Sperberauge

Zu schnell gefahren: € 54’000 Busse

Sperber Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine © Bénédicte Sambo

Red. /  In Finnland hängt die Höhe von Bussen bei kleinen Delikten vom Einkommen ab. Warum nicht bei uns?

Strafbussen sollen allen gleich weh tun, ob die Sünder arm oder reich sind. Deshalb hängt die Höhe der Bussen in Finnland schon seit Jahrzehnten vom Einkommen ab
Über einen extremen Fall wundert sich die «New York Times»: Der Multimillionär Raima Kuisla, 61, musste kürzlich 54’024 Euro Busse zahlen, weil er mit seinem flotten Wagen statt der erlaubten 80 km/h mit 103 km/h erwischt wurde. Im Gegensatz zur Schweiz behandelt Finnland bereits tiefere Vergehen im Strassenverkehr als Straftat und verhängt Tagessätze statt fixe Bussen.

Polizei hat Zugang zu Steuerdaten
Die Höhe von Bussen wird aufgrund eines steuerbaren Halbtageseinkommens berechnet und die Busse nicht in Euros, sondern in Tagen oder Halbtagen ausgesprochen.
«Ohne Transparenz keine Demokratie» lautet das Bekenntnis in Finnland. Deshalb ist das versteuerte Einkommen zugänglich. Raima Kuisla versteuerte im Jahr 2013 ein Einkommen von 6,56 Millionen Euro, was die hohe Busse von 54’024 Euro ergab.
Wer nur 50’000 Euro im Jahr verdient und keine Kinder hat, zahlt bei einer gleichen Überschreitung der Geschwindigkeit eine Busse von 345 Euro. Wer 300’000 Euro verdient eine solche von 1’480 Euro. Die Angaben über das versteuerte Einkommen erhält die Polizei direkt online von den Steuerbehörden.
Diskussion in Finnland
Wäre Raima Kuisla nur 99 km/h gefahren statt 80 km/h, hätte er für diese leichte Übertretung nur 100 Euro zahlen müssen. Dieser Sprung von 100 auf 54’024 Euro wegen einer um zwei oder drei km/h schnelleren Geschwindigkeit gebe in Finnland viel zu reden, schreibt die «New York Times». Aus Protest veröffentlichte Kuisla den Bussenentscheid auf Facebook (siehe unten).
Die meisten Finnen seien damit einverstanden, dass Strafbussen auch vom Einkommen abhängen sollen. Doch das Ausmass sei umstritten.
Ärger über reiche Falschparkierer
In Schweizer Städten wie Zürich oder Genf ärgern sich viele Fussgänger, Velofahrer, aber auch andere Automobilisten, wenn Reiche auf Trottoirs oder in Parkverbotszonen parkieren, um ihre Geschäfte zu erledigen. Bussen, auch wiederholte Bussen betrachten diese Vermögenden aufgrund ihres hohen Einkommens als Trinkgeld. Sie freuen sich, fast zu jeder Tageszeit mitten in der Stadt einen Parkplatz zu finden.

Der Temposünder stellte seine Busse auf Facebook ins Netz:

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Eine Meinung zu

  • am 27.04.2015 um 17:54 Uhr
    Permalink

    Ein Punktesystem täte es ja auch: Irgendwann ist es aufgebraucht und dann tut halt auch die simple Parkbusse weh, weil der Lappen weg ist. Falls Leute dann auf Verheiz-Chauffeure umsteigen, ist auch ein Fahrverbot analog dem Rayonverbot denkbar. Aber söttigs wird es in der Schweiz nie geben, denn Millionäre gerecht anpacken ist hierzulande ein Tabu. Lieber erklärt man ihnen auf Hochglanzprospekten unsere Steueroptimierungsmöglichkeiten – oder eben das hiesige Parksystem.

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