Voting_Machines_N_Y_Kopie

New Yorker Wähler an einer Wahlmaschine © cc

US-Wahlen: Wahlverfälschungen in grossem Stil

Daniela Gschweng /  Die Chaos-Wahl in New York war eine «Panne», die sich wiederholen wird, prophezeit Investigativjournalist Greg Palast.

In den Wahllokalen New Yorks spielten sich am 19. April chaotische Szenen ab. Als «totaler Schlamassel» oder gleich als «Katastrophe» wurden die US-Vorwahlen dort von den US-Medien bezeichnet. Weder wussten die Wählerinnen und Wähler genau, wann die Wahllokale nun geöffnet waren, noch funktionierten alle Wahlmaschinen.
Doch nicht nur die Infrastruktur war mangelhaft. Mehr als 125‘000 Wahlberechtigte waren allein im New Yorker Bezirk Brooklyn aus den Wählerregistern verschwunden. Das entspricht fast einem Viertel aller Wählenden. Die Wählerrechtsgruppe «Election Justice USA» wie auch einige New Yorker Bürger haben deshalb Klagen eingereicht.

Ein Teil des Problems liegt in der US-Methode, Wähler zu erfassen. Da es in den USA bei Zu- oder Wegzug von einem Ort kein Meldewesen gibt wie in der Schweiz oder in Deutschland, muss sich, wer wählen will, vorab registrieren lassen. Nur so kommt sein Name dann auf eine Liste der Wahlberechtigten, die dem Wohnort zugeordnet ist. Im Wahllokal muss sich der- oder diejenige ausweisen und seinen Wahlzettel nach der Wahl in eine Maschine einlesen.

Im Notfall eine provisorische Stimme

Falls sich der Wählende nicht ausweisen kann oder sein Name sich nicht in den Listen findet, kann er oder sie eine provisorische Stimme abgeben. Diese wird dann später, nach der Wahl, auf ihre Gültigkeit überprüft. Ob die Stimme dann wirklich zählt, ist nicht sicher. «Well, good luck» (viel Glück), schreibt Palast. Wessen Name fälschlicherweise entfernt wurde, der habe Pech.

Die Radiojournalistin Francesca Rheannon, welche die Wahl als Wahlhelferin begleitete, äusserte sich zur Situation in New York wie folgt: «In meinem Wahlbezirk konnten 39 von 166 Wählern nur eine provisorische Stimme abgeben. Bei der letzten Wahl, bei der ich dabei war, war es genau EIN Wähler.»

Anschnallen, USA!

Wählerlisten werden ständig bereinigt. Wer zu lange nicht gewählt hat, wegen bestimmter Verbrechen eine Strafe verbüsst oder verstorben ist, wird daraus gelöscht. Doch die 125‘000 nicht registrierten Wähler in Brooklyn waren weder alle eingesperrt noch tot.

Grund genug, sich über das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen Gedanken zu machen, schreibt der Investigativjournalist Greg Palast auf seiner Webpage. «Buckle up, America» (Anschnallen, USA), fordert er die Nation auf.

Geplante Manipulation der Wählerlisten?

«Würde eine Partei soweit gehen, die Wählerregister der Gegner zu attackieren?», fragt Greg Palast und gibt sich selbst diese Antwort: «In meiner Jugend war ich mit diesen Typen [der demokratischen Partei] im Brooklyn County Elections Office. Wir sollten für die Partei Wählerunterschriften en masse überprüfen. Ich wollte nicht und verlor fast meine Anstellung beim Staat.»


TV-Bericht von «Democracy Now» am Tag nach den Primärwahlen in New York.

Hat die Demokratische Partei die Wahlen im US-Bundesstaat New York zugunsten von Hillary Clinton und zum Nachteil von Bernie Sanders manipuliert? Ohne weitere Nachforschungen anzustellen, könne er darüber kein seriöses Urteil fällen, sagt Palast. Hätte die Partei eine Säuberung der Wählerlisten verhindert, wenn sie davon gewusst hätte? «Fahgeddabouddit», schreibt Palast im Brooklyner Dialekt. Vergiss es.

