulierte Transparenz nicht mehr gewährleistet, ist es doch das Ziel eines solchen öffentlichen Forums, zu wissen wer welche Aussage gemacht hat.

Datenschützer bezieht sich nicht auf die Protokolle

Auf Anfrage von Infosperber berief sich das Ensi auf den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragen EDÖB, laut dessen Einschätzung die Publikation der Namen der Fragesteller und Teilnehmer des Technischen Forums Kernkraftwerke «nicht datenschutzkonform» sei. Deshalb habe das Ensi «als Sofortmassnahme» das Protokoll der letzten beiden Sitzungen «geschwärzt».

Von einer Empfehlung zur Schwärzung der TFK-Protokolle will aber der EDÖB auf Anfrage nichts wissen. Er habe sich zwar von sich aus beim Ensi gemeldet, aber seine Bemerkungen hätten sich «nicht auf die Protokolle» bezogen, sondern «einzig» auf den Link «Eingereichte Fragen/Antworten» auf der Webseite des Ensi, wo die Namen von Fragestellern aus der Bevölkerung publiziert wurden. Diese hat das Ensi inzwischen auch ausgeblendet.

Lauter Namen von öffentlichem Interesse

Laut Auskunft des Datenschützers müssen Behörden, die Personendaten publizieren wollen, «das Datenschutzgesetz DSG respektieren, das u. a. besagt, dass Behörden eine rechtliche Grundlage oder – in Einzelfällen – die Einwilligung der betroffenen Personen benötigen, in diesem Fall jene der Fragesteller». An diese Bestimmung habe der Datenschützer das Ensi erinnert.

Was aber die TFK-Protokolle betreffe, sei laut DSG, Art. 19 Ziff. 1 1bis «eine Publikation von Personennamen insbesondere dann möglich, wenn:

  • die betreffenden Personendaten im Zusammenhang mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stehen; und
  • an deren Bekanntgabe ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht».

Genau diese beiden Kriterien erfüllen sämtliche Teilnehmer des Forums, wie die ungeschwärzte Teilnehmerliste des TFK-Protokolls der 5. Sitzung zeigt. Darauf figurieren lauter Vertreter der öffentlichen Hand, der AKW-Betreiber, der Forschung und der Interessenverbände.

Erstaunlicherweise war bis zur Niederschrift dieses Artikels nur das Protokoll der letzten Sitzung geschwärzt. Die ersten fünf Protokolle blieben ungeschwärzt online. Laut Ensi werden diese aber «auch noch geschwärzt».

Schwärzungs-Gebühr von 1’500 Franken

Nicht nur die TFK-Protokolle werden geschwärzt, sondern auch die neusten Hochwasserberichte zum AKW Beznau will das Ensi schwärzen und verlangt dafür von Heini Glauser von der Mahnwache Brugg eine Gebühr von 1‘500 Franken. Bereits im letzten November verweigerte das Ensi gegenüber Infosperber die Publikation der Hochwasserberichte. Nicht einmal die Namen der Expertenbüros wollte das Ensi bekannt geben.

Die Hochwassergefahr für das AKW Beznau war auch ein zentrales Thema in den Sitzungen des Technischen Forums Kernkraftwerke. AKW-Kritiker Glauser, der regelmässig daran teilnahm, bezeichnet das Forum als «eine riesige Alibi-Übung». Weil die AKW-Kritiker in «einer kleinen Minderheit» seien, würden die Diskussionen «extrem einseitig» verlaufen. Wirklich «systematisch und wissenschaftlich» gearbeitet werde nicht.

Mit dem TFK wolle das Ensi bloss «den Anschein erwecken», dass es für alle Fragen der Bevölkerung, der Politik und Wissenschaft offen sei. Dass das Ensi die Herausgabe der ungeschwärzten Hochwasserberichte verhindere, ist für Glauser der Beweis dafür, dass das Ensi gar nicht an einem wissenschaftlichen Diskurs interessiert sei.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

Ensi

Atomaufsichtsbehörde Ensi

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi entscheidet darüber, ob AKWs noch sicher genug sind.

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2 Meinungen

  • am 6.02.2015 um 14:45 Uhr
    Permalink

    Ohne auf den sicherlich sehr lesenswerten Beitrag von Kurt Marti Bezug zu nehmen:
    dies ist sicherlich kein Einzelfall, man trifft ihn auch andernorts an, so in der schweizerischen Aussenpolitik, der Armeepolitik, der Sozialpolitik usw. Der Souverän wird für unmündig verkauft! Management by champignon nennt man dies, den Souverän im Dunkeln lassen, nicht beachten und wenn einer aufmuckst, ihm geradeweg den Kopf abschneiden! Es braucht nicht weniger sondern mehr Volksabstimmungen und Referenden in der Schweiz, deren Zahl nur aufgrund der eben beschriebenen Vorgänge nötiger sind denn je!

  • am 10.02.2015 um 00:25 Uhr
    Permalink

    Mittels BGÖ Verfahren versuche ich zu Dokumenten betreffend dem gezieltem Flugzeugabsturz zu kommen. Es gibt keine Chance dazu alles ist Geheim. Wenn ich aber im Internet diese Wörter eingebe kommt ja die Wahrheit und diese ist klar, es gibt keine Sicherheit.

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