Teak

Wertvolle Fracht: Der Handel mit Teakholz ist für Burma ein Milliardengeschäft © Shaun Dunphy/Flickr/cc

Drogen, Teak und Jade

Peter G. Achten /  Myanmar ist im Wahljahr 2015 noch weit entfernt von Normalität und Stabilität. Dennoch darf man verhalten optimistisch sein.

Nach den letzten Parlamentswahlen 2010, von den westlichen Medien unisono als «Farce» bezeichnet, hat General Thein Sein seine massgeschneiderte Uniform entsorgt. Seit März 2011 tritt er in Massanzügen westlichen Zuschnitts oder im traditionellen Wickelrock Longyi auf – und zwar nicht mehr als nächster Vertrauter des Diktators und Generals Nummer 1, Than Shwe, sondern als Präsident einer Zivilregierung.
Unter Thein Sein hat sich in Myanmar vieles geändert. Das Land hat sich in den letzten vier Jahren wirtschaftlich und politisch geöffnet. Friedensnobelpreisträgerin und Demokratie-Ikone Aung San Suu Kyi und einige ihrer Mitkämpfer der Nationalen Liga für Demokratie sitzen nach einer Zwischenwahl im Parlament. Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit sind praktisch wiederhergestellt. Ausländische Investoren und Touristen strömen ins Land. Die westlichen Sanktionen – seit jeher unwirksam und kontraproduktiv – sind zum grössten Teil aufgehoben.
Noch können die Militärs gemäss geltender Verfassung das demokratische Experiment abbrechen. Doch dazu wird es kaum kommen. Eine Rückkehr zu den alten Verhältnissen würde auf breitesten Widerstand stossen. Seit 2011 hat sich eine aktive Zivilgesellschaft entwickelt. Dies macht sich positiv bemerkbar in Aktionen gegen den Ausverkauf der Naturschätze, zum Beispiel in Protesten gegen ein Kupferbergwerk oder gegen ein von China finanziertes grosses Wasserkraftwerk. Die Kehrseite der freien Meinungsäusserung ist die buddhistische Hetze gegen die wenigen Muslime im Land, vor allem gegen die Minderheit der Rohingyias.

