Sperberauge

IMS: Milliarden mit Pharma-Daten

Sperber Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine © Bénédicte Sambo

Red. /  Der IMS-Konzern besitzt so viele Gesundheitsdaten, dass Stanford-Professor Parallelen zu NSA-Enthüllungen sieht.

Der IMS-Konzern, der auch in der Schweiz dominiert, besorgt sich bei Apotheken und Medikamentenabgabestellen in über siebzig Ländern Daten rezeptpflichtiger Medikamente. In fünfzig Ländern verfügt IMS sogar über die Verkaufszahlen individueller Ärzte und Arztpraxen. Der Konzern kann verfolgen, wer wo welche Medikamente welcher Pharmafirmen verschreibt. Pharmafirmen auf der ganzen Erde kaufen IMS solche Daten und deren Auswertung ab.
Medizin-Professor Randall Stafford von der Stanford University hat IMS-Daten für seine Forschung verwendet. IMS besitze Medikamentendaten einzelner Patientinnen und Patienten ohne deren Wissen, erkärte Stafford gegenüber «Pro Publica» und sieht Parallelen zu den Enthüllungen über den US-Geheimdienst.
Geplanter Börsengang zwang zu Informationen
Im Jahr 2012 kassierte die IMS 1,44 Milliarden Dollar allein mit dem Verkauf von Medikamenten-Verkaufszahlen, und eine weitere Milliarde mit weiteren Geschäften.
Investoren hatten den IMS-Konzern im Jahr 2010 für 5,2 Milliarden Dollar gekauft. Jetzt möchten diese Investoren den Konzern laut «Bloomberg News» für 8 Milliarden an der Börse verkaufen. Aus diesem Grund musste IMS in einem Börsenprospekt nach US-Recht Geschäftszahlen bekannt geben, die bisher streng geheim gehalten wurden. Die Internet-Plattform «Pro Publica» hat den Prospekt ausgewertet.
Anonymisierte Daten einzelner Patienten würden es IMS ermöglichen, die Diagnosen einzelner Ärzte mit den Verschreibungen und deren Entwicklung zu vergleichen. Pharmavertreter können in Erfahrung bringen, ob die zu besuchenden Ärzte und Arztpraxen Produkte der eigenen Firma oder der Konkurrenz verschreiben und welche.
In den letzten Jahren habe IMS verschiedene kleine Konkurrenten in mehreren Ländern aufgekauft, so dass der Konzern heute 85 Prozent aller weltweiten Umsätze rezeptpflichtiger Medikamente erfasse. IMS mache sich jetzt auch in China und Indien breit.
Ausser den Pharmakonzernen gebe IMS niemandem Zugang zu den Daten. «Zu keinem Preis» würde IMS Daten an die Plattform «Pro Publica» verkaufen, wurde dieser beschieden.
In der Schweiz weiss nur die Pharmabranche, wo wer welche und wie viele Medikamente verschrieben hat. Das Bundesamt für Gesundheit als Aufsichtsbehörde kann einzelne Daten von Pharmafirmen verlangen, muss diesen aber blind vertrauen.


Pro Publica: «Big Data + Big Pharma = Big Money» vom 10.1.2014


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