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Der Republikaner Bill Johnson (li.) hält Klimawandel für Unsinn. © Michael Tadeo, API

Big Oil bezirzte Republikaner am Parteikonvent

Daniela Gschweng /  Im «Convention»-Gebäude fanden einseitige Plattformen für Klima-Leugner statt, gesponsert von der Öl-Industrie.

Ob er fortschreitet, die Menschheit ins Verderben stürzen wird und was man dagegen tun sollte, ist Thema der weltweiten Debatte. 17 Jahre nach der Hockeyschläger-Kurve ist jedoch klar: der Klimawandel existiert.

Einzelne Wissenschaftler, Studien und auch Politiker behaupten jedoch immer wieder, dass es keinen Klimawandel gibt, schon gar keinen, der von Menschen verursacht ist.

Ein Panel, auf der alle Redner gleicher Meinung sind

Während des Nominierungs-Parteitags der Republikaner in Cleveland hatten Klimawandel-Leugner ihren grossen Auftritt – gesponsert vom «American Petroleum Institute» API. An einer Podiumsdiskussion am 18. Juli zum Thema Klima und Energiepolitik traten nur Redner auf, die den Klimawandel für eine Erfindung halten. Für die offizielle Einladung dazu fand die Öl-Lobby die Zeitschrift «The Atlantic», deren Redaktoren die Diskussion leiteten. Das berichtet das Onlinemedium «The Intercept».

Geladen waren der republikanische Abgeordnete Bill Johnson, Klimawandel-Leugner und einflussreiches Mitglied des Ausschusses für Energie und Handel, sowie der bekannte Klimawandel-Gegner Kevin Cramer, ebenfalls republikanischer Abgeordneter und Energieberater von Donald Trump. Das Thema des Abends lautete: «Striking a Balance» (ein Gleichgewicht finden).

Antworten auf wichtige politische Fragen: Fehlanzeige

Kevin Cramer bezeichnete die globale Erwärmung als eine «betrügerische Wissenschaft» der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA. Bill Johnson äusserte dem berichtenden Journalisten Alex Emmons gegenüber: «Solarmodule bringen nichts, weil die Sonne untergeht». Das zeigt das Niveau der Diskussion.

Wer sich Antworten auf die Frage erhofft hatte, warum konventionelle Energieträger wie Öl und Gas in den USA hohe Subventionen erhalten, während die Entwicklung alternativer Energien weitgehend sich selbst überlassen bleibt, wurde enttäuscht.


Ausgewogen war zumindest das Menü: Ein «Seafood-Tower» aus Jumbo-Shrimps.

Zumindest kulinarisch dürfte der «Cocktail Caucus», wie ihn der «Atlantic» bezeichnete, aber eine ausgewogene Veranstaltung gewesen sein. Der «Intercept» zählt in kurzen Worten das Menü des für seine Meeresfrüchte preisgekrönten Restaurants auf, begleitende Getränke inklusive. Finanziert, nebenbei, vom «American Petroleum Institute» API, einer Lobbyorganisation der grossen Ölmultis.

Unnötig zu sagen, dass es eines der wichtigsten Anliegen der Ölindustrie ist, weiter üppige Subventionen zu erhalten. Ausgleich hätte der Moderator bringen können. Steve Clemons, Washington-Korrespondent des «Atlantic», der nach eigenen Angaben keinen Gegenredner gefunden hatte, hielt sich jedoch zurück. «Ich bin nicht gegen Anreize … für Firmen, die energieeffiziente Projekte verfolgen», entlockte er Johnson beispielsweise, fragte jedoch nicht weiter nach.

Bei einer von der «Washington Post» veranstalteten Diskussionsrunde, ebenfalls gesponsert vom «American Petroleum Institute» API, äusserte eine Rednerin, die Erde habe sich in den vergangenen 15 Jahren abgekühlt. Marsha Blackburn, republikanische Abgeordnete von Tennessee, wies aber darauf hin, dies sei keine «etablierte wissenschaftliche Meinung».

Auch auf der Veranstaltung der «Washington Post» fehlte ein Redner aus dem Bereich Umweltschutz oder Wissenschaft. Es nahm kein Klimaexperte teil. Ganz ähnlich verlief ein Panel der Zeitung «Politico». Ergänzend zur Diskussion über Kohlendioxid wurde den Gästen dort eine «Sauerstoff-Bar» mit aromatisiertem Sauerstoff aus Flaschen offeriert. Die Eröffnungsrede hielt bei allen Veranstaltungen ein Repräsentant der Lobby-Organisation API.


Passend zu einer Diskussion über den CO2-Spiegel: die Sauerstoff-Bar für die Gäste bei einem gesponsorten Panel von «Politico».

Die Beweise für den Klimawandel seien so umfangreich, schlüssig und eindeutig, dass es aus journalistischer Sicht schlicht falsch sei, so zu tun, als sei seine Leugnung nichts weiter als eine weitere vernünftige Meinung, kritisiert der «Intercept» die Kollegen der Medien, die ihren Namen für diese Lobby-Veranstaltungen hergegeben haben.

«Ein neuer Tiefpunkt für die grossen Medien»

Sich ein Panel bezahlen zu lassen, auf dem diese Weltsicht unwidersprochen zum Tragen komme, markiere einen neuen Tiefpunkt für die grossen Medien.

Der «Atlantic» habe die volle Kontrolle über die Veranstaltung und suche die Redner selbst aus, verteidigt sich Anna Bross, Kommunikationschefin der Zeitschrift. Der Moderator Steve Clemons sagt, er habe innerhalb der Deadline einfach keinen Umweltschützer finden können. Andere Medienorganisationen berichten von den gleichen Problemen bei der Auswahl der Teilnehmer.

