Kommentar

Mit der Gotthardbahn zurück zum Jahr 1980

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Der Bund steckte Milliarden in die Neat. Damit will er 2025 wieder gleich viel Passagiere befördern wie 1980.

»Die Nachfrageströme im Nord-Süd-Verkehr werden sich fundamental verändern», schwärmte SBB-Chef Andreas Meyer, als er gestern das Fahrplan-Konzept nach Eröffnung des Gotthard- und des Ceneri-Basistunnels vorstellte. Dazu präsentierte er den Medienschaffenden folgende Zahlen: «Heute fahren täglich rund 9000 Personen mit der SBB über den Gotthard. Bis 2025 dürfte sich die Zahl der Reisenden dank Verdichtung und Beschleunigung des Angebots mehr als verdoppeln.»

Diese «fundamentale Veränderung» ist allerdings zu relativieren. Denn erstens handelt es sich um eine Prognose, und diese ist unsicher, weil sie die Zukunft betrifft. Zweitens würden die SBB nach der «Verdoppelung» auf 18 000 Personen im Jahr 2025 immer noch etwas weniger Passagiere durch den Gotthard transportieren als im Jahr 1980. Denn 1980, so zeigt die frühere SBB-Statistik, durchquerten an einem Durchschnittstag rund 20 000 Personen den Gotthard mit der Bahn. Danach aber schrumpfte die Passagierzahlen stetig auf heute weniger als die Hälfte.

Der Hauptgrund dafür: Ende 1980 eröffnete der Bundesrat den Gotthard-Strassentunnel und verlagerte damit den Güter- und Personenverkehr von der Schiene auf die Strasse.

Um den seit 1980 verlorenen Personenverkehr – vielleicht – wieder zurück zu gewinnen, hat der Bund gegen 15 Milliarden Franken in die Neat-Basislinie durch den Gotthard und Ceneri investiert. Was zeigt: Der Schritt von 2025 zurück zum Jahr 1980 kommt uns ziemlich teuer zu stehen.

Das relativiert auch die Freude über den Zeitgewinn von 60 Minuten, den die Reisenden 2025 auf der Strecke von der Deutschschweiz nach Mailand erzielen sollen – sofern sie dann noch nach Mailand reisen wollen.


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