Lukrative Geschäftsfelder

Westliche Nationen, vor allem die USA, meinen nun, sie müssten Myanmar Lektionen in Demokratie erteilen – wie kürzlich beim Besuch von US-Präsident Obama in Nay Pyi Daw und Yangon. Gleichzeitig wird in westlichen Medien unkritischer Optimismus über die wirtschaftliche Entwicklung des bitterarmen Landes verbreitet.
Die Demokratie-Schulmeistereien mit erhobenem Zeigefinger hat Myanmar nicht nötig. Die Regierung sowie Burmesinnen und Burmesen versuchen pragmatisch, sich im komplizierten politischen Reform-Geflecht zurechtzufinden. Bei vielen Schritten ins wirtschaftlich Unbekannte sind mannigfaltige Interessen im Spiel, nicht zuletzt jene der Militärs. In Burma gab und gibt sich niemand der Illusion hin, dass sich die lange durch absolute Macht privilegierten Uniformierten jetzt einfach zurückziehen. Der Handel und Schmuggel von Drogen oder Jade sind noch immer lukrative Geschäftsfelder, mit denen sich mittlere, höhere und höchste Chargen die Taschen vollstopfen. Auch bei legitimen Geschäften haben die Militärs, ähnlich wie in ehemaligen Sowjetstaaten, den entscheidenden Beziehungs-Vorsprung und kommen so zu erklecklichen Vermögen. Untrennbar damit verknüpft sind diverse politische Nahkämpfe.
Bedrohte Naturressourcen
Ein gutes Beispiel ist der Handel und der Schmuggel von wertvollem Teak-Holz in der burmesisch-chinesischen Grenzregion. Seit April 2014 sind einschneidende Massnahmen gegen legalen wie illegalen Holzschlag in Kraft. Damit sollen Naturressourcen des Landes besser geschützt werden, vor allem Teak und andere reichlich vorhandene Harthölzer. Im vergangenen Jahr hat die Regierung durch die Militärs über 30’000 Tonnen illegal gefälltes Hartholz beschlagnahmt, ein Drittel davon Teak. Wie der Vizeminister für Umweltschutz, Aye Myint Maung, erklärte, so viel wie nie zuvor.
Myanmar verfügt über die Hälfte des weltweiten Bestandes an natürlichen Teakwäldern. Nach Angaben der UNO-Weltagrar-Organisation FAO sind das rund 15 Millionen Hektar. Der Waldbestand hat jedoch wie anderswo in der Welt auch in Burma deutlich abgenommen. Nach offiziellen Statistiken war Burma 1990 noch zu 58 Prozent mit Wald bedeckt, 2010 waren es noch 47 Prozent. Weil die Statistiken unter den Militärs notorisch unzuverlässig oder gefälscht waren, könnte der Verlust an Wald noch grösser sein.
Geld aus illegallen Geschäften
Der Export von Teak ist für die burmesische Volkswirtschaft bedeutend. Im Geschäftsjahr 2013/14 brachte die Ausfuhr von Teak und anderen Harthölzern rund eine Milliarde Dollar ein. Rund 6,5 Millionen Kubikmeter Holz im Werte von 5,7 Milliarden Dollar wurden von 2011 bis 2013 illegal exportiert. Dies stellte eine Studie der «Environmental Investigation Agency» (EIA) fest. Nach der gleichen Quelle sollen in den letzten 15 Jahren sogar nur 28 Prozent der burmesischen Holzexporte legal gewesen sein.
Die rechtliche Lage im Holzfäller-Geschäft ist nicht eindeutig klar. Das ist kaum verwunderlich nach nicht einmal vier Jahren der politischen Öffnung. Viele der lukrativen Teak-Wälder liegen in Gebieten, die von Rebellenarmeen der nationalen Minderheiten kontrolliert werden. Um zu Geld zu kommen, betreiben die Aufständischen nicht nur Produktion und Handel mit harten Drogen, sondern vergeben auch Holzschlag-Lizenzen. Diese Lizenzen gehen meist an Chinesen, denn in China verleihen Teakmöbel oder Teakparkett Prestige und sind so gefragt wie Schweizer Luxus-Uhren, Überseereisen oder Bordeaux-Weine. Die Holzschlag-Bewilligungen der Aufständischen sind allerdings landesweit ausdrücklich ungültig.
Militäraktion in der Grenzregion
An diesem Punkt kommt wieder die Armee ins Spiel. Illegaler Holzschlag ist ein guter Vorwand, gegen Rebellen vorzugehen, obwohl Präsident Thein Seins Regierung mit verschiedenen Gruppen über Waffenstillstand und Frieden verhandelt. Der Vize-Direktor der burmesischen Waldbehörde, Nyi Nyi Kyaw, formuliert es so: In den Rebellengebieten «kann nur die Armee etwas gegen illegale Holzfäller ausrichten». Anfang Januar stellte die Armee durch Luftüberwachung im nördlichen Kachin-Staat Waldrodungen fest und schlug zu. Wie die Armeezeitung berichtet, sind dabei 102 Ausländer, vor allem Chinesen, sowie 20 Burmesen festgenommen worden. Ihnen wird illegale Holzfällerei, aber auch Drogen-Handel und Jade-Schmuggel vorgeworfen. Die «Unabhängigkeits-Armee Kachin» bestätigte den Raid der Myanmar-Streitkräfte. Von chinesischer Seite hiess es nur, man werde mit den Behörden von Myanmar eng zusammenarbeiten, um Ruhe und Ordnung in der chinesisch-burmesischen Grenzregion aufrechtzuerhalten.
Die neueste Militäraktion zeigt, dass Myanmar im schicksalhaften Wahljahr 2015 noch weit von Normalität und Stabilität entfernt ist. Der Kampf zwischen verschiedenen politischen und militärischen Fraktionen nimmt in der Niederungen des neuen demokratischen Alltags seinen Fortgang. Die immer besser informierte Zivilgesellschaft jedoch gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Peter Achten arbeitet seit Jahrzehnten als Journalist in China.

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