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Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichtes des Onlineportals «The Intercept» erstellt. Schweizer Medien haben nicht darüber berichtet.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

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4 Meinungen

  • am 31.07.2016 um 12:30 Uhr
    Permalink

    Ich weiss ja nicht, wie vertraut die Autorin mit den Gepflogenheiten der amerikanischen National Conventions ist, aber solche Lobby-Veranstaltungen sind da nicht nur gang und gäbe, sondern die einzelnen Lobby-Gruppen partnern mit Medienunternehmen und führen die Veranstaltungen gleich bei beiden Parteien durch. So z.B. das «Distilled Spirits Council» zusammen mit einer Public-Afffairs-Agentur und dem «Wall Street Journal»: http://goo.gl/pSMcv4 Oder eben auch das erwähnte API, dass auch bei den Demokraten rege vertreten war. Darüber berichtete sogar der «Guardian»: https://goo.gl/zcZb0e Mag sein, dass die Republikaner etwas mehr auf Big Oil hören, aber Lobbyisimus und Lobby-Geld sind beide Parteien mehr als willkommen. Bezeichnenderweise hatten beide Parteien dieses Jahr Mühe, genügend Sponsoren für die Nominations-Conventions zu finden (detaillierte Listen kann man hier abrufen: http://goo.gl/e7DaXa). Vielleicht liegt das ja an den Kandidierenden?

  • am 31.07.2016 um 23:02 Uhr
    Permalink

    Die Interessen der Ölindustrie stossen auf jene der Atomindustrie, dabei geraten die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem Fokus. Leider auch bei diesem oberflächlichen Beitrag:-(
    Eine verantwortbare Lebensweise darf nie zu Lasten anderer Menschen und künftigen Generationen gehen.
    Für einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Lebensgrundlagen brauchen wir Empathie und Anstand. Theorien sagen nichts Verlässliches, sie richten sich nach Sponsorenwünschen….
    Mir graut für den Moment wo endlich der antropogene Einfluss auf unser Klima falsifiziert (und anerkannt) wird. Theorie falsch )= Freipass für egoistisches konsumieren…
    Noch mehr graut mir von den Zauberlehrlingen des Geoengineerings!
    Es ist traurig, dass der Sperber einen so extrem oberflächlichen Beitrag bringt!
    Schon die verbalen Floskeln und Ungenauigkeiten machen skeptisch: Bitte, wer oder was sind «Klima-Leugner"?
    Unwissenschaftlicher geht es kaum!
    Nur, damit ich nicht in den öligen Topf der Ölmafia geschoben werde: Ich heize mit der Sonne und 1-2 Ster Holz aus dem örtlichen Walde.
    Mein Auto fährt leider noch mit Benzin, 500 l pa privat mit Geschäft…. (Verbesserunspotential..) Fliegen: äusserst selten. Meine PV-Anlage macht 250% des Eigenbedarfs… (Ende meiner Prävent-Rechfertigung).
    Den Teufel zur Schonung des Belzebub schlecht zu machen ist unseriöser Quatsch!
    Interessant wäre die Fakten zu prüfen, unabhängig von Öl- und Atomlobby, auch ohne budgetgeile Institute!

  • am 2.08.2016 um 13:32 Uhr
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    Dass Lobbyisten um Aufmerksamkeit buhlen und versuchen ihre partikulären Interessen politisch wirksam zu unterlegen ist weder etwas neues noch wirklich aufregend. Eine etwas differenziertere Berichterstattung täte jedoch gut, denn auch die Klimalobbyisten versuchen mit panischer Angstmache schliesslich nichts anderes als vom Staat und Steuerzahler Geld für ihre aufwändigen Modelle und Studien zu erhalten. Ich halte es da eher mit Bjørn Lomborg, der einige ausgezeichnete Schlussfolgerungen gezogen hat, was genau zu tun wäre, um die Welt von morgen Menschen gerecht zu gestalten. Und apropoz Energiewende, es gibt da einen interessanten Beitrag von Herrn Sinn vom ifo-Institut mit dem Titel «Energiewende ins Nichts» (kann man auf Youtube googeln)

  • am 2.08.2016 um 21:41 Uhr
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    der «interessante Beitrag» von Hans-Werner Sinn….
    Obwohl dieser Herr einige interessante Fragen zur Energiewende kritisch darlegt, finde ich nicht alles so überzeugend.
    In DE liefern fossile Brennstoffe 85% des Endenergieverbrauchs, Atomstrom hat einen Anteil von 3,5%. Wans-Werner Sinn vertritt die Ansicht, dass Atomstrom die einzige Möglichkeit bietet, den fossilen Anteil zu reduzieren.
    Er argumentiert insbesondere über die Kosten der verschiedenen Systeme. Die Risiken der Kernspaltung klammert er einfach aus, auch was es bedeutet, dass diese Risiken nicht versicherbar sind und dass sie im Preis des (sooo günstigen..) Atomstroms gar nicht enthalten sind, thematisiert er nicht.
    Er könnte ja mit seinen vielen Zahlen auch vorrechnen, was es an Atomkraft bräuchte und wieviel dies kosten würde, um die Fossilen um 10% herunter zu drücken…..
    Das wäre noch viel «interessanter» als seine einseitige Kritik an der (kritikwürdigen) Energiewende!
    Aus meiner Sicht ist er ein blamabler Interessenvertreter.

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