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Daniel Schmutz, CEO der Helsana-Versicherungsgruppe © cc

Kassen-CEO: Weder wirtschaftlich noch zweckmässig

Markus Fritz /  Der Chef der Helsana-Gruppe verdient dreimal so viel wie sein Kollege einer fast viermal grösseren Krankenkasse in Deutschland.

Red. Der Apotheker Markus Fritz ist seit vielen Jahren Geschäftsführer der patientenfreundlichen «Medikamenten-Informationsstelle» SMI in Basel. Er vergleicht die Einkommen von Schweizer Krankenversicherungs-Managern mit denen in Deutschland.

Pro Jahr und nicht pro Monat

Nicht nur in der Schweiz, auch in Deutschland sind die Managerlöhne ein Thema. So meldete die Süddeutsche Zeitung am 10. März: «Was Arztfunktionäre und Kassenchefs verdienen». 9000 Euro mehr als im Vorjahr hat der bestbezahlte Krankenkassenmanager Jens Baas von der «Techniker Krankenkasse» verdient.
9000 Euro mehr im Monat, so der rasche Schluss des Schnelllesers, ergibt im Jahr einen satten Zuwachs von mehr als 100’000 Euro. Dass diese Rechnung falsch ist, stellt der Leser bei der Fortsetzung der Lektüre fest. Nicht der Monatslohn, sondern der Jahresgehalt des bestbezahlten Managers einer deutschen Krankenkasse hat sich um «bescheidene» 9000 Euro auf 315’000 Euro erhöht.
In der Schweiz sieht das anders aus. 939’000 Franken verdiente Daniel Schmutz, CEO der schweizerischen Helsana-Gruppe (Aargauer Zeitung vom 8. Juni 2016). Damit erhielt Schmutz nicht nur dreimal mehr als der bestbezahlte Deutsche Kollege, sondern er kassierte auch 285’000 Franken mehr als im Vorjahr. Diese Lohnerhöhung im Jahr 2015 entspricht dem Jahressalär (!) des am zweitmeisten verdienenden deutschen Kollegen Christoph Straub (Jahressalär 280’000 Euro) von der gesetzlichen Krankenkasse «Barmer».
Helsana bietet neben der gesetzlichen Grundversicherung auch private Policen an

Die Krankenversicherungssysteme der beiden Länder unterscheiden sich in einigen Punkten. So existieren in Deutschland zwei unterschiedliche Systeme, die sich konkurrenzieren, nämlich die gesetzliche Krankenversicherung GKV und die Privatversicherungen. Auch in der Schweiz existieren Privatversicherungen. Sie dienen jedoch als Ergänzung zur obligatorischen Grundversicherung, deshalb bieten die Schweizer Krankenversicherer neben der Grundversicherung auch Zusatzversicherungen an. Doch erklärt sich der grosse Lohnunterschied wirklich mit den beiden Systemen? Müssen Manager wirklich mehr verdienen, nur weil sie privatwirtschaftlich tätig sind?

Helsana-Gruppe mit nur einem Viertel so viel Umsatz

Unterschiedliche Managerlöhne werden zuweilen mit der Grösse des Unternehmens und der internationalen Ausrichtung erklärt. Krankenversicherungen betreiben kaum Geschäfte im Ausland. An der Grösse der verschiedenen Versicherungen kann es jedenfalls nicht liegen, ist doch die Helsana-Gruppe mit ihren 1,9 Millionen Versicherten und Prämieneinnahmen von 6,4 Milliarden Franken im Vergleich zur deutschen «Techniker Krankenkasse» mit 9,5 Millionen Versicherten und einem Umsatz von 23 Milliarden Euro eher klein.
Dass die Managerlöhne der deutschen Krankenversicherer nicht so extrem hoch sind, liegt vielmehr an der deutschen Gesetzgebung. Denn auch für deutsche Kassen gilt, dass sie wirtschaftlich sein müssen, indem sie sich an gesetzlich vorgeschriebenen «Haushaltsgrundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit» halten müssen. Dieses Prinzip erlaubt bei den Managerlöhnen zwar einen Spielraum, der jedoch begrenzt ist.

Das deutsche Bundesversicherungsamt beurteilt die durchschnittliche Grundvergütung der Manager anhand der Zahl der Versicherten. Abweichungen sind ein Indikator für unwirtschaftliches Verhalten, was zur Folge haben kann, dass das Amt nicht nur eine Vergütung untersagen kann, sondern laut der Süddeutschen Zeitung diese Möglichkeit in der Praxis auch nutzt.

Gelten WZW-Kriterien nur für die andern?

Die Schweiz kennt in der obligatorischen Krankenversicherung OKP ein ähnliches Prinzip, indem Leistungserbringer sich an die WZW-Kriterien halten müssen. Diese besagen, dass die obligatorischen Krankenversicherungen nur Leistungen vergüten dürfen, welche die Kriterien der Wissenschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllen.
Deshalb werden bei der Preisfestsetzung von Medikamenten nicht nur die Preise in der Schweiz verglichen, sondern man vergleicht die Preise auch mit dem Ausland und somit sehr bewusst mit anderen Systemen. Zudem gewährt man in der Schweiz für Innovationen einen Zuschlag zum Auslandpreisvergleich.
Krankenkassenvertreter beharren konsequent auf die Einhaltung dieser Kriterien. Nur bei der Bewertung ihrer eigenen Leistung gelten anscheinend andere Kriterien.