Fast eine halbe Million gelöschte Wähler in 2008

Greg Palast wurde im Jahr 2000 durch Berichte über Manipulationen an Wählerregistern in Florida zugunsten von Jeb Bush bekannt. Zwei Jahre später erschien sein Buch «The best Democracy Money can buy» (deutscher Titel: «Shame on You – Die Wahrhheit über Macht und Korruption in westlichen Demokratien»).

Die Wahlbehörden hätten aus Florida gelernt, führt Palast an. Nicht im positiven Sinn: Aufgrund von Daten der unabhängigen nationalen Wahlkommission der USA (EAC) seien bei der Präsidentenwahl in 2008 fast 500‘000 Wähler fälschlich aus den Registern gelöscht worden, 2,4 Millionen Wähler hätten Registrierungsformulare ausgefüllt, seien aber nie ins Wahlregister eingetragen worden und 767‘000 provisorische Stimmabgaben seien nicht gezählt worden.
Die US-Präsidentenwahl sei nicht irgendeine Wahl, warnt Palast. Das Versagen des New Yorker Wahlsystems könnte bis zum November eines der ganzen USA werden: «Die Stimmen, die nicht gezählt werden», schreibt er, «könnten die Wahl unseres Präsidenten bestimmen».

Neue Wähleridentifizierung diskriminiert Minderheiten

Für schwarze Wähler sei die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Stimme nicht zähle, um 900 Prozent höher als für weisse. Greg Palast bezieht sich dabei auf eine Statistik der US-Menschenrechtskommission.

Auf Betreiben der Republikaner sind in den letzten zehn Jahren in etlichen US-Bundesstaaten Wahlgesetze eingeführt worden, die von den Wählenden einen Identitätsausweis mit Photo verlangen, berichtete die «New York Times» am 3. Mai 2016 (nicht darunter ist der US-Bundesstaat New York). Jeder siebte Einwohner der USA verfüge jedoch über kein Identitätspapier mit Bild, darunter mehrheitlich Schwarze und andere Minoritäten. Allein im US-Bundesstaat Texas haben sich laut NYT 600’000 Personen auf Wählerlisten registrieren lassen, verfügten jedoch über keinen Photo-Ausweis. Wenn diese Leute wählen gehen, gelten ihre Stimmen nur als «provisorisch». Erst nachträglich sollten diese aufgrund nachgelieferter Photo-IDs als gültig erklärt werden.
Die «New York Times» zitiert eine Studie der University of California, wonach die Vorschrift eines Identitätsausweises mit Photo «Wählende von Minderheiten überproportional benachteiligt».

Geltende Identifikations-Vorschriften für US-Wahlen (Quelle: National Conference of State Legislatures)
——————-
Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichts von Greg Palast auf seiner Seite «gregpalast.com» sowie eines Berichts der «New York Times» erstellt. Schweizer Medien haben bisher nur am Rande darüber berichtet.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

Bildschirmfoto20160505um11_21_10

Wahlen in den USA

Wahlkreise werden willkürlich festgelegt. Lobbys greifen ein. Viel Lärm um Einfluss aus dem Ausland.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

Eine Meinung zu

  • am 4.05.2016 um 12:43 Uhr
    Permalink

    Danke der Autorin für diesen Beitrag.
    Etwas klarer herausstellen könnte man noch, dass die Vorwahlverfahren je nach Partei und Wahlregion von Systemen die frei(jedermann inkl Parteilosen) zugänglichen Landsgemeinde ähnlichen Vorwahlen, – bis Wahlbezirken, wo nur registrierte Parteiangehörige (die sich teils Monate zuvor von registrieren mussten) zugelassen sind.
    Von für jederman nachvollziehbaren Wahlen per Handzeichen, bis Wahlcomputern deren Manipulierbarkeit von div Seite nachgewiesen wurden.

    Auch scheint NY nicht der erste/einzige Staat wo es zu möglichen Manipulationen kam, bzw zu massiven Einschränkungen der Wähler. Umso erstaunlicher, dass unsere Medien kaum darüber berichten? Erfreulich, hoffnungsvoll jedoch; das amerikanische Volk scheint dies selbst allmählich zu hinterfragen/ändern.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...