Nicht nur Medikamente passieren Grenzen, sondern auch Manager, wie ein Blick auf die Spitze internationaler Konzerne zeigt. Würden die Ideen der WZW-Kriterien in der Wirtschaft generell angewendet, dann hätten einige Unternehmen Mühe, ihre Managerlöhne zu rechtfertigen. In der Schweiz hätten WZW-Kriterien und Preisvergleiche mit dem Ausland für Manager meist Lohnsenkungen zur Folge, extreme Lohnsteigerung wie zum Beispiel der Lohnsprung des Helsana-CEO liessen sich dann höchstens noch mit einem Innovationszuschlag rechtfertigen.
Ob ein Manager wirklich so innovativ ist, dass der Zuschlag so hoch sein muss wie der Jahreslohn des zweitgrössten deutschen Kassenfunktionärs, ist zu bezweifeln. Denn nicht nur der Lohn von Daniel Schmutz steigt sprunghaft an, sondern auch die Krankenkassenprämien. Dieses Jahr sind die Krankenversicherungsprämien erneut um 4,5 Prozent gestiegen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Markus Fritz führt eine Apotheke in Basel und ist Geschäftsführer der patientenfreundlichen «Medikamenten-Informationsstelle» SMI.

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7 Meinungen

  • am 21.03.2017 um 13:35 Uhr
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    Was mir nicht gefällt, ist die Beschreibung «verdient"! Naja, genommen kann man auch nicht sagen, also wurde es wohl gegeben. Ob einer überhaupt soviel verdienen kann?
    Ok, wenn er z.B. viele Arbeitsplätze schaffen, oder für die Allgemeinheit grosses bewirken würde. Mir scheint im beschriebenen Fall jedoch, dass auf Kosten vieler für wenige gewirtschaftet wird. Nicht sehr lobenswert. (:-((

  • am 21.03.2017 um 15:40 Uhr
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    Lieber Herr Deucher, ich hoffe sehr,das Sie nicht meinen, wenn Krankenkassenmanager neue Arbeitsplätze schaffen,wäre ihr Lohn gerechtfertig. Für meinen Geschmack gibt es dort sogar etliche Arbeitsplätze zuviel. Dass der momentan höchste Schweizer im Solde einer grossen Walliser Krankenkasse steht, dürfte ein wesentlicher Grund sein, dass wir zuviel zahlen.

  • am 21.03.2017 um 16:04 Uhr
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    Danke für Ihren Hinweis. Will es klarer formulieren.
    Mit «er» meinte ich, wenn ein Unternehmer mit eigenem Risiko viele Arbeitsplätze schafft.
    Einen Verwaltungsapparat oder eine von Gebühren- bzw. Pflichtbeiträgen existierende Organisation aufblähen, meinte ich sicherlich nicht.

  • am 21.03.2017 um 16:41 Uhr
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    CEO-Lohnvergleiche sollten innerhalb der Schweiz mit Unternehmen vergleichbarer Betriebsgrösse und Branche stattfinden. Der Vergleich mit einem deutschen Krankenversicherer ist willkürlich und irreführend. Ferner ist der Vorwurf, die Wirksamkeit hätte auf den Lohn des Geschäftsführers keine Auswirkung, nicht stichhaltig. 2016 fiel der Lohn des CEOs deutlich tiefer aus als 2015, weil die dem variablen Lohnbestandteil zugrunde liegende Zielerreichung fürs Jahr 2016 abnahm. Die Salärangaben von CEO können dem Geschäftsbericht (Corporate Governance) entnommen werden (Online: http://www.helsana.ch/2016).

    Medienstelle, Helsana Versicherungen AG

  • am 21.03.2017 um 17:33 Uhr
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    Als die Abstimmung um die Einheitskrankenkasse aktuell war. da waren viele Politiker der Meinung, dass mehr Konkurrenz zur Milderung des Kostenwachstums im Gesundheitswesen beitragen würde.
    Wir sehen das Ergebnis: Mehr Krankenkassen= mehr Ceo Saläre
    Und wohin gehen die Krankenkassenkosten ?
    Wer kann heute den Schaden,der dadurch entstanden ist,beheben?
    Noch einmal wurde das Volk irregeführt!

  • am 22.03.2017 um 09:01 Uhr
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    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Markus Fritz die vielfältigen Qualifikationen und Erfahrungen mitbringen könnte, um ein Unternehmen von der Grössenordnung von Helsana erfolgreich zu leiten. Immerhin unterbleibt für ein Mal der Hinweis auf die Vergütung für Bundesräte…..die im übrigen real rund doppelt so hoch ist wie die jeweils genannten ca. 450’000 Franken.

  • am 22.03.2017 um 10:24 Uhr
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    Ich bezweifle,dass ein Ceo einer grossen Krankenkasse, die perfekt durchorganisiert ist, eigentlich selber schwerste Aufgaben zu erledigen hat.Er hat sicher gute Berater zur Seite, die jeweils ihre Sparten gut kennen.
    Möglicherweise muss er ein Experte in der Anlage von den grossen Summen die aus den Prämien entstehen, sein.Also ein Finanzfachmann.
    In diesem Infosperber schreibt in der Finanzabteilung auch Prof Marc Chesney über eine mögliche Reform des Finanzsystems, wobei er die grosse Boni der Ceos von den Banken kiritisiert.Ich schliesse mich seiner Anasicht an